Zeppelin jetzt mit Behördensegen am Himmel
Endlich: Die Betreibergesellschaft Skycruise freut sich über die Schweizer Immatrikulation ihres Zeppelins – die erste für ein Passagier-Luftschiff seit 100 Jahren.
Fans der gemächlichen Flugart schweben forthin in geringer Höhe über die Vierwaldstättersee-Region.
Der Zeppelin, diese nostalgisch anmutende Flugzigarre, ist am Schweizer Himmel kein Novum. Doch erstmals seit Aufnahme der Passagierflüge an der Landesausstellung Expo.02 fliegt das anachronistische Fluggerät modernster Bauart jetzt mit offizieller Bewilligung: Anfang Mai hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die Schweizer Bewilligung für Luftschiff-Passagierfahrten erteilt - wenn auch vorerst befristet bis zum 31. Oktober.
Mit dem grünen Licht der Aufsichtsbehörde ist Skycruise Switzerland, die Betreiberin des Zeppelin-Betriebs, auf der Zielgeraden. "Sogar hinter der Ziellinie", wie Skycruise-Gründer und Geschäftsleiter Christian Schulthess gegenüber swissinfo sagt.
Seit Anfang Sommer steigt der Zeppelin nun von der neuen Heimatbasis im luzernischen Buochs/Ennetbürgen in die Lüfte. Ein definitiver Standplatz ist für den Schweizer Zeppelin-Pionier zentral, damit sich Skycruise in den nächsten drei Jahren stabilisieren kann. Denn so lange will sich Schulthess Zeit geben, damit er sein Unternehmen etablieren kann.
Nah am alten Traum vom Fliegen
Pro Flug, der bis zwei Stunden dauert und bis zu 1500 Franken kostet, übertuckern maximal 13 Passagiere in dreihundert Metern Höhe in beschaulichem Tempo die Vierwaldstättersee-Region.
Die Fahrt im Zeppelin kommt dem ursprünglichen Traum des Menschen vom Fliegen sehr nahe, ist Schulthess überzeugt. "Der Weg ist das Ziel", beschreibt er die Philosophie seines Luftgeräts.
"Es ist ein ganz gemächliches Fliegen, die Kabine hat grosse Fenster, welche die Passagiere öffnen und beispielsweise den Menschen, die ihnen vom Boden aus zuwinken, zurückwinken können."
Feuertaufe
Von den ersten konkreten Ideen 1996 bis zum Aufstieg an den Schweizer Himmel vergingen sechs Jahre, ehe der Zeppelin an der Landesausstellung Expo.02 seine Feuertaufe erlebte: Die Flugzigarre liess über 3000 Besucherinnen und Besucher das emsige Treiben auf den Arteplages aus der Vogelschau betrachten.
Nächster Big Event, bei dem der Skycruise-Zeppelin im prominenten Einsatz stand, waren die Olympischen Spiele von vergangenem Sommer in Athen. Aus luftiger Höhe wurde von Bord der Kabine die Sicherheit rund um den grössten Sportanlass der Welt überwacht – mit Erfolg.
Langer Atem nötig
Die Vision von Zeppelinen am Schweizer Himmel hatte Schulthess schon seit Mitte der 1980er-Jahre, als er längst seinen Bubentraum wahr gemacht hatte und als Linienpilot am Himmel kreuzte.
Bis die Zigarre aber endlich mit dem Segen der Schweizer Luftfahrtbehörden abheben konnte, sollten es noch rund zwei Jahrzehnte dauern.
"Die Schweiz ist nicht einfach für die Luftschifffahrt, da es sehr viele Vorschriften einzuhalten gilt", bilanziert er vielsagend trocken. Nur ein Müsterchen: Auf dem neuen Standplatz in Buochs/Ennetbürgen stehen Militärbaracken der Schweizer Armee, des ehemaligen Grundeigentümers.
"Wir würden uns die Hände reiben, könnten wir diese Baracken übernehmen", so Schulthess. Doch dies bleibt nicht nur blosse Vision, vielmehr müssen die Armeebauten gar abgebrochen werden. Und Skycruise bleibt vorderhand das grosses Zelt als Empfangsraum für die Passagiere.
Sicht des Amtes
"Der traditionelle Luftverkehr von heute hat klaren Transportcharakter, während Rundflüge mit dem Zeppelin eine Attraktivität darstellen", präzisiert BAZL-Sprecher Daniel Göring.
Aus Behördensicht muss der Zeppelin aber dieselben Vorgaben erfüllen wie alle anderen Fluggeräte: Das sind die sichere Durchführung der Operationen und die Gewährleistung des technischen Wartung. Nach Prüfung der Unterlagen, einer technischen Abnahme sowie einem Probeflug hielt das Amt schliesslich den Daumen nach oben.
Die befristete Immatrikulation der Zigarre dient laut Göring vorerst einmal zum Sammeln von Erfahrungen: "Wir schauen, wie der Betrieb läuft und die Zusammenarbeit mit dem Betreiber klappt."
Bei reibungsloser Funktion sollte einer unbefristeten Bewilligung nichts im Wege stehen. Dass aber in einigen Jahren viele Zeppeline über dem Schweizerland schweben, kann sich Göring schwerlich vorstellen.
Grösser und leiser
Erobert sich Skycruise mit seinen Zeppelinen einen festen Platz am Schweizer Himmel, hat Schulthess schon weitere Ideen parat. Diese haben die Form von Luftschiffen, die grösser und noch leiser als die jetzigen Modelle sind.
"Ich bin überzeugt, dass es einen Markt für mehrtägige Zeppelinflüge gibt, wo die Leute an Bord essen und übernachten", glaubt Schulthess. Der Preis würde dabei keine entscheidende Rolle spielen.
Bremsen könnte die hochfliegenden Pläne dann nur noch das Wetter: Bei starken und turbulenten Winden müssen die Flugschiffe aus Sicherheitsgründen am Boden bleiben.
swissinfo, Renat Künzi
Fakten
Riesige Zeppeline waren Anfang voriges Jahrhunderts die Könige der Lüfte. Sie verkehrten sogar über den Atlantik.
Ihre Ära ging am 6. Mai 1937 bei der Tragödie von Lakehurst (USA) brutal zu Ende: Bei der Explosion der deutschen "Hindenburg" kamen 36 Personen ums Leben.
Die Live-Reportage über das Unglück ist heute Radiogeschichte (siehe Link).
Seit einigen Jahren steigen moderne Zeppeline in die Lüfte, für Passagierflüge, zur Überwachung oder zu Werbezwecken.
In Kürze
Skycruise erhielt die erste Bewilligung für Zeppelin-Passagierflüge in der Schweiz seit 100 Jahren. Die Taufe erlebte der Zeppelin an der Expo.02, damals aber noch unter US-Flagge.
Von der Basis in Buochs/Ennetbürgen schweben maximal 13 Passagiere gemächlich über die Vierwaldstättersee-Region. Die Flüge dauern bis zu zwei Stunden.
Skycruise gibt sich drei Jahre, um den wirtschaftlichen Durchbruch zu schaffen.

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