Zeitreise des Wohnens
Wie richten Herr und Frau Schweizer ihre Wohnung ein? Die Ausstellung "Wohnträume - Wohnräume" im Zürcher Museum für Gestaltung dokumentiert ein Jahrhundert Wohnen in der Schweiz.
Designerträume werden dem gelebten Alltag gegenüber gestellt.
Die Ausstellung versteht sich nicht nur als Chronologie des Schweizer Wohndesigns. Der reich dokumentierte Blick durch die Jahrzehnte in Schweizer Wohnzimmer zeigt auch das Spannungsfeld zwischen den Ansprüchen der Designer und der "gelebten Realität", wie Ausstellungsmacher und Museumsdirektor Christian Brändle an der Eröffnung sagte.
Befreiungsschlag um 1910
Zum Anspruch: Die Designerträume werden in vier Musterräumen aus den Jahren 1910, 1930, 1950 und 1970 präsentiert: Die Befreiung vom schnörkelreichen "Fin de Siècle" durch einfache Formen ab 1910 wird abgelöst von industriell gefertigten Stahlrohrmöbeln in den 30er Jahren.
Es folgt die "Amerikanisierung" des Wohnens mit grosszügigen Schalensesseln in den 50er Jahren und schliesslich der individuell gestalteten "Wohnlandschaft" der 70er Jahre. Die Besucherinnen und Besucher erfahren zudem Interessantes über die sozioökonomischen und industriellen Hintergründe der verschiedenen Wohntrends.
So wertet die Ausstellung die Wohnlandschaft der 70er Jahre mit austauschbaren "Wohninseln" als Ausdruck des neuen antiautoritären Ideals. Filme und Kataloge zu den jeweiligen Wohntrends vermitteln zusätzliche Informationen.
Den zweiten Zugang bieten die zahlreichen Blicke in die Schweizer Wohnzimmer durch alle Jahrzehnte. Das "gelebte Wohnen" zeigt, mit welcher Verspätung die vorgegebenen Trends in die Wohnzimmer gelangten. So setzten sich beispielsweise die metallenen Rohrmöbel der 30er Jahre erst in den 80er Jahren auf breiter Ebene durch.
Zurück zu Diogenes
Am Schluss der Jahrhundertreise durch Schweizer Wohnungen wagen von Brändle beauftragte Künstlerinnen und Künstler einen Blick in die Zukunft: In den letzten 30 Jahren hat sich der Wohnflächenbedarf ungefähr verdoppelt.
Gemessen an der Weltbevölkerung von 6,5 Milliarden Menschen hätte ein Schweizer statt durchschnittlich gut 50 Quadratmeter nur rund 4 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Diese "Apokalypse der Gerechtigkeit" wurde denn auch radikal umgesetzt in einer "Klappwohnung".
Ein zweites, nicht minder kreatives Beispiel besteht aus einem Wohnfass mit Bett und Tisch, das an den griechischen Philosophen Diogenes erinnert und je nach Bedarf gedreht werden kann. Am Tag ist das Bett an der Decke, in der Nacht der Tisch.
swissinfo und Agenturen
In Kürze
Das Zürcher Museum für Gestaltung geht in der Ausstellung "Wohnträume - Wohnräume" der Frage nach, wie man in der Schweiz in den letzten 100 Jahren wohnte.
Das "wahre" Wohnen war jedoch nicht immer so, wie Designer und Architekten es sich in ihren Visionen ausmalten.
Die Ausstellung dauert bis 28. September 2003.

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