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welthauptort der vermögensverwaltung

Komfort und Diskretion: Zwei der Erfolgsgründe der Schweizer Vermögensverwaltung. Keystone

Dank dem Bankgeheimnis ist die Schweiz für Vermögensverwaltung zum bevorzugten Finanzplatz geworden. Den Angriffen der Konkurrenz bleibt sie ausgesetzt.

Dieser Inhalt wurde am 12. Oktober 2006 publiziert Minuten

Heute verwalten die Schweizer Banken über einen Drittel des weltweiten Privatvermögens. Sie haben sich den neuen Gesetzen angepasst, indem sie Filialen im Ausland eröffnen.

Ende des 18. Jahrhunderts werden in der Schweiz die ersten Privatbanken gegründet. Zunächst befassen sie sich vor allem mit Handelstransaktionen, später spezialisieren sie sich auf die Vermögensverwaltung.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entwickeln sich die Geschäfte weiter. Sie konzentrieren sich nicht nur auf die Investition der Kundenvermögen und die Verwaltung von Portefeuilles Dritter, sondern auch auf Erbschafts-, Nachfolge- und Steuerberatung.

Im Verlauf der Jahre wird die Schweiz zu einem der wichtigsten Zentren auf diesem Gebiet, insbesondere, nachdem 1934 das Bankgeheimnis im Bankengesetz

festgeschrieben worden war. Die Neutralität, die fehlende Kontrolle beim Währungsumtausch, die politische Stabilität des Landes, die Stärke seiner Währung und die legendäre Diskretion ziehen immer mehr ausländisches Kapital an.

Unerreichte Beziehungskultur

Die Schweizer Banker erwerben sich ein Know-how ohnegleichen. In der Vermögensverwaltung ist die Beziehung zum Kunden erstrangig. Die Qualität der Dienstleistung, die Bonität der Finanzinstitutionen und die Ehrlichkeit der Schweizer Banker werden weltweit geschätzt.

Heute verwalten die Schweizer Bankinstitute laut Schätzungen rund 4'000 Milliarden Franken, das ist mehr als ein Drittel der weltweiten

"Offshore"-Privatvermögen (der ausserhalb des Ursprungslands angelegten Gelder). Der Kuchen ist verlockend und weckt bei der Konkurrenz Begehrlichkeiten.

Seit den 1990er-Jahren nehmen die Angriffe gegen die Schweiz und ihre Banken zu.

Hinterziehung der Steuer

Die Europäische Union (EU), die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die USA versuchen, Bern zur Aufgabe des Bankgeheimnisses zu bringen, dank dem Kriminelle in der ganzen Welt ihr Geld fast ungestraft waschen könnten. Bei der internationalen Kritik geht es auch um die Steuerpraxis der Schweiz.

Anders als die meisten anderen Länder betrachtet Bern Steuerhinterziehung nicht als Straftat, die Banken müssen deshalb den Steuerbehörden keine Auskunft über die Vermögen ihrer Kunden geben. Zahlreiche ausländische Regierungen ärgern sich über diese Gesetzgebung, welche die Steuerflucht ihrer reichen Bürgerinnen und Bürger in die Schweiz ermöglicht.

Suche nach schmutzigem Geld

Angesichts dieses Drucks von allen Seiten musste die Regierung in den letzten Jahren wohl oder übel verschiedene Massnahmen ergreifen. Seit 1998 hat die Schweiz eines der strengsten Geldwäschereigesetze der Welt. Die Banken klären heute die Herkunft

von Geldern ab; stammen sie aus kriminellen oder terroristischen Aktivitäten, werden deren Anleger von der Justiz verfolgt.

Sicher gibt es immer schwarze Schafe, doch die verschiedenen bekannt gewordenen Affären hatten eine schnelle Blockierung der beanstandeten Konten zur Folge. Eine solche Beflissenheit fehlt in den Ländern der EU weitgehend, insbesondere in Grossbritannien.

Trotzdem gehen die Angriffe gegen den Finanzplatz Schweiz weiter, diesmal unter moralischen und ethischen Vorwänden oder mit dem Argument der Terrorbekämpfung.

"Mit dieser Strategie soll die Stellung der Schweizer Banken geschwächt werden, dabei geht

es vor allem um wirtschaftliche Interessen", glaubt der Genfer Anwalt Carlo Lombardini.

Steuer für Drittstaat

Im Hinblick auf eine Steuerharmonisierung für Einkünfte aus Sparguthaben innerhalb der EU hat Brüssel ein System des automatischen Austauschs von Information zwischen den Steuerbehörden eingeführt.

Nach langem und zähen Ringen mit der EU hat Bern eine Quellensteuer eingeführt für Einkünfte auf Sparguthaben, die europäische Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz angelegt haben. Das Geld aus dieser Steuer wird den Herkunftsländern zurückerstattet. Dieses System garantiert

die Anonymität der Kundschaft und wahrt so das Bankgeheimnis. "Diese grosszügige Lösung ist weltweit einmalig, kein anderes Land erhebt eine Steuer für einen Drittstaat", stellt Ivant Pictet, Mitinhaber der Bank Pictet & Cie. fest.

Niederlassung im Ausland

Im Übrigen führten die ab 2002 von Italien und danach auch von Belgien verfügten Steueramnestien dazu, dass Dutzende von Milliarden Euro vor allem aus der Schweiz abgezogen und in diese Länder zurückgeführt wurden.

Um wieder an diese Gelder zu kommen, passten sich viele Schweizer Finanzinstitute an, indem sie sich auf "Onshore"-Verwaltung verlegten, das heisst, sie liessen

sich im Land der Kundschaft nieder. So wurde die UBS dank der italienischen Steueramnestie zu einer der grössten Banken auf dem Stiefel. Die UBS, weltweite Marktführerin in Vermögensverwaltung, und die Credit Suisse haben ihre Aktivitäten schon weitgehend internationalisiert. In den letzten Jahren haben auch verschiedene Privatbanken diese Strategie übernommen und Filialen in den Grossstädten im Ausland eröffnet.

Mit dem Resultat, dass im letzten Jahr alle Schweizer Banken die von ihnen verwalteten Vermögen steigern konnten.

swissinfo, Luigino Canal (Übertragung aus dem Französischen: Charlotte Egger)

In Kürze

Das Bankgeheimnis bedeutet, dass die Bankangestellten über die Vermögensverhältnisse ihrer Kundschaft zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Es schützt demnach nicht die Bank, sondern deren Kundschaft, die als einzige darauf verzichten kann.

Es ist also eine berufliche Pflicht, deren Verletzung von Amtes wegen verfolgt und mit Busse oder Gefängnis bestraft werden kann.

Im Verlauf der Zeit wurde das Bankgeheimnis angepasst. Heute gilt es nicht mehr absolut.

Bei zivilrechtlichen Verfügungen oder strafrechtlichen Rechtshilfegesuchen sind Aufweichungen möglich.

Bei Untersuchungen wegen Geldwäscherei zum Beispiel kann der mit dem Dossier betraute Richter die Aufhebung des Bankgeheimnisses beantragen.

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Fakten

Die Schweizer Finanzbranche erzeugt 14% des Bruttosozialproduktes (BSP), 5% der Stellen und 18% der Steuereinnahmen des Landes.

Auf den Konten der UBS liegen, nach deren Angaben, 1'700 der rund 4'000 Milliarden Franken, welche Schweizer Banken für ihre Privatkundschaft verwalten.

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