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Welt von Terror in den USA erschüttert

Ein einsamer Feuerwehrmann in den Trümmern des WTC. Während Opfer geborgen werden, überlegen sich Politiker Handlungsstrategien. Keystone/AP Photo/Graham Morrison

Tausende Tote und Verletzte, eine verunsicherte Welt. Die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington setzen eine bisher nicht gekannte Maschinerie in Bewegung: Die NATO sieht den gemeinsamen Verteidigungsfall als gegeben. Zudem vereinbaren die USA und Russland eine enge Zusammenarbeit in der Terrorismus-Bekämpfung. Laut FBI konnten erste Terroristen identifiziert werden. In der Nähe des World Trade Centers stürzte am ein weiteres Hochhaus ein.

Dieser Inhalt wurde am 13. September 2001 publiziert Minuten

Laut NATO-Generalsekretär George Robertson ist nach Artikel 5 des Bündnisvertrages der gemeinsame Verteidigungsfall gegeben. Die NATO betrachtet damit die Terroranschläge in den USA als Angriff auf das gesamte Bündnis, falls sie vom Ausland aus eingeleitet worden sein sollten. In diesem Fall könnten die USA auf das Prinzip "einer für alle" und "alle für einen" und die Unterstützung der Allierten bei einem Militäreinsatz zählen.

Militärische Reaktionen der NATO seien jedoch vorerst nicht geplant. Robertson betonte, es sei noch nicht klar, von wo aus die Terrorangriffe gesteuert wurden. Die US-Regierung sei noch dabei, die Lage zu bewerten. Der NATO-Beschluss sei daher zur jetzigen Zeit ein Akt der Solidarität. Nach dem Vertrag liege es am angegriffenen Land, über Reaktionen zu entscheiden und gegebenenfalls das Bündnis um Hilfe zu bitten.

Artikel 5 des NATO-Vertrags verpflichtet die 19 Bündnispartner zu gegenseitigem Beistand, der auch militärische Hilfe einschliessen kann. Dazu gehören unter anderem die Öffnung des jeweiligen nationalen Luftraums und logistische Unterstützung für Truppen und Ausrüstung. 1999 hatte die Allianz ein neues "strategisches Konzept" beschlossen, nach welchem die Sicherheit des Bündnisses auch von Terrorismus gefährdet werden könnte und nicht nur durch militärische Schläge.

Es ist das erste Mal in der Geschichte der NATO, dass ein solcher Schritt innerhalb der Allianz überhaupt in Erwägung gezogen wird. Die Nordatlantische Allianz wurde 1949 gegründet. Mitglieder sind heute Belgien, Kanada, Tschechien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Island, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Spanien, die Türkei, Grossbritannien und die USA.

Militär weltweit alarmiert

Die US-amerikanische Armee ist weltweit in höchster Alarmbereitschaft. Auch verschiedene weitere Staaten - darunter Israel und Frankreich - haben ihre Bereitschaft massiv erhöht.

Der UNO-Sicherheitsrat rief die Weltgemeinschaft am Mittwoch auf, ihre Anstrengungen gegen den Terrorismus zu verdoppeln. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution erklärte sich das höchste Entscheidungs-Gremium der UNO "entschlossen, Terrorakte als Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen".

Die USA und Russland haben eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus vereinbart. Die Weltgemeinschaft müsse dieser Gefahr gemeinsam begegnen, betonten US-Präsident George W. Bush und der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch nach einem Telefongespräch.

Abzug der UNO aus Afghanistan, IKRK bleibt

Nach den verheerenden Anschlägen in den USA hat die UNO beschlossen, ihr ausländisches Personal bis Donnerstag aus Afghanistan abzuziehen. Es handle sich um eine "vorübergehende" Massnahme, teilte die UNO mit.

Die UNO-Vollversammlung hat ihren Gipfel über die Rechte von Kindern auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Gremium stimmte der Resolution am Mittwoch in New York ohne Abstimmung zu.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz IKRK hat entschieden, vorläufig in Kabul zu bleiben.

Anschlag aus heiterem Himmel

Am Dienstagmorgen Ortszeit hatten Terroristen zwei entführte Passagier-Flugzeuge in die Zwillingstürme des World Trade Center in New York gesteuert. Diese fielen kurz danach in sich zusammen und begruben wahrscheinlich Tausende von Menschen.

Am Mittwochabend brach das benachbarte 54 Stockwerke hohe Haus an der Liberty Plaza teilweise in sich zusammen. Daraufhin stürzte auch der etwa noch vier bis fünf Stockwerke aufragende Rest des Südturms des World Trade Center ein.

Eine weitere entführte Maschine wurde über dem US-Verteidigungsministerium, dem Pentagon in Washington, zum Absturz gebracht. Dort wird mit bis zu 800 Toten gerechnet.

Eine vierte Maschine stürzte in der Nähe von Pittsburgh, Pennsylvania, ab. Heldenhafte Passagiere an Bord der United-Maschine haben wahrscheinlich durch ihr Eingreifen eine noch schrecklichere Tragödie verhindert. Das geht aus Anrufen hervor, die zwei Fluggäste per Handy kurz vor ihrem Tod führten.

In den vier Flugzeugen befanden sich insgesamt 266 Menschen, darunter mindestens eine Schweizerin. Laut dem US-Aussenministerium hatten die Attentäter auch das Weisse Haus und das Präsidenten-Flugzeug "Air Force One" im Visier.

Die Bergungs- und Rettungsarbeiten laufen auf Hochtouren. Zwar konnten einige Überlebende geborgen werden, doch die Zahl der Leichen steigt stündlich. Die Bergungsarbeiten werden durch Feuer und Trümmer erschwert.

Erste Verdächtige

Im Zusammenhang mit der Urheberschaft der Attentate wird immer wieder der Name Osama bin Laden genannt. Der amerikanische Geheimdienst hat laut Informationen von Senator Orrin Hatch ein Gespräch zwischen zwei Anhängern bin Ladens abgehört. Darin war von gelungenen Angriffen auf zwei Ziele die Sprache. Alles deute in die Richtung des von den Taliban in Afghanistan versteckt gehaltenen bin Laden, einem saudischen Millionär.

Das Taliban-Regime bot den USA Gespräche über eine mögliche Auslieferung des gesuchten mutmasslichen Terroristen an. Es verlangt jedoch zuerst genügend Beweise gegen diesen.

In den USA wurden derweil laut FBI verschiedene Terroristen und Helfer identifiziert. Einige der Entführer sollen in den USA eine Pilotenausbildung absolviert haben.

Die Hamburger Polizei hat am Mittwoch im Stadtteil Harburg eine Wohnung durchsucht. Darin sollen zwei Männer gewohnt haben, die möglicherweise in die Anschlagserie verwickelt waren.

Weitreichende Sicherheitsmassnahmen

Nach den Anschlägen auf vitale Macht- und Wirtschafts-Zentren der USA war der amerikanische Luftraum gesperrt worden. Zahlreiche Flüge nach den Staaten mussten umgeleitet oder zurückgerufen werden, so auch Swissair-Flüge. Am Mittwoch mussten alle Flüge nach Nordamerika annulliert werden. Auch Swissair-Flüge nach Tel Aviv und Beirut wurde abgesagt.

Die für Mittwoch angekündigte Öffnung des Luftraums verzögerte sich aus Sicherheitsgründen. Vorerst erhielten nur wenige Maschinen Start- und Lande-Erlaubnis.

Das amerikanische Militär ist in höchster Alarmbereitschaft. Kriegsschiffe wurden an die Ostküste beordert, um den Luftraum zu schützen. Auch Frankreich und Israel haben ihre militärischen Sicherheits-Vorkehrungen verstärkt.

Vermisste Schweizer

Das Schweizerische Aussenministerium versucht zur Zeit Schweizerinnen und Schweizer ausfindig zu machen, die sich in New York aufhalten sollen. Bis Mittwochabend hatten sich 700 Personen nicht bei ihren Angehörigen gemeldet.

Laut der amerikanischen Handelskammer in der Schweiz befanden sich keine Schweizer Unternehmen in den Türmen des World Trade Centers. Der Finanzkonzern Credit Suisse Group mit Büros in einem Nebengebäude konnte alle 800 Angestellten evakuieren. Die Grossbank UBS vermisst zwei ausländische Mitarbeiter.

swissinfo und Agenturen

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