Wankdorf: Der Himmel weinte
Nullzeit Freitag 15 Uhr: 22 kg Sprengstoff explodieren - das Wankdorfstadion ist nicht mehr. Fast nicht mehr. Haupttribüne und drei Masten fallen in sich zusammen, ein Vierter trotzt dem Dynamit - zur Freude der Zuschauerinnen und Zuschauer.
Mit der Sprengung begann der Himmel über Bern zu weinen: Sekunden nach dem dumpfen Knall begann der Regen. Die Spezialisten werden sich gefreut haben, das die bei Sprengungen übliche Staubwolke vermindert.
Für andere wird es ein Symbol sein für das Ende eines beinahe historischen Ortes. In dem legendären Wankdorf wurde Deutschland 1954 gegen Ungarn erstmals Fussball-Weltmeister. Für viele Deutsche wird dieses Ereignis als Wiedereintritt in die Weltgemeinschaft gewertet. Nun muss das Stadion einem für 2004 geplanten Neubau weichen.
Medien live
Der Medienrummel war gigantisch: Über 30 Radio- und Fernsehstationen waren angemeldet, das Schweizer Fernsehen und ein lokaler Privatsender übertrugen die Bilder der geplanten Zerstörung live. SF DRS war bis wenige Sekunden vor dem Auslösen hinter dem Sprengmeister, bis auch das Fernsehteam auf die ander Seite der Absperrungen musste.
Die Umgebung glich einer Geisterstadt. Das Stadion war in einem Umkreis von 300 Metern abgesperrt. Bereits seit dem Vormittag galten im Gebiet Wankdorf Verkehrs-Beschränkungen. Kurz vor der Sprengung wurden zudem die nächstgelegenen Autobahn-Ausfahrten gesperrt. Für Zuschauende war ein Raum auf der grossen Allmend eingerichtet.
Sprengstoff für vier Masten
Mit über 20 Kilogramm Sprengstoff wurden die 50 m hohen Flutlichtmasten und das 110 x 23 m grosse und 1'600 Tonnen schwere Dach der Haupttribüne "weggefegt".
Allerdings wollte sich einer der Masten trotz der angehängten Gewicht nicht überzeugen lassen und blieb störrisch stehen. Bei diesem einen Masten wurden dickere Armierungs-Eisen verwendet, so dass das Zuggewicht nicht ausreichte. "Pech. Das kann passieren", meint dazu der für die Sprengung verantwortliche Marco Zimmermann.
Nach einem Augenschein vor Ort entschieden sich die Verantwortlichen, den Masten umzureissen. Eine Baumaschine fuhr dann auf das ehemalige Spielfeld und zerrte den Masten mit dem verlängerten Drahtseil um.
Insgesamt verwendeten die Sprengmeister 900 Zünder, die in 450 Bohrlöchern versenkt und mit rund vier Kilometer Zündschnur verbunden wurden. Die Zündung erfolgte per Knopfdruck. Die Sprengobjekte waren in Strohballen und Drahtnetzen eingewickelt, um zu verhindern, dass die Trümmerteile durch die Luft geschleudert wurden.
Der stoische Mast, der weinende Himmel: Sie waren Sinnbild für das Wankdorf, das so schnell nicht vergessen werden will.
swissinfo und Agenturen

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