vom schweizer innovationsgeist profitieren
Noch immer kann ein grosser Teil der Weltbevölkerung von sauberem, erschwinglichem und für alle zugänglichem Wasser nur träumen.
Doch zwei auf einfachster Technologie beruhende Lösungen aus der Schweiz demonstrieren, dass verschmutztes Wasser eigentlich kein unlösbares Problem darstellen sollte.
Die Genfer Firma Bulane hat mit Watalys ein Gerät zur einfachen Herstellung eines chlorhaltigen Desinfektionsmittels für die Wasseraufbereitung entwickelt und die Sodis-Stiftung fördert den Gebrauch von Plastikflaschen zur Trinkwasseraufbereitung.
Man kann das Watalys kaum als Hightech-Gerät bezeichnen. Seine Entwicklung verdankt es der Tatsache, dass die zur Aufbereitung von Trinkwasser verwendeten Chlortabletten eine kurze Verfallszeit haben und schwierig zu transportieren sind.
Das Watalys löst dieses Problem mittels Elektrolyse, eine der einfachsten Methoden zur Aufspaltung einer chemischen Verbindung. Im vorliegenden Fall
heisst das: Eine Elektrode wird in einen Liter Wasser eingetaucht. Dem Wasser wurde zuvor eine Prise Salz beigegeben, das Chlor-Atome enthält.
Die Elektrode wird unter Strom gesetzt, wodurch eine chemische Reaktion auslöst wird. Nach Ablauf einer Stunde ist die Lösung chloriert und kann zur Wiederaufbereitung von grossen Wassermengen verwendet werden.
Stromquelle
Beim Gebrauch des Watalys tauchen zwei Probleme auf: Ohne Stromquelle geht nichts und zukünftige Anwender müssen sorgfältig eingeführt werden. In Situationen, die den Gebrauch eines Watalys erfordern, kommt Strom
in der Regel aus zwei möglichen Quellen: aus einer Autobatterie oder aus Solarzellen.
"Die Nichtregierungsorganisationen (NGO), die unser Gerät verwenden, sind im Feld gewöhnlich per Auto unterwegs, und Autos haben bekanntlich eine Batterie", sagt Peter Leitgib, einer der Gründer von Bulane.
Schwieriger sei es, den Leuten klar zu machen, auf was bei der Anwendung des Watalys besonders zu achten sei. Laut Leitgib genügt nämlich eine sehr kleine Menge Chlorlösung, um einen ansehnlichen Wasservorrat zu desinfizieren.
"Die genaue Dosierung ist wichtig – die Anwender müssen also wissen, was sie tun", fährt er fort.
Dazu kommt ein weiteres Problem, das die Schöpfer des Watalys gar nie in Betracht gezogen hatten. "Einige unserer Kunden haben uns darauf hingewiesen, dass man in gewissen Gegenden auch das erforderliche Salz selbst mitbringen muss", so Leitgib.
Bis heute hat die Firma erst etwas mehr als 200 Geräte verkauft, die meisten davon an NGO und internationale Organisationen, die sich auch mit Bildungsfragen beschäftigen.
Plastikflaschen
Das ist kaum überraschend, kostet doch ein Watalys mindestens 230 Franken – für Leute in Entwicklungsländern sehr viel Geld, das sie oft lieber für anderes
verwenden würden. Wo Geld eine Rolle spielt, bietet eine andere Schweizer Idee eine billigere Lösung zur Wiederaufbereitung von Wasser an. Sodis, die Methode zur solaren Trinkwasserdesinfektion, wurde von Forschern der Eidgenössischen Anstalt für Abwasserreinigung, Wasserversorgung und Gewässerschutz (EAWAG) entwickelt und getestet.
Mit Sodis kann man mit Hilfe von Sonnenlicht in klaren Plastikflaschen Wasser desinfizieren. Das System wird bereits in 20 Ländern angewendet.
Wasser lässt sich leicht trinkfertig aufbereiten, indem man es in durchsichtige Plastikflaschen abfüllt, gut schüttelt und dann mindestens sechs Stunden der
Sonne aussetzt, mit Vorteil auf einem dunklen Hintergrund oder auf einer reflektierenden, metallischen Oberfläche.
Die UV-A Strahlung des Sonnenlichts und die von der Sonneneinstrahlung verursachte Erhöhung der Wassertemperatur reichen aus, um die meisten Bakterien und Viren zu töten.
Die Schwächen dieser Methode sind ihre Abhängigkeit von der Sonne, die nicht immer scheint, wenn man sie braucht, und die beschränkte Menge von Wasser, die in einer Flasche Platz findet.
Doch die grösste Schwierigkeit besteht möglicherweise darin, die Leute davon zu überzeugen, dass eine so billige Lösung wirklich
funktioniert. Bei umsichtiger Einführung wird Sodis jedoch im allgemeinen gut aufgenommen und akzeptiert.
"Zuerst muss man die Regierungsvertreter überzeugen", sagt Regula Meienhofer von der EAWAG.
Angst ist beste Motivation
"Dann muss man die lokalen Anwender davon überzeugen, dass Sodis die Wasserqualität wirklich verbessert – entweder indem man vor ihren Augen die Wasserqualität testet oder aber man führende Mitglieder der Gemeinschaft dazu bringt, es zu fördern."
Nach Ansicht der Förderer von Sodis ist Angst die beste Motivation für
die Übernahme neuer Technologien. Durchfall mag für die Leute in den Entwicklungsländern noch kein Grund zur Panik sein, doch bei Cholera werden sie es sich vielleicht überlegen.
swissinfo, Scott Capper (Übertragung aus dem Englischen: Dieter Kuhn)
Fakten
Die Firma Bulane, die das Watalys entwickelt hat, hat ihren Sitz in Genf.
Ihre Gründer erhielten 2005 den De Vigier Unternehmerpreis.
Das kleinste Watalys-Gerät wiegt nur 150 Gramm und kann aus einem Liter Wasser und einem Löffel Salz einen Liter Chlorlösung produzieren.
Die Sodis-Methode, die in den frühen 90er Jahren entwickelt wurde, ist heute in mehr als 20 Ländern in Gebrauch und hat mehr als 2 Mio. regelmässige Anwender.
In Kürze
Eines der Millennium-Entwicklungsziele der UNO bis 2015 die Anzahl der Menschen ohne nachhaltigen Zugang zu sicherem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen zu halbieren.
Laut einem kürzlich veröffentlichten UNO-Bericht hat es auf der Erde zwar ausreichend Frischwasser.
Doch schlechte Bewirtschaftung, begrenzte Ressourcen und Veränderungen in der Umwelt haben zur Folge, dass fast 20% der Erdbevölkerung nach wie vor keinen Zugang zu sauberem Wasser haben.
40% müssen ohne die einfachsten Sanitären Einrichtungen auskommen.
Jedes Jahr sterben 1,6 Mio. Menschen, mehrheitlich Kinder unter fünf Jahren, an durch unsauberes Trinkwasser verursachtem Durchfall.
Auch Naturkatastrophen bedrohen den Wasservorrat. Der asiatische Tsunami im Dezember 2004, bei dem 180'000 Menschen ums Leben kamen, hat deutlich aufgezeigt wie anfällig Wasservorräte sein können.
Infolge der Tsunami-Katastrophe waren Tausende von Menschen der Ansteckungsgefahr von Krankheiten wie Cholera, Typhus, Dysenterie ausgesetzt, die durch verseuchtes Wasser übertragen werden.

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