Viel Geld trotz wenig Hoffung
In Sachen Zukunft der Schweizerischen Luftfahrt sieht die Schweizerische Presse mehrheitlich schwarz. Der Staat muss wohl oder übel zahlen, so der Grundtenor.
Hoch waren die Erwartungen, als am Sonntag in Bern die Task Force "Luftbrücke" zur Medienkonferenz lud. Gross waren die Hoffnungen auf klare Funksprüche, welche die Richtung der Schweizerischen Luftfahrt weisen würden. Präsentiert wurden schliesslich keine Entscheide, sondern Möglichkeiten. Omnipräsent das Wörtchen "wenn". Denn wenn das Geld fliesst, fliegt die neue Airline.
"Teure Hoffnung", titelt deshalb der Berner BUND. "Das Unmögliche wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger." Mit anderen Worten: An Ideen fehlt es nicht, an Geld jedoch schon. Der Plan der Crossair-Leitung, zeitlich gestaffelt 26 Lang- und 26 Kurzstreckenflugzeuge zu übernehmen, verführe zu Illusionen, schreibt der BUND, "weil der Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen und das Ende des Knotenpunktes Zürich vorläufig abgewendet sind."
Billig kommt die Übung "Full Scale" - zu Deutsch Maximalvariante - nicht zu stehen. Bis zu vier Milliarden Schweizer Franken werden nötig sein. Und alles kräht nach dem Staat. Der müsse substanziell Geld einschiessen. Doch nur, wenn die Wirtschaft mitzieht, meint der BUND. "Die Wirtschaft muss nun mit einem Milliardenengagement bei der neuen Crossair zeigen, dass ihr tatsächlich eine Menge am Hub Zürich liegt - und dass es Wunder immer wieder gibt."
Zurück in die Steinzeit?
Von der Gefahr einer neuen "Flugverkehr-Steinzeit",wenn nicht bezahlt wird, schreibt die NEUE LUZERNER ZEITUNG. Doch wer bezahlen soll, weiss auch sie nicht. Kosten werde es sowieso. "Je mehr Maschinen die neue Fluggesellschaft übernimmt, desto höher werden die Kapital- und Übergangskosten. Je weniger Swissair-Jets die "Crossair-Plus" integriert, desto rasanter schnellen die Sozialkosten für die Entlassenen in die Höhe." Und weil die öffentliche Hand ohnehin bezahlen muss, sei es sinnvoller in ein Unternehmen zu investieren, statt Arbeitslosengelder und Steuerausfälle hinzunehmen. Auch wenn die Erfolgsaussichten höchst ungewiss seien.
Die AARGAUER ZEITUNG verbittet sich Heimatschutz. Nicht die Aviatik soll der Staat retten. Das Geld soll dazu dienen, "...ein ökonomisches Desaster zu verhindern...".
A fonds perdu?
Von Mitgift für die New Crossair und von der Durchfütterung der Swissair schreibt die BERNER ZEITUNG. Sie geht mit den Verwaltungsräten der Swissair und den Banken hart ins Gericht.
Weil diese einen solchen Schlamassel zugelassen hätten, bleibe am Schluss nichts anderes übrig, "als dass der Staat die Katastrophe, die diese feinen Damen und Herren angerichtet haben, ausbadet, also Sie und ich, mit Steuergeldern". Da es jedoch keine Alternativen gebe, müsse der Staat sich ausbedingen, dass die Milliarden, die er in die kaputte Swissair buttern müsse, später in Aktien der Crossair umwandeln könne.
Für Steuerzahler und Steuerzahlerinnen kommt das Debakel also teuer zu stehen. Da stellt die Genfer Zeitung LE TEMPS die Frage, ob Herr und Frau Schweizer dies denn überhaupt goutieren. Nach all den ideologischen Pirouetten der Politikerinnen und Politiker, nach der Schlappe der Wirtschafts-Dirigierenden und der unverschämten Zurückhaltung der Verantwortlichen bleibe der Eindruck, dass man uns eine Katze im Sack verkaufen wolle - "un chat dans un sac".
Parallelen zur Landwirtschaft?
Die Politik ist auch im Zürcher TAGES-ANZEIGER in der Schusslinie. Konkret die Schweizerische Volkspartei. "Es scheint in diesem Land Menschen zu geben, die das Wort "Staat" im Zusammenhang mit der Swissair schlecht vertragen."
Dass gerade die SVP sich dagegen sträube, der Swissair unter die Arme zu greifen, sei erstaunlich. "Gerade diese Partei hat noch nie dagegen protestiert, dass der gleiche Staat die Bauern jährlich mit mehreren Milliarden von Steuerfranken unterstützt."
Eine internationale Fluggesellschaft gehöre wie die Landwirtschaft zur Grundversorgung. "Es geht um ein Unternehmen, welches das Exportland Schweiz mit der globalen Wirtschaft verbindet." Und deshalb müsse der Bund nun eingreifen - nicht am Steuerknüppel, sondern an der Kasse.
Ein Denkmal für Dosé?
Die einzige Zeitung, die sich zurückzulehnen scheint, ist die BASLER ZEITUNG. "Der Bund wird wohl oder übel Milliarden in das Projekt stecken müssen." Und wenn der Crossair-Chef André Dosé das Unmögliche möglich mache, also Kapital beschaffe und zwei Firmenkulturen verschmelzen könne, dann will ihm die BAZ ein Denkmal setzen. Kein Wunder, ist doch die Crossair ein Basler Kind.
Rebecca Vermot

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