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Verspätete Auslandstimmen: Bundesgericht weist Beschwerde ab

Postsendungen bergen das Risiko, dass sie verspätet zugestellt werden oder sogar verloren gehen können, betont das Bundesgericht. © Keystone / Gaetan Bally

Das höchste Gericht der Schweiz hat die Beschwerde gegen das Ergebnis der Stichwahl eines Tessiner Abgeordneten in den Ständerat abgewiesen. Bei dieser Gelegenheit hatten mehrere Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer das Stimmmaterial verspätet erhalten.

Dieser Inhalt wurde am 03. September 2020 - 14:43 publiziert

46 von insgesamt mehr als 36'400 eingegangenen Stimmen: Diese minime Differenz entschied am 17. November 2019 die Stichwahl um die beiden Sitze des Kantons Tessin im StänderatExterner Link (Kammer der Kantone).

Neben dem unbestrittenen Marco Chiesa, Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP), hatte das Tessiner Stimmvolk beschlossen, den zweiten Sitz des Südschweizer Kantons in Bern der Sozialdemokratin Marina Carobbio Guscetti anzuvertrauen.

Aus dem Rennen ausgeschieden war überraschenderweise der Christdemokrat und Vizepräsident der Auslandschweizer-Organisation Filippo Lombardi. Er wurde in dieser Stichwahl nach fünf Legislaturperioden aus dem Ständerat verdrängt.

Daraufhin focht der christdemokratische Anwalt und Gemeinderat Gianluca Padlina das Ergebnis an. Er legte Beschwerde beim Kantonalen Verwaltungsgericht (Tram) und später beim BundesgerichtExterner Link (BGer) ein.

Padlina beantragte die Annullierung und Wiederholung der Wahl. Namentlich beanstandete er die Arbeit der Kanzleien der Tessiner Gemeinden in Bezug auf den rechtzeitigen Versand des Wahlmaterials. Tatsächlich hatten mehrere im Ausland wohnhafte Wahlberechtigte ihr Wahlrecht nicht ausüben können, weil sie die Unterlagen verspätet erhalten hatten.

Das Risiko der Briefwahl

In einem am Donnerstag veröffentlichten UrteilExterner Link bestätigte das Bundesgericht jedoch das Urteil der Vorinstanz und wies Padlinas Rekurs zurück. Das kantonale Gesetz über die Ausübung der politischen Rechte verpflichte die Gemeindekanzleien zur rechtzeitigen Zustellung des Wahlmaterials (im Fall einer Stichwahl mindestens zehn Tage vor der Abstimmung). Es "hält jedoch nicht das Recht fest, dass die Wähler diese unverzüglich erhalten sollen", heisst es im Urteil des BGer.

Gemäss den Lausanner Richterinnen und Richtern ist "die Behörde weder in der Lage zu überprüfen noch zu garantieren, dass das der Schweizerischen Post an einem bestimmten Datum zugestellte Stimmmaterial alle Stimmberechtigten in der Schweiz oder im Ausland innerhalb eines bestimmten Tages erreicht".

"Ich hoffe, dass dieses schlechte Beispiel dazu dient, ein Wahlverfahren durchzusetzen, das rücksichtsvoller gegenüber den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern und deren Wahlrecht ist."

Filippo Lombardi, Politiker

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Postsendungen würden das Risiko bergen, dass sie verspätet zugestellt werden oder sogar verloren gehen können, fügt das Gericht hinzu.

Wobei Verzögerungen auch auf "Versäumnisse der Wahlberechtigten bei der Ankündigung von Änderungen der Zustelladresse, nicht erfolgte Anbringung des Namens am Briefkasten, usw." zurückzuführen sein können.

Für Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, wird dieses Risiko dadurch erhöht, dass viele verschiedene Akteure für den Transport des Wahlmaterials zuständig sind, darunter auch ausländische Postdienste.

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Vertrauen in die Institutionen

Der Entscheid des Bundesgerichts "schafft Klarheit und erlaubt es mir, die politische Arbeit, die ich im Ständerat begonnen habe, mit Gelassenheit fortzusetzen", schrieb Carobbio Guscetti in einer Reaktion auf das Urteil.

Chiesa, der kürzlich zum Präsidenten der SVP gewählt wurde, begrüsst einen Entscheid, "der Gelassenheit und Vertrauen in die Institutionen bringt", sagte er gegenüber der Tessiner Tageszeitung La RegioneExterner Link.

Von swissinfo kontaktiert, erklärt Filippo Lombardi, dass er aufgrund der Unterlagen, die er über die Art und Weise und den Zeitpunkt der Versendung des Wahlmaterials habe lesen können, "mehrere Leichtfertigkeiten und Ungereimtheiten in der Behandlung der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland" festgestellt habe. So seien beispielsweise die Anweisungen der Kantonskanzlei "verspätet und manchmal widersprüchlich".

Er hoffe, so Lombardi weiter, dass dieses "schlechte Beispiel" dazu diene, ein Wahlverfahren durchzusetzen, das "rücksichtsvoller gegenüber den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern und deren Wahlrecht" sei.

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