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Veloland Schweiz?

Die Schweizer Radwege werden kaum noch von Schweizer Velos befahren. Keystone Archive

Bei Velofahrern ist die Schweiz beliebt. Anders bei Veloherstellern: Sie schliessen einer um den anderen ihre Betriebe - oder suchen das Weite.

Dieser Inhalt wurde am 19. Februar 2002 publiziert

Die Schweiz verfügt über engmaschige Verkehrsnetze - nicht nur bei den Strassen und Eisenbahnen, sondern auch bei den Velowegen: Neun einheitlich beschilderte nationale Radwander-Routen von total 3'300 Kilometern Länge verbinden die verschiedenen Regionen der Schweiz. Das Netz wird ergänzt durch weitere über 3'000 Kilometer regionale Radrouten.

Mit dem Velo über Land

Das Velo-Routennetz erfreut sich grosser Beliebtheit: Allein im Jahr 2000 - neuere Angaben gibt es derzeit nicht - wurde es rund 3,4 Millionen Mal für Tages- oder Mehrtages-Touren befahren. Knapp die Hälfte der Veloreisenden waren Schweizerinnen und Schweizer, welche das Land per Rad erkundeten. Die ausländischen Biker stammten zum grössten Teil aus Deutschland.

Zur Erfolgsgeschichte, welche das Fahrrad in der Schweiz feiert, passt eine internationale Ausstellung, die am Mittwoch in der Messe Zürich eröffnet wird: Unter dem Titel "2-Rad" präsentieren insgesamt 213 Aussteller auf einer Fläche von nahezu 1,5 Hektaren während 6 Tagen die jüngsten Innovationen im internationalen Fahrrad- und Motorrad-Markt.

Schmerzlicher Strukturwandel

Der Schein, den Velowege und Zürcher Schau vermitteln, trügt, befindet sich die Schweizer Velobranche doch derzeit in ihrer bisher tiefsten Krise. "Es gibt immer weniger Schweizer Velo-Fabrikanten. Die Fahrräder werden zunehmend importiert - aus Asien, Europa oder Amerika", sagte Roland Fuchs, "2-Rad"-Pressesprecher, gegenüber swissinfo.

Eines der prominentesten Opfer des generellen Strukturwandels in der Velo-Branche ist die Schweizer Traditionsmarke Cilo, die einst Modelle für die ganz grossen Namen des Schweizer Radsports gebaut hatte - unter anderem für Ferdi Kübler und Hugo Kobelt. Auf Ende des vergangenen Jahres musste Cilo ihre Produktion einstellen. Es bestehe die Absicht, bis zum März eine neue Firma zu gründen, welche wieder Fahrräder der Marke Cilo auf den Markt bringe, sagte der ehemalige Cilo-Chef Claude Jan gegenüber swissinfo.

Ähnlich einschneidend ist der Einbruch bei Villiger, dem einst stolzen Flaggschiff der Schweizer Veloindustrie: Die Produktion wird ins "Diamant"-Werk nach Hartmannsdorf in Deutschland verlegt. Die Villiger im luzernischen Buttisholz wird damit zu einem reinen Handelsbetrieb.

Anschluss verpasst

Der dramatische Abbau in der Schweizer Velobranche hat seinen Ursprung in der Mountainbike-Welle Ende der achtziger Jahre. Die Schweizer verschliefen damals die Umfunktionierung des Velos vom blossen Transportmittel zum Sportgerät. Firmen wie Scott, Trek oder Cannondale eroberten in Windeseile den Schweizer Markt. Die hiesigen Fabrikanten hatten den neuen Trend-Modellen nichts entgegenzusetzen - und blieben auf ihren Lagerbeständen an klassischen Velos sitzen.

Der Niedergang von Traditions-Marken wie Cilo und Villiger ist aber auch ein schmerzliches Sinnbild dafür, dass sich die hiesige Veloindustrie dem Globalisierungstrend nicht entziehen kann. Die Schweiz kann gegenüber dem asiatischen Raum nicht konkurrieren, wo dank Billiglöhnen die meisten Velo-Rahmen produziert werden. "Es lohnt sich heute nicht mehr, in der Schweiz Fahrräder zu produzieren. Die Standortkosten sind schlicht zu hoch", so Roland Fuchs.

Niedergang von "swiss made"?

Mit dem Niedergang der Schweizer Fahrrad-Industrie verlor innerhalb der Branche auch das Label "swiss made" massiv an Bedeutung. Allerdings nicht generell: Die noch in der Schweiz verbliebenen Velo-Hersteller wie Aarios, BMC, Cresta oder Tour de Suisse halten das Gütezeichen nach wie vor hoch. Diese eher kleinen Firmen versuchen ihren Kostennachteil am Produktions-Standort Schweiz mit hoher Qualität wettzumachen.

"Wir verstehen uns als Nischenanbieter", erklärt Arnold Ramel, der als Inhaber der Aarios AG im solothurnischen Gretzenbach 15 Angestellte beschäftigt. Sein Erfolgsrezept: "Unsere Modelle sind zwar teurer als diejenigen der grossen Konkurrenten. Wir passen jedoch jedes unserer Modelle auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden an und gehen nicht unter eine bestimmte Qualitäts-Stufe. Wir bieten echtes 'swiss made'. Deshalb gibt es uns noch."

Felix Münger

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