Tui profitiert und leidet wegen Hapag-Lloyd - Trennung auf Raten (Zus)
HANNOVER (awp international) - Dem weltgrössten Reisekonzern Tui hat die Container-Reederei Hapag-Lloyd den Jahresgewinn in der Wirtschaftskrise zugleich gerettet und vermasselt. Unter dem Strich blieb für die Tui-Aktionäre im verkürzten Rumpfgeschäftsjahr 2009 ein Überschuss von 333 Millionen Euro, nachdem Tui aus dem Verkauf der Hapag-Lloyd-Mehrheit im Frühjahr rund eine Milliarde Euro eingestrichen hatte: Die operativen Verluste der inzwischen vom Staat gestützten Reederei sowie hohe Sonderbelastungen in der Reisesparte frassen den Sondergewinn aber grossenteils wieder auf. Jetzt will Tui Hapag-Lloyd bald komplett abstossen. Die Aktionäre blicken vorerst ins Leere: Die Dividende soll 2009 erneut ausfallen. Konzernchef Michael Frenzel machte am Dienstag in Hannover lediglich Hoffnung auf bessere Zeiten.
Die Tui-Aktie reagierte zunächst freundlich auf die Nachrichten, dreht aber im Handelsverlauf ins Minus und lag im Mittelfeld des MDax . Die Tui AG passt ihr Geschäftsjahr an das ihrer Veranstaltertochter Tui Travel und das touristische Jahr an, das Ende September endet. Daher wurde der Berichtszeitraum 2009 auf neun Monate verkürzt.
HOFFEN AUF KOMMENDE JAHRE
Für die Zeit ab dem Jahr 2010/2011 stellte Frenzel steigende Umsätze und einen höheren operativen Gewinn in Aussicht. Für die kommenden Monate zeigte er sich vorsichtig optimistisch: Das Abschneiden der Tui hänge vor allem davon ab, ob und wie stark die Arbeitslosigkeit in Europa steige und ob es die Leute demzufolge in den Urlaub ziehe. Nord/LB-Analystin Martina Noss hält die Prognose des Vorstands für realistisch: Ab 2011 könne es durchaus wieder aufwärts gehen.
Im Rumpfgeschäftsjahr 2009 machten der Tui hohe Umstrukturierungskosten und Abschreibungen bei Tui Travel und der operative Verlust von Hapag-Lloyd zu schaffen. Ohne Hapag-Lloyd und die zum Verkauf gestellte Hotelkette Magic Life konnte Tui den Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen auf Unternehmenswerte (EBITA) zwar um ein Drittel auf 235 Millionen Euro steigern. Der Umsatz sank jedoch um fast 14 Prozent auf 13,1 Milliarden Euro, nachdem Tui Travel das Reiseangebot kräftig zusammengestrichen hatte. Zudem drückte das schwache britische Pfund auf die Erlöse.
HAPAG-LLOYD IN SCHWERER SEE
Hapag-Lloyd leidet in der Wirtschaftskrise unter den eingebrochenen Frachtmengen und Preisen. Der Umsatz brach um 29 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro ein. Der EBITA-Verlust vor Sondereffekten belief sich auf 675 Millionen Euro. Gut 43 Prozent davon entfallen noch immer auf den Tui-Konzern. Dieser will seine verbliebenen Anteile an der Reederei nun möglichst bald loswerden, allerdings nicht zum Schleuderpreis.
Ab Mitte 2010 sei die komplette 43,3-prozentige Beteiligung rechtlich frei zum Verkauf, sagte Konzernchef Frenzel. Das Konsortium Albert Ballin, dem bereits die Mehrheit an Hapag-Lloyd gehört, hat dabei ein Vorkaufsrecht. Ab dem Jahr 2012 muss die Investorengruppe, zu der unter anderem der Unternehmer Klaus-Michael Kühne und die Stadt Hamburg gehören, die Anteile sogar für 910 Millionen Euro abnehmen. Allerdings spekuliert das Tui-Management darauf, dass andere Interessenten auch mehr bezahlen würden, wenn die Preise für Containertransporte wieder steigen.
Die Finanzlage der Tui hat sich unterdessen etwas entspannt. Der Konzern verringerte seine Nettoverschuldung im Jahresvergleich von 2,8 auf 2,3 Milliarden Euro. Das Unternehmen will bis 2012 Immobilien, Hotels und Kreuzfahrtschiffe versilbern und so eine halbe Milliarde Euro in die Kasse bekommen. So steht die Hotelkette Magic Life zum Verkauf, zu der 13 Hotels und ein Nilkreuzfahrtschiff gehören. Solche Verkäufe sollen "Spielraum für die strategische Entwicklung des Konzerns eröffnen", sagte Frenzel. Konkrete Zukäufe seien derzeit jedoch nicht geplant, auch wenn das Unternehmen in Schwellenländern wie Lateinamerika wachsen will.
DIVIDENDE LÄSST AUF SICH WARTEN
Wann die Aktionäre die einst versprochene Sonderdividende aus dem Hapag-Lloyd-Verkauf erhalten, bleibt damit offen. Je nachdem, wie sich das Geschäft entwickle, wolle der Konzern die Dividendenzahlungen mittelfristig wieder aufnehmen, sagte Frenzel. Der Konzernchef kündigte zudem an, seinen noch bis März 2012 laufenden Vertrag bei Tui zu erfüllen. Finanzvorstand Rainer Feuerhake geht im kommenden Jahr hingegen nach 21 Jahren als Finanzchef in Rente. Nachfolger wird der bisherige Controllingchef Horst Baier.
stw/nl/gr