Tierische Idylle im Kunsthaus
Das Kunsthaus Zürich präsentiert Werke des bedeutendsten Schweizer Tiermalers des 19. Jahrhunderts: Rudolf Koller.
Mit der "Gotthardpost" schuf Koller eine Ikone der Schweizer Malerei.
Frankreich hat Kühe. Italien hat Kühe. Deutschland hat Kühe. Viele Länder haben Kühe. Doch wohl kein Land hat ein in solchem Masse sich hartnäckig haltendes Kühe-Käse-Konten-Image wie die Eidgenossenschaft.
Allen Tourismus-Kampagnen zum Trotz scheinen wir eine Nation von "Kuh-Schweizern" zu sein. Was ja nicht unsympathisch ist, wenn man das nötige Augenzwinkern dazu mitdenkt.
Die schönste Kuh
Kräftig an diesem Klischee gemalt hat ohne Zweifel Rudolf Koller (1828 - 1905). Und das gut. Seine "Kuh im Kräutergarten", um 1857/58 gemalt, gehört sicherlich zu den schönsten Gemälden eines Wiederkäuers. Und beeindruckte seinerzeit, wie auch noch heute manchen Europäer.
Mit grossem Selbstbewusstsein steht das Rindvieh inmitten eines Kräutergartens und schlägt sich den Magen voll. Die Kuh hat sich die Freiheit genommen, da zu fressen, wo die Kräuter am besten und somit am "süssesten" sind. Völlig entspannt, aber mit aufmerksamem Blick schaut sie den Betrachter an und lässt sich nicht stören. Diese Schweizer-Kuh ist unzweifelhaft eine Geniesserin.
Vom Metzgersohn zum Tiermaler
Als Sohn eines Metzgers und Wirts im Zürcher Niederdorf kam der Knabe Rudolf mit allerlei "(Rind)-Viechern" zusammen. Bereits als Zwölfjähriger beschloss er, Tiermaler zu werden. Da Zürich in jener Zeit nicht als Kunststadt glänzte, musste sich der junge Mann seine Ausbildung autodidaktisch zusammen suchen.
Koller nahm Mal da Mal dort Unterricht, lernte zeichnen. Und er zeichnete viel, hauptsächlich Tiere: Kühe, Pferde, Hunde. Dazu auch Landschaften, Naturereignisse wie Gewitter, flirrende Sommerhitze, Gletscher.
Koller verpflichtet sich dem Naturalismus, will die Natur wirklichkeitsgetreu abbilden. Seine Wirklichkeit. Sein Talent, Tiere in unterschiedlichen Positionen möglichst genau wiederzugeben, wandelt sich stetig, bis zur Perfektion.
Idyllisches Landleben
1861 erwirbt Koller im Zürcher Seefeld das Bauerngütchen "Hornau". Noch ist das ans Zürihorn angrenzende Landstück eine Idylle. Mitten im verwilderten Grün richtet sich Koller zwei Ateliers ein. Hinzu kommt ein Stall, er will ja seine Tiere weiter studieren können. Er malt viel im Freien, hat mehrere Staffeleien gleichzeitig aufgestellt.
Immer wieder unternimmt er Reisen in die ländliche, bäuerliche Schweiz. Die "Idylle am Hasliberg" (1864) zeigt Kühe, Schafe, eine fesche Maid, einen freudig bellenden Hund. Nichts scheint dieses Landleben zu trüben. Sein Blick ist der eines Städters, der glauben will, dass das Leben auf dem Land eitle Freud und Wonne sei, obwohl das Landleben in der Realität weit härter war.
Ausstellung für alle Generationen
Christoph Becker, Direktor des Zürcher Kunsthauses, hat ein sicheres Gespür für Ausstellungsthemen, die breite Bevölkerungsteile ansprechen und auch dem kritischen Kunstfreund, der regelmässigen Kunstgängerin Genuss bereitet.
Die Ausstellung um Rudolf Koller zeigt rund vierzig Gemälde, fünfzig Zeichnungen und Skizzenbüchern. Vieles war noch nie ausgestellt, Etliches lange nicht mehr. Ein besonderer Leckerbissen ist sicherlich die "Gotthardpost" samt Skizzen dazu.
Dieses Bild malte Koller 1898 als Geschenk der Schweizerischen Nordostbahn für Alfred Escher. Für jenen "Zar der Zürcher" genannten Escher, der die Untertunnelung des Gotthards massgeblich mitinitiiert hatte. Die "Gotthardpost" versprüht Kraft und Pathos, Dramatik und Dynamik, die auch die jüngere Generation immer wieder neu zu begeistern vermag. Und die Brücke schlägt zum begnadeten Tiermaler Rudolf Koller.
swissinfo, Brigitta Javurek
In Kürze
Ausstellung: 18. Dezember 2002 bis 2. März 2003
Parallel zur Schau wird vom KuHa Zürich das
Generationenprojekt "Rudolf Kollers Welt entdecken" veranstaltet. Ein
Begleit-Programm für Jung und Alt.
Ein Katalog liegt vor: Hrsg. Kunsthaus Zürich, mit Beiträgen von Christoph Becker, Paul Pfister und Bernhard von Waldkirch. Fr. 49.--

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