Tage des Denkmals im Zeichen des Genusses
Die 15. Europäischen Tage des Denkmals laden zu einem Wochenende für Geniesser ein. In historischen Bauten, Restaurants und Kulturstätten finden 240 Veranstaltungen statt.
Schlafen in einem historischen Hotel, Wein aus einem antiken Glas trinken, die Schätze eines Museums bewundern oder in eine Therme eintauchen – die Kulturgüter berühren alle Sinne.
Wie jedes Jahr gibt es aristokratische Wohnhäuser oder Landsitze zu bewundern, daneben Kirchen und Museen. Diesmal sind aber auch kommerzielle Betriebe dabei. Rund 20 Hotels stehen den Besuchern offen, die Hälfte davon im Kanton Graubünden.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass der Wohlstand der Schweiz mit dem Tourismus im 19. Jahrhundert begonnen hat", sagt René A. Koelliker, Chef der Denkmaltage in der Schweiz.
Eines der prächtigsten Hotels, das ausnahmsweise seine Tore für geführte Besichtigungen öffnet, ist das Caux-Palace (Kanton Waadt). Es liegt auf 1000 Meter über dem Genfersee mit Blick auf die Alpen und war bei seiner Eröffnung 1902 das grösste und luxuriöseste Hotel der Schweiz.
Seit dem zweiten Weltkrieg ist es kein Hotel mehr. Dennoch enthält das Gebäude, das heute Sitz der pazifistischen Organisation Initiative der Veränderung ist, immer noch 80% des alten Mobiliars.
Kulinarisches und Musik
Von kulinarischen Genüssen erzählen verschiedene Geschirr-Ausstellungen. Im Speisesaal des Augustinerklosters in Freiburg können die Deckenmalereien mit Heiligenszenen, dem Mahl der heiligen Familie und Allegorien der Tugenden bestaunt werden.
Die Besichtigungen werden von Konzerten untermalt. Musik gibt es auch im Restaurant l'Ecluse in Biel im Kanton Bern. Dazu kann man eine heisse Schokolade schlürfen und aromatische Kräuter entdecken.
Neben einer Tour durch alte Beizen und Terrassen in Genf und Zürich und dem Besuch einer angesagten Bar in Bern kann man dieses Wochenende auch 3000 Jahre zurückgehen und im Laténium de Hauterive in Neuenburg Rezepte aus der Bronzezeit testen.
Römische Weinsorten
In Rheinfelden im Kanton Aargau öffnet Feldschlösschen die Tore seiner Schloss-Brauerei. Ebenso zeigt die Schnapsbrennerei Morand (1889) in Martigny ihre Liköre und Schnäpse aus Früchten, die unter der Walliser Sonne gereift sind.
"Die Menge und die Qualität der Schweizer Schnäpse gehören zu unseren grossen Besonderheiten", sagt Stéphane Boisseaux vom Verein Kulinarisches Erbe der Schweiz.
Für den Wein baut die Schweiz noch römische Weinsorten an. Davon kann man sich bei einem Besuch der Kellereien von Manoir d'Hermance in Genf überzeugen. Oder in einem römischen Haus des 3. Jahrhunderts in Vallon im Kanton Freiburg, wo Archäologen Originalrezepte präsentieren.
Erholung im Bad
Ein Spaziergang in Salin, der Salzmine, die im 15. Jahrhundert entdeckt wurde, gibt Aufschluss über die Entwicklung der Käseproduktion des Landes. In Mund erinnert das Safranmuseum daran, dass die Region noch heute das kostbare Gewürz produziert.
"Laut unseren Quellen gab es in der Schweiz im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts grosse Safranfelder. Man gab sie schliesslich auf, weil sie wegen des rauen Klimas nicht mehr rentierten", sagt René Koelliker.
Auch die Genüsse des Körpers und des Geistes kommen an diesem Wochenende nicht zu kurz. Historische Kino-Theater gibt es in verschiedenen Städten wieder zu entdecken, so in Schaffhausen und Genf.
Zur wohlverdienten Erholung am Ende der Tour laden die Bäder in Nidau-Biel (Kanton Bern) oder St.Gallen ein, wie auch die Thermen von St. Theodul (Wallis) oder Schinznach (Aargau).
swissinfo, Isabelle Eichenberger
(Übertragung aus dem Französischen: Susanne Schanda)
In Kürze
Die Idee der Europäischen Denkmaltage geht auf einen öffentlichen Tag für historische Monumente 1984 in Frankreich zurück.
1991 wurde die Idee vom Europarat aufgenommen. 1996 waren 40 Länder beteiligt und 1997 folgte das grösste europäische Land, Russland.
2000 nahmen zum ersten Mal alle 47 Staaten der Europäischen Kulturkonvention an den Europäischen Denkmaltagen teil.
2006 besuchten rund 20 Mio. Personen gegen 30'000 Monumente.
Die Schweiz nimmt seit 1994 teil.
Heimatschutz fordert mehr Geld
Zum Anlass der Europäischen Tage des Denkmals fordert der Schweizerische Heimatschutz eine Aufstockung der Mittel für die Denkmalpflege. Statt jährlich 19 Mio. verlangt der Heimatschutz 30 Mio. Franken.
Der Bund habe den Betrag in den letzten zehn Jahren laufend gekürzt, teilte der Heimatschutz mit. Ursprünglich seien 35 Mio. Franken ausbezahlt worden. Die Einsparungen gingen vorwiegend zu Lasten der Kantone, denn der Bund führe seine Tätigkeiten fort.
Die Konsequenz daraus ist nach Ansicht des Heimatschutzes eine "elitäre Fokussierung auf die Objekte von nationaler Bedeutung".
Auch Privateigentümer seien Leidtragende der Budgetkürzungen: Bei der Vergabe von Finanzhilfen würden nämlich oft Gebäude der öffentlichen Hand bevorzugt.

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