Sulzer Medica warnt vor Konkurs
Sulzer Medica will die von einem US-Gericht verhängten Schadenersatz-Forderungen nicht hinnehmen. Strafzuschlag-Forderungen könnten einen Bankrott zur Folge haben, warnte das Unternehmen.
«Es braucht nicht viele solche Urteile bis das Geld ausgeht und der Konzern in den Bankrott getrieben wird», erklärte Sulzer Medica am Freitag (31.08.) in einer Mitteilung zu einem am Vortag ausgesprochenen Urteil eines Geschworenengericht im US-Bundesstaat Texas.
Konkret ging es im ersten Urteil zu Einzelklagen um den Fall dreier älterer Patientinnen, die sich einer Reoperation hatten unterziehen müssen. Dabei verurteilten die Geschworenen Sulzer Medica wegen der fehlerhaften Hüftimplantate zu einer Schadenersatz-Zahlung von 15,1 Mio. Dollar (rund 25 Mio. Franken) an die drei Klägerinnen.
Sulzer Medica habe die Information der Öffentlichkeit bezüglich des Produkte-Fehlers verzögert, erklärte das Gericht. Aufgrund dieser Fahrlässigkeit verfügte es die Zahlung von Strafzuschlägen (»punitive damages»).
Medica bestreitet Fahrlässigkeit
«Es gibt keine Basis für den Vorwurf der Fahrlässigkeit und entsprechende Strafzuschläge», wird Sulzer-Orthopedics-Präsident David Floyd in der Mitteilung zitiert. Sulzer Medica will denn auch Berufung einlegen.
Selbst wenn das Urteil nach dem Rekurs gültig bleibe, will Sulzer Medica vor dem Jahr 2008 keinerlei Strafzuschläge zahlen. «Gemäss einer Klausel im Vergleichs-Vorschlag bleiben unsere Vermögenswerte zugunsten des Vergleichs verpfändet und damit dem Zugriff von Einzelkagen entzogen», erklärte Medica-Sprecher Henner Alms.
Mit seinem Vergleich hatte der Konzern am Donnerstag in den USA einen ersten Erfolg erzielt. Der von einer US-Bundesrichterin in Cleveland provisorisch gutgeheissene Vorschlag sieht Zahlungen an Patienten im Umfang von insgesamt 780 Mio. Dollar (rund 1,2 Mrd. Franken) vor. Jeder Patient, der einmal reoperiert werden musste, soll mit je 57'000 Dollar entschädigt werden.
Der Vergleich wird nun den Patienten zur Entscheidung vorgelegt. Nach Ansicht von Sulzer Medica unterstreicht das Urteil aus Texas die Notwendigkeit des Vergleichs. Nach wenigen solchen Verdikten wie in Texas werde für die grosse Mehrheit der Patienten nichts übrig bleiben.
Sulzer Medica rechnet mit rund 4'000 Hüftgelenk- und Knie-Folgeoperationen. Über 1'000 Klagen sind eingereicht worden. Für dieses Jahr stehen in den USA rund 40 Prozesse von individuellen Klägern an.
Vergleich unattraktiver
Marktexperten rechnen damit, dass es nach dem Urteil aus Texas zu einer Flut von privaten Klagen kommen wird. «Der Vergleich ist unattraktiver geworden, so wird es mehr Einzelklagen geben», erklärte Patrick Stutz, Analyst der Bank Vontobel, auf Anfrage.
Das Risiko eines Firmenkonkurses sei gestiegen. Die Wahrscheinlichkeit sei aber voraussichtlich nicht höher als 20 Prozent, hielt Stutz fest. Seines Erachtens sei der Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht gerechtfertigt. Wenn ein Unternehmen innert dreier Monate einen Rückruf lanciere, könne nicht von Verschleppung gesprochen werden. Allerdings muss Sulzer Medica damit rechnen, dass sie den Vergleich aufbessern muss. «Wenn der Aktienkurs fällt, verliert die Vergleichsofferte an Wert, da Medica die Patienten teilweise mit Aktien enschädigt», sagte Stutz.
swissinfo und Agenturen

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