Sulzer-Konzernleitung krebst zurück
Der Winterthurer Sulzer-Konzern krebst bei seinen radikalen Umbauplänen zurück. Wie das Unternehmen am Freitag (27.10.) mitteilte, wird auf die Fusion von Sulzer AG und Sulzer Medica AG verzichtet.
Aufgrund des sich abzeichnenden Widerstandes der Aktionäre verzichten Verwaltungsrat und Management auf die Fusion zwischen Sulzer und Sulzer Medica. Damit kann sich auch der Ausbau der Insustrieteils verzögern.
Der Kapitalmarkt stehe der Zusammenlegung kritisch gegenüber, begründete Sulzer den Verzicht in einer Mitteilung vom Freitag (27.10.). "Wir haben die Reaktion der Aktionäre unterschätzt", erklärte Pressesprecher Markus Niederhäuser.
Zweidrittelsmehrheit gefährdet
Die für die Fusion nötige Zweidrittelsmehrheit sei ernsthaft gefährdet gewesen. An der Generalversammlung von Ende November hätten die Sulzer-Aktionäre über den Rückkauf der 26 Prozent öffentlichen Medica-Aktien entscheiden sollen. Sulzer besitzt derzeit 74 Prozent der Medica-Aktien.
Zahlreiche Investoren hätten signalisiert, dass sie auf "Pure Players", also auf Firmen mit einem einzigen Tätigkeitsbereich, setzen wollten.
Nach dem Rückzug der Konzernleitung bleibt Sulzer Medica weiterhin selbständig an den Börsen in Zürich und New York kotiert.
Verkauf von Medica offen
Damit bleibt es vorerst bei der von Analysten oft kritisierten Dualstrategie des Winterthurer Konzerns. Mittelfristig schliesst Sulzer allerdings eine vollständige Trennung von ihrer Medizinaltochter nicht aus. "Ein Verkauf unserer Mehrheitsanteile an Medica ist durchaus denkbar", sagte Niederhäuser. Der Zeitpunkt sei aber noch völlig offen.
Abgesehen vom Verzicht auf die Fusion hält Sulzer an der am 18. September bekannt gegebenen Strategie fest. So konzentriere sich Medica weiterhin auf den Ausbau der Bereiche Orthopädie, Kreislauf und Dentalimplantate.
Verzögerung bei Industrie-Grossakquisitionen
Der Industrieteil des Unternehmens konzentriert sich gemäss der Mitteilung wie vorgesehen auf die Bereiche Material- und Oberflächentechnik. Im Rahmen des Ausstiegs aus dem Maschinenbau werden rund zwei Drittel der traditionellen Industrietätigkeiten verkauft.
Der Abbruch der Fusion mit der weit ertragsstärkeren Medica hat auch für den Industrieteil erhebliche Folgen. "Mit einer Fusion wären dem Konzern mehr Mittel zum Ausbau des Industriebereichs zur Verfügung gestanden", gab Niederhäuser bekannt.
Grossübernahmen seien aus diesem Grund vorerst nicht möglich. Sulzer hatte gleichzeitig mit dem Verkauf der Bereiche Infra (Haustechnik), Pumpen/Turbo, Textilmaschinen und Kompressoren (Burckhardt) neue Industriezweige durch bedeutende Zukäufe aufbauen wollen.
Grossakquisitionen sind nun nach Angaben Niederhäusers erst nach der Veräusserung von Industrieteilen möglich. Der Ausgliederungsprozess komme planmässig voran. Zum Teil würden bereits konkrete Verkaufsverhandlungen geführt, sagte Niederhäuser. Er rechnet für die kommenden Monaten mit ersten Vertragsabschlüssen.
Die Börse reagierte bis gegen 10 Uhr (Schweizer Zeit) mit einem Plus von 7,66
Prozent für Sulzer Namen und mit einem Minus von 1,31 Prozent für
Sulzer Medica-Titel.
Die Geschichte
Sulzer gab im September bekannt, einen Grossteil seines Industriegeschäfts mit insgesamt 14'600 Beschäftigten zu verkaufen und sich ausschliesslich auf die Medizinal- und Materialtechnolgie zu konzentrieren.
Der praktisch vollständige Rückzug aus dem Industriegeschäft bedeutet das Ende des traditionellen Sulzer- Maschinenbaus. 14'600 oder rund zwei Drittel aller heutigen Angestellten erhalten neue Arbeitgeber.
Durch die Zusammenlegung des Sulzer-Konzerns mit Sulzer Medica wären 300 Stellen verloren gegangen, die Hälfte in der Schweiz. Sulzer-Präsident Ueli Roost begründete den Totalumbau unter anderem mit der ungenügenden Ertragskraft und dem zu geringen Wachstum des Konzerns, einer zu starken Diversifizierung, einer unklaren Konzernausrichtung und der komplexen Dualstruktur.
swissinfo und Agenturen

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