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Störsender gegen illegale Gefangenen-Handys

So werden die Wärter ausgetrickst: Ein verstecktes Handy im Gefängnis. SF DRS

Pilotversuch in drei Schweizer Gefängnissen: Störsender sollen verhindern, dass Insassen aus der Zelle mit der Aussenwelt kommunizieren.

Dieser Inhalt wurde am 30. Mai 2005 - 11:01 publiziert

Gefängnis-Direktoren sind zunehmend besorgt, dass mit eingeschmuggelten Handys Ausbrüche und Verbrechen geplant sowie Zeugen bedroht werden könnten.

Für die Gefängnis-Behörden in der Schweiz ist klar: Innerhalb der Mauern zirkulieren unter den Insassen immer mehr kleine Mobiltelefone. Diese sind jedoch nicht erlaubt, werden aber an den verstärkten Kontrollen vorbei eingeschmuggelt.

"Es ist praktisch unmöglich, diese Einschleusung zu stoppen", sagt Constantin Franziskakis, Direktor der Gefängnisaufsicht im Kanton Genf, gegenüber swissinfo.

Keine 100%-ige Sicherheit

"Das Problem der Handys in den Gefängnissen verschärft sich, und wir haben nicht die Mittel, sie zu kontrollieren." Die Geräte würden immer kleiner und leichter. "Metalldetektoren reagieren nicht, weil die Handys aus Composite-Materialien (das sind Kunststoffe) bestehen", so Franziskakis weiter.

Eine hundert-prozentige Sicherheit gebe es nicht. "Obwohl wir alles unternehmen, um die Sicherheit zu garantieren, gibt es immer Leute, die neue Wege finden, damit sie nicht erwischt werden", so der Vertreter der Genfer Behörde.

Neue harte Währung

Aufmerksam auf das Problem wurde man in Genf vor zwei Jahren, als im Gefängnis Champ-Dollon ein Mobiltelefon entdeckt wurde, mit dem Insassen illegal tausende von Anrufen getätigt hatten.

Der "Besitzer", laut Franziskakis ein "gefährlicher" Insasse, überliess das Handy Mithäftlingen, die ihm dafür Geld zahlten. "Mobiltelefone haben unter Häftlingen mittlerweile Geld und Drogen als harte Währung abgelöst", sagt Franziskakis.

Dasselbe Bild in der Aargauer Strafanstalt Lenzburg: Dort lässt Direktor Marcel Ruf jährlich 30 bis 40 Handys konfiszieren.

Schaltzentrale Zelle

Alarmsignale kommen auch aus dem nahen Ausland: Im französischen Gefängnis Fresnes kam es vor zwei Jahren zu einem spektakulären Ausbruch, bei dem Komplizen von "draussen" die Gefängnismauern mit Granatwerfern durchbrachen. Bei der Koordination der Aktion spielte ein Handy von "drinnen" die Hauptrolle.

"Wenn wir die Kommunikation unterbinden, können wir Gefangene davon abhalten, Verbrechen zu begehen oder Zeugen einzuschüchtern", sagt Ruf.

Experten-Pool

Das Pilotprojekt ist vorerst zeitlich auf einige Monate angesetzt und beschränkt sich auf die drei Anstalten Champ-Dollon, Lenzburg und Pöschwies im Kanton Zürich. Die Trägerschaft bilden das Bundesamt für Kommunikation (Bakom), die Mobilfunk-Betreiber und die Gefängnisbehörden.

"Wir wollen herausfinden, ob die Installation von Störsendern das Telefonieren mit Handys im Gefängnis tatsächlich verhindert", sagt Lucio Cocciantelli, Verantwortlicher beim Bakom. Zeigt die Stör-Strategie die gewünschten Erfolge, wird sie Ende Jahr auch auf die anderen Gefängnisse im Land ausgeweitet.

Störsignale

Das ganze soll folgendermassen funktionieren: Versucht jemand aus dem Inneren der Anstalt einen Anruf mit dem Handy zu machen, schaltet sich automatisch eine Störanlage ein. Sie sendet während 30 Sekunden ein Störsignal aus, das den Anruf blockiert.

Das "intelligente" System zerstört nur Signale, die von GSM-Handys ausgehen (Global System for Mobile Communications). Der Funkverkehr des Anstaltspersonals bleibt unangetastet.

Nur geringe Strahlung

Ob die Mobiltelefonie in der unmittelbaren Nachbarschaft der Anstalten gestört wird, wird sich in den Versuchen weisen.

Von den Störanlagen geht laut Franziskakis kein Risiko für die Gesundheit aus. Die Signale seien schwächer als diejenigen normaler Telekommunikations-Antennen.

swissinfo, Adam Beaumont
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Fakten

Champ-Dollon zählt 244 männliche und 26 weibliche Insassen.
84% der 180 Gefangenen in Lenzburg stammen aus dem Ausland.
Pöschwies ist mit 436 Plätzen die grösste Haftanstalt der Schweiz.

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In Kürze

In einem Pilotversuch werden in drei Schweizer Gefängnissen Störsender installiert, die illegale Handy-Gespräche von Insassen verunmöglichen sollen.

Störsender kommen deshalb zum Einsatz, weil trotz rigoroser Kontrollen immer häufiger kleine Handys in die Anstalten geschmuggelt werden.

Bei Erfolg wird der Versuch auf die übrigen Gefängnisse in der Schweiz ausgeweitet.

Gleiche Störanlagen sind bereits in Frankreich, Grossbritannien, Schweden und Tschechien im Einsatz.

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