Steuerbetrug mit Schweizer Beteiligung in Brasilien
Die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse sind in eine umfangreiche Geldwäscherei- und Steuerbetrugsaffäre in Brasilien verwickelt.
Zwei Banker befinden sich in Untersuchungshaft. Die Deliktssumme soll eine halbe Milliarde Dollar betragen.
Erneut sind im Ausland zwei Schweizer Grossbanken angeklagt. Die UBS sowie die CS-Tochter Clariden-Leu haben bestätigt, dass je einer ihrer Mitarbeiter in Brasilien verhaftet worden ist.
Am Dienstag waren 19 Personen, unter ihnen die beiden Schweizer Banker, in 44 Unternehmen wegen Verdachts auf Geldwäscherei und Steuerhinterziehung verhaftet worden.
Die Razzien waren laut der brasilianischen Justiz durch frühere Untersuchungen mit der Bezeichnung "Operation Switzerland" ausgelöst worden. Damals, im Jahr 2006, waren die sieben vorübergehend verhafteten CS-Angestellten beschuldigt worden, Gelder von reichen Privatpersonen illegal ins Ausland geschleust zu haben.
Wieder am Fiskus vorbeigeschleust
Dieses Mal geht es laut dem brasilianischen Bundespolizisten Ricardo Saadi um den Verdacht der Geldwäscherei und der Beihilfe zum Steuerbetrug. Und zwar sollen die Schweizer Banken zusammen mit dem US-Finanzkonzern AIG und Schwarzmarkt-Geldhändlern monatlich Summen in Millionenhöhe von brasilianischen Grossfirmen am Fiskus vorbeigeschleust haben.
In den vergangenen 18 Monaten dürfte der Staat um bis zu einer Milliarde Real (umgerechnet etwa 665 Mio. Franken) geprellt worden sein, sagte Saadi. Die Gelder seien im Ausland deponiert und von den betroffenen Firmen für Warenkäufe in den USA und in China eingesetzt worden.
Bei den Razzien wurden umgerechnet rund 4,5 Mio. Franken beschlagnahmt.
Noch keine Anklage, aber U-Haft
Gegen die Festgenommenen wurde vorerst keine Anklage erhoben. Sie können nach brasilianischem Recht aber bis zu fünf Tage festgehalten werden. Die Namen der brasilianischen Firmen gab die Bundespolizei nicht bekannt.
Die ausländischen Banken hingegen nannte Bundesrichter Fausto Martin de Sanctis in seiner schriftlichen Erklärung: UBS, CS, Clariden-Leu und AIG.
Ein Sprecher der amerikanischen AIG sagte, man sei noch daran, die Fakten zusammenzutragen. Man sei sich aber keinerlei Fehlverhaltens von AIG-Angestellten bewusst. Die brasilianische Website veja.com aber hat die Namen der Beschuldigten bereits veröffentlicht.
Zurückhaltung in der Schweiz
Die involvierten Schweizer Banken wollten sich über die Bestätigung der beiden Verhaftungen hinaus vorerst nicht zu der Angelegenheit äussern. Die Sachlage sei noch unklar, hiess es auch bei der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) in Bern.
Diese ist für die Überwachung der Sorgfaltspflichten im Kampf gegen die Geldwäscherei zuständig. Sie war schon über die frühere Affäre im März 2006 bei der CS in Brasilien informiert worden.
Brasiliens Finanzmarkt wächst sehr schnell
Beide Schweizer Grossbanken haben in jüngerer Zeit ihre Geschäfte in Brasilien stark ausgebaut. Die CS übernahm im Dezember 2006 für 358 Mio. Franken eine Mehrheit an der brasilianischen Vermögensverwaltungsfirma Hedging-Griffo.
Die UBS hatte im Frühling 2006 sogar bis zu 3,2 Mrd. Franken für die Übernahme der brasilianischen Investmentbank Banco Pactual bereit gestellt. Brasilien gilt als einer der am schnellsten wachsenden Finanzmärkte der Welt. Und Clariden-Leu schliesslich hat die Anlagen der Superreichen im Visier.
Beobachter sehen die jüngste Razzia als Signal dafür, dass der brasilianische Staat gegen die grassierende Steuerhinterziehung schärfer durchgreifen will. Vor drei Wochen war bereits der US-Konzern Cisco Objekt von Razzien in Brasilien gewesen.
swissinfo und Agenturen
In Kürze
Im Rahmen der "Operation Kaspar II" wurden am Dienstag bei Firmenrazzien 19 Personen verhaftet.
Es soll sich um 11 Geschäftsleute, fünf Inhaber von Wechselstuben sowie drei ausländische Bankenvertreter handeln, darunter zwei Repräsentanten von Schweizer Banken.
Bei den beschuldigten Banken handelt es sich um die UBS, die (Credit Suisse-Tochter) Clariden Leu und die AIG (USA). Den verhafteten Bankern wird vorgeworfen, in Brasilien persönlich um Kunden geworben zu haben.
Bei dem benutzten Betrugssystem, das "Dollar-Cable" genannt wird, wurden von brasilianischen Firmen grosse Geldsummen bei Wechselstuben in Dollar gewechselt.
Deren Inhaber deponierten das Geld mit Hilfe von befreundeten Bankvertretern bei der UBS, Clariden Leu oder AIG.
Von dort flossen die Vermögenswerte via Warenkäufe in den USA und China zurück nach Brasilien oder blieben auf den ausländischen Konten deponiert.
Laut Polizei soll der brasilianische Staat durch Geldwäscherei und Steuerbetrug der beteiligten Personen und Institute um 573 Mio. Dollar geprellt worden sein.
Der "Operation Kaspar II" waren die "Operation Switzerland" sowie die "Operation Kaspar I" vorausgegangen.

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