Navigation

Statt Angst und Hass jüdisch-arabische Koexistenz

Das Zentrum für jüdisch-arabische Erziehung in Jerusalem: Gemeinsam lernen - gemeinsam leben. RTS

Selbstmordattentate und Bomben haben die jüngsten Hoffnungen auf einen neuen Friedensprozess im Nahen Osten zunichte gemacht. Dennoch expandiert eine jüdisch-arabische Schule in Jerusalem.

Dieser Inhalt wurde am 14. Juni 2003 publiziert

Die Jerusalem Foundation Zürich unterstützt das Projekt.

"Wir warten nicht auf den Frieden, wir leben bereits in Frieden in unserer Schule." Das sagt Noa, jüdische Schülerin in der 4. Primarschulklasse des Zentrums für jüdisch-arabische Erziehung im Süden von Jerusalem.

Und Samara, arabische Lehrerin an der Schule, doppelt nach: "Wir formen hier eine neue Generation, die anders als wir erzogen und aufwachsen wird."

Zwei Stimmen, die in einer Broschüre der Jerusalem Foundation über das Zentrum zitiert werden. Die Foundation ist eine überparteiliche, international tätige Organisation zur Förderung des Zusammenlebens in Jerusalem.

Erziehung in zwei Kulturen

In der 1997 von der israelisch-arabischen Organisation "Hand in hand" gegründeten und von der Jerusalem Foundation unterstützten Schule werden jüdische und arabische Kinder in konsequent gemischten Klassen von zwei Lehrkräften parallel in Hebräisch und Arabisch unterrichtet. Derzeit besuchen 123 Schülerinnen und Schüler in fünf Klassen, darunter ein Kindergarten, das Zentrum.

Die gegenseitige Annäherung beider Kulturen, in die auch die Eltern stark eingebunden sind, soll alle möglichen Vorurteile und jegliches Misstrauen abbauen und ein friedliches Nebeneinander ermöglichen.

Auch der Religionsunterricht findet gemeinsam statt. "Thora, Bibel und Koran werden gleichwertig behandelt", sagt die aus Jerusalem angereiste Lehrerin Yaffa-Shira Grossberg gegenüber swissinfo. Das stärke den gegenseitigen Respekt.

Wie Science-Fiction

"Unsere Schüler kümmert es nicht, dass ihre Schule so anders ist. Sie fühlen sich wohl hier", sagt Ala Khatib, Co-Leiter der Schule, gegenüber swissinfo. "Für sie ist es völlig selbstverständlich, dass Mohammed und Itai und Matan und Nabil zusammen spielen."

Auch für deren Eltern sei das so. "Doch für alle Leute ausserhalb ist die Schule wie Science-Fiction", sagt Ala Khatib. "Gibt es das wirklich, macht ihr so etwas?", werde er häufig gefragt, von Juden und Arabern. Wenn die skeptischen Leute aber mal zu Besuch kämen, seien sie sehr beeindruckt.

Hoffnung nicht verlieren

Trotz der jüngsten Gewaltspirale lassen sich die beiden ihre Hoffnung auf eine friedliche Zukunft nicht nehmen. "Wir tun weiterhin alles, damit unsere Schülerinnen und Schüler zu einer neuen Generation gehören werden, für die Terror und Gewalt keine Option mehr sind", sagt Yaffa-Shira Grossberg.

Deshalb setzen sich Lehrerinnen und Schüler des Zentrums auch mit der brutalen Realität, mit Terroranschlägen auseinander. Ängste und Unsicherheiten würden thematisiert, sagt Grossberg. Nie werde aber mit dem Finger auf die andere Volksgruppe gezeigt.

Expansion

"Trotz der fast alltäglichen Gewalt in Israel wollen immer mehr jüdische und arabische Eltern ihre Kinder in diese Schule schicken", sagt Erika Gideon-Wyler gegenüber swissinfo. Sie ist Mitglied des Stiftungsrates der Jerusalem Foundation Zürich.

Die Schule platzt inzwischen aus allen Nähten. Die Schülerzahl wird sich auf das nächste Schuljahr hin nahezu verdoppeln. Deshalb ist ein Neubau nötig.

Für dessen Realisierung will die "Zürcher Filiale" der Jerusalem Foundation die Geldmittel beschaffen. Der Vorsitzende des Stiftungsrates, der Zürcher alt Stadtpräsident Josef Estermann, hofft, möglichst schnell die umgerechnet 4,3 Mio. Franken für die erste Etappe des Neubaus beisammen zu haben.

Für Estermann wird im Zentrum für jüdisch-arabische Erziehung, das von der UNO-Erziehungsorganisation (Unesco) als wichtige Institution ideell unterstützt und vom israelischen Bildungsministerium anerkannt wird, Demokratie gelebt. Die Schule ist, wie er sagt, "eine alltägliche Übung im gegenseitigen Respekt".

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

Fakten

Zentrum für jüdisch-arabische Erziehung:

1997 von der israelisch-arabischen Organisation "Hand in hand" gegründet

Unterstützung von Jerusalem Foundation und Unesco

123 Schülerinnen und Schüler, im nächsten Schuljahr 205

75% staatlich, 25% privat finanziert

End of insertion

In Kürze

Seit ihrer Gründung 1966 bemüht sich die Jerusalem Foundation, eine überparteiliche, international tätige Organisation, den Dialog und die Zusammenarbeit unter Jerusalems ethnisch und religiös zerrissenen Bevölkerungsgruppen zu fördern. Die Foundation möchte die multikulturelle Hauptstadt Israels als Modell der friedlichen Koexistenz in allen gesellschaftlichen Bereichen festigen.

Die Jerusalem Foundation Zürich, die vor rund 20 Jahren gegründet wurde, unterstützt das Zentrum für jüdisch-arabische Erziehung. Die Schule besitze einen einzigartigen Reform- und Pioniercharakter, der für die Zukunft Israels unbedingt gefördert werden müsse.

End of insertion

Artikel in dieser Story

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Diskutieren Sie mit!

Ihre Beiträge müssen unseren Richtlinien entsprechen.
Sortieren nach

Passwort ändern

Soll das Profil wirklich gelöscht werden?

Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.

Die Top-Geschichten dieser Woche

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den besten Geschichten von swissinfo.ch zu verschiedenen Themen, direkt in Ihrer Mailbox.

Wöchentlich

Unsere SRG Datenschutzerklärung bietet zusätzliche Informationen zur Datenbearbeitung.