Schweizer Presse zur "Rettungsübung Swissair"
Der Plan zur Rettung der Swissair Group dominiert am Dienstag die Frontseiten der Schweizer Zeitungen. Darüber, dass es höchste Zeit für einschneidende Sanierungsmassnahmen gewesen sei, herrscht Eingikeit.
Weil Swissair und Crossair fusionieren sollen, spricht die Genfer Zeitung LE TEMPS gar von einer Hochzeit, einer Hochzeit, bei der Crossair das Sagen habe:
"Crossair absorbe Swissair pour le marriage de la dernière chance" -
Crossair absorbiert Swissair für die Heirat der letzten Chance. Diese Verbindung tue weh, schreibt die AARGAUER ZEITUNG:
"Schmerzhaft für die Betroffenen. Aber nicht mehr unerwartet."
Für die BERNER ZEITUNG ist diese schmerzhafte "Heirat" eine
"überfällige Radikalkur".
Es sei höchste Zeit gewesen, das Steuer herumzureissen, meint das Blatt. Die einst so fette Swissair habe auf der ganzen Linie zu hohe Kosten verursacht. Und jetzt?
"Jetzt soll ihr die kleine Crossair das kostengünstige Fliegen beibringen. Ein harter Job für den bisherigen Crossair-Chef André Dozé, der von Basel nach Zürich in die Höhle des Löwen geht, um seine Diät durchzusetzen."
Die geplante Restrukturierung ist laut TAGES ANZEIGER
"der letzte Ausweg".
Der Kommentator warnt, dass der Bund nun mit seiner "verständlichen und vertretbaren Hilfeleistung" riskiere, auch die Rechnung für die Management-Fehler bei der Swissair zu begleichen. Denn es sei die Misswirtschaft des früheren Managements, die das Unternehmen an den Rand des Ruins gebracht habe:
"Und dafür tragen unverändert die früheren Verwaltungsräte und Manager der Swissair die Verantwortung."
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG äussert sich zur Frage, was denn die Wirtschaft bei dieser Sanierung zu suchen habe. Sie meint, dass jene Teile der Wirtschaft gefordert seien, die als Aktionäre und Kreditgeber normalerweise das unternehmerische Risiko zu tragen haben, nun auch die Sanierung an die Hand nehmen und deren Kosten weitestgehend unter sich aufteilen sollten:
"Der Wirtschaft in globo kommt dagegen keine Verantwortung zu, so dass ihr auch kein über das normale unternehmerische Kalkül hinausgehendes Engagement im 'Fall Swissair' aufgeschwatzt werden soll."
Die LUZERNER ZEITUNG sagt es so:
"Nicht der Bund, sondern die Wirtschaft, aus deren Reihen sich einige Top Shots während der Bruggisser-Ära nicht mit Ruhm bekleckert haben, ist nun als Geldgeber gefordert."
Auch das ST. GALLER TAGBLATT meint:
"Die Hauptlast der Sanierung soll die Wirtschaft tragen."
Der BLICK schreibt, das Personal zahle die Zeche, und fragt nach den Leistungen der Banken:
"7'000 Jobs weg! Genügt das den Banken, Herr Bremi?",
wendet sich die Zeitung an den Troubleshooter Ulrich Bremi. Die BASLER ZEITUNG titelt:
"Last minute, last call."
Allerhöchste Zeit sei es gewesen, wenn nicht gar zu spät. Das Blatt meldet Zweifel an:
"Ob die Strategie aufgeht, ist fraglich. So ist jedenfalls kein Beispiel bekannt, in dem die Fusion einer halb toten und einer halb kranken Firma eine kerngesunde ergeben hätte."
Der Berner BUND meint, es sei müssig, darüber zu diskutieren, ob die Zusammenlegung von Crossair und Swissair von den Ereignissen in den USA ausgelöst oder nur beschleunigt worden sei. So oder so könnte die Branche die Situation nutzen und sich vermehrt der Nüchternheit und der Qualität statt blinden Wachstumsphantasien verpflichten:
"Wo liegt der Nutzen, wenn für 400 Franken über den Atlantik geflogen werden kann?"
Kathrin Boss Brawand

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