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Schweizer Archivare schlagen Alarm

Die traditionelle Art der Archivierung ist out. Keystone

Die Archivare warnen, dass ein kollektiver Gedächtnisverlust drohe. Noch sei unklar, wie elektronische Daten auf lange Zeit archiviert werden könnten.

Dieser Inhalt wurde am 29. März 2002 publiziert Minuten

Elektronische Daten aus der Frühzeit des elektronischen Zeitalters seien bereits verloren gegangen oder ernsthaft gefährdet: zum Beispiel frühe Volkszählungs--Daten oder Steuerunterlagen ab zirka 1970.

Dies sagte Thomas Schärli, Projektleiter einer Strategiestudie, welche der Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA) und die Schweizerische Archiv-Direktorenkonferenz bei PriceWaterhouseCoopers in Auftrag gegeben haben. Anlass gab die ungelöste Frage, wie elektronische Daten längerfristig "konserviert" werden können.

Damit etwa die Online-Versteigerung von UMTS-Linzenzen der Nachwelt erhalten bleiben kann, müssen neue Speicher-Technologien geschaffen werden. Noch unklar ist auch, wie Daten auf PC-Festplatten, Disks oder CDs auf längere Zeit erhalten werden können. Die heutige Technologie erlaube lediglich eine Speicherung von rund 15 Jahren, sagte Schärli.

Die Informatisierung von Daten treffe Archive mitten in ihrem Lebensnerv, sagte er weiter. Das Risiko eines "kollektiven Gedächtnisverlustes" sei noch nie so gross gewesen wie heute. Es bestehe Handlungsbedarf - etwa auf technischer Ebene. Die Lösung für eine dauerhafte Archivierung elektronischer, digital gespeicherter Daten müsse erst noch gefunden werden.

Elektronisches Langzeitarchiv

PriceWaterhouseCoopers (PWC) steckt in ihrer Studie den Handlungsbedarf bis ins Jahr 2010 ab. Die Beratungsfirma schlägt ein konzertiertes Vorgehen vor. Kurzfristig müsse eine gesamt-schweizerische Koordinations- und Beratungsstelle aufgebaut werden, sagte PWC-Vertreter Niklaus Lundsgaard-Hansen.

Längerfristig könne dieses zum zentralen elektronischen Langzeitarchiv ausgebaut werden, zu einem gesamt-schweizerischen Kompetenz- und Dienstleistungs-Zentrum.

Doch dazu müssten erst die Grundlagen geschaffen werden, etwa einheitliche Standards bezüglich der sogenannten Meta-Daten (Daten, welche die Entstehung eines Textes dokumentieren) oder bezüglich des Record-Managements (systematische Aktenführung).

Viele öffentliche Verwaltungen hätten das Problem bereits erkannt und seien daran, ein professionelles Records-Management aufzubauen. Auch beim Bund werde an der Einführung eines Standard-Systems gefeilt. Zudem stehe das Thema in vielen Kantonen auf der politischen Traktandenliste.

Die Archivierung kostet

Der Aufgabenbereich der Archivarinnen und Archivare werde sich verlagern, sagte Peter Hoppe, Präsident der Schweizerischen Archiv-Direktorenkonferenz. So würden sie künftig Verwaltungs-Organe vermehrt schon bei der Herstellung von Informationen beraten.

Die Archivierung elektronischer Daten kostet. Bis zum Jahr 2010 müssten die öffentlichen Archive des Bundes, der Kantone und des Fürstentums Lichtenstein mit zusätzlichen Ausgaben von 25 Mio. Franken rechnen, schreibt PWC. Für den Aufbau eines E-Government-tauglichen Records Managements müsse mit 100 Mio. Franken gerechnet werden.

swissinfo und Agenturen

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