Schweiz sichert Jugoslawien Finanz- und Rechtshilfe zu
Der Gesundheitszustand des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic ist nach seiner Auslieferung an das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag stabil. Jugoslawien erhält von der EU Finanzhilfe in Millionenhöhe und von der Schweiz Rechtshilfe.
Jugoslawiens ehemaliger Präsident Slobodan Milosevic war in der Nacht zum Freitag (29.06.) von Belgrad in die Niederlande geflogen worden. Nach einer mehrstündigen Reise kam er am frühen Morgen per Helikopter im Gefängnis in Scheveningen bei Den Haag an. Dort ist ein Trakt für Untersuchungshäftlinge des Tribunals reserviert.
Milosevic wurde nach Angaben von Anstaltsleiter Timothy McFadden routinemässig unter Beobachtung gestellt. Milosevic werde rund um die Uhr per Video überwacht und alle 20 Minuten von einem Wärter kontrolliert, sagte McFadden. Bei einer ärztlichen Untersuchung unmittelbar nach Milosevics Ankunft im Gefängnis seien keine Anhaltspunkte für eine ernsthafte Erkrankung aufgetreten, sagte Landale. «Alles ist ruhig und ohne Auffälligkeiten verlaufen», sagte er. Weitere Tests seien geplant.
Milosevic-Gelder auf Schweizer Banken?
Jugoslawien bittet die Schweiz um Rechtshilfe im Fall des ehemaligen Präsidenten Slobodan Milosevic. Das Gesuch ist am vergangenen Mittwoch in Bern eingetroffen, wie Folco Galli, Sprecher des Bundesamtes für Justiz, sagte. Berichte über Gelder Milosevics auf Schweizer Konten haben sich bisher nicht bestätigt.
Zum Inhalt des Rechtshilfegesuchs machte Galli am Freitag keine Angaben. Er stellte weitere Informationen für den kommenden Montag in Aussicht. Presseberichte, wonach Milosevic bis zu einer Milliarde Dollar ins Ausland, darunter auch in die Schweiz, geschafft haben soll, haben sich bisher nicht erhärtet. Die Schweiz geht zwar Spuren von Geld- und Goldtransfers nach. Vom mittlerweile ans UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellten jugoslawischen Ex-Diktator sind aber in der Schweiz bisher keine Gelder aufgetaucht.
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) sind im Zuge der von der Schweiz nachvollzogenen EU-Sanktionen gegen Jugoslawien noch immer rund zwölf Mio. Franken gemeldet und damit blockiert. Die Gelder gehören Personen aus dem ehemaligen Regierungsumfeld des Ex-Diktators, wie Roland Vock, Leiter des Ressorts Exportkontrollpolitik und Sanktionen im seco, am Freitag sagte. Unter das Sanktionsregime der Schweiz fallen gegenwärtig noch 600 Personen. Laut Vock dürfte diese Liste bald auf 13 Personen reduziert werden, wie dies die EU schon gemacht habe.
Gleichzeitig ermittelt das seco im Fall von noch 42 Kilogramm Gold, die im vergangenen September aus Jugoslawien in die Schweiz importiert wurden und deren Verkauferlös an eine zypriotische Firma ging. Das seco untersucht, ob dabei Geld an staatliche Einrichtungen Jugoslawiens oder unter die Sanktionen fallende Personen zurückgeflossen ist. Die Schweizer Behörden haben Zypern um Rechtshilfe in dem Fall gebeten und warten noch auf Antworten zu den Besitzverhältnissen der Firma.
Insgesamt waren vergangenen Herbst in zwei Tranchen 273 Kilogramm Gold aus Jugoslawien in der Schweiz aufgetaucht. Der Verdacht auf eine Umgehung des Embargos hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Auch Untersuchungen zu einem Rechtshilfegesuch, mit dem das Haager Tribunal im Juni 1999 die Sperrung der Vermögenswerte von Mitgliedern der damaligen Belgrader Regierung ersucht hatte, haben noch nichts zu Tage gefördert. Die Schweiz hatte damals eine vorsorgliche Kontensperre angeordnet und eine Meldepflicht eingeführt. Bis am Freitag waren aber laut Folco Galli weder Gelder gemeldet noch blockiert worden.
EU-Kommission sagt Belgrad zusätzliche Finanzhilfe zu
Die EU-Kommission hat Jugoslawien Beihilfen und Kredite in Höhe von 795 Mio. Franken zugesagt. Sie würden zusätzlich zu den Geldern gezahlt, die von den 15 EU-Staaten bei der Geberkonferenz in Brüssel schon zugesagt worden seien, teilte die EU-Kommission am Freitag mit.
Vertreter aus rund 40 Ländern verhandeln an der Geberkonferenz über Finanzhilfen von umgerechnet über 2 Mrd. Franken. Am Vortag hatte die serbische Regierung mit der Überstellung des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic an das UNO-Tribunal in Den Haag eine Bedingung für internationale Hilfen erfüllt.
Jugoslawiens stellvertretender Ministerpräsident Miroljub Labus erklärte in Brüssel, das Geld solle vor allem für den Wiederaufbau der Infrastruktur verwendet werden, für Strassen, Schienenwege und Brücken. Zudem sollten die Gehälter von Lehrern, Ärzten und wichtigen Angestellten des öffentlichen Dienstes angehoben werden.
Die Geberländer seien nun hoffentlich «ermutigt», ihre Gelder schneller auszuzahlen und weitere Hilfen, vor allem für private Investitionen, zu vereinbaren, hatte Vize-Ministerpräsident Miroljub Labus zu Beginn der Geberkonferenz erklärt. Labus versicherte, die Regierung in Belgrad werde auch die «ehrgeizigen wirtschaftlichen Reformen» weiter durchsetzen. «Wir haben das Unsrige getan. Jetzt ist es an Ihnen», rief er den Teilnehmern der Konferenz zu.
Zu dem Treffen versammelten sich Vertreter aus rund 40 Ländern sowie verschiedener Organisationen. Notwendig sind in diesem Jahr nach Ansicht der Weltbank und der Europäische Union, rund 1,25 Mrd. Dollar. Die Schweiz will in Brüssel ihr Engagement bekräftigen und sich «unabhängig vom Ausgang der Konferenz» für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit einsetzen. Bedingung sei, dass «Jugoslawien seinen Weg der demokratischen Reformen weitergeht», hatte es im Vorfeld der Konferenz geheissen.
swissinfo und Agenturen

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