Salzgitter arbeitet sich langsam aus Krise - Chefnachfolge geklärt (Zus.)
SALZGITTER (awp international) - Der zweitgrösste deutsche Stahlhersteller Salzgitter arbeitet sich nach einem verlustreichen Jahr langsam aus der Krise. Der Konzern rechnet für 2010 mit einem zweistelligen Millionen-Euro-Gewinn vor Steuern. Damit bestätigte der Vorstand bei der Bilanz-Pressekonferenz am Freitag seine Prognose vom Monatsbeginn. Zugleich warnte er erneut vor erheblichen Risiken. Für das kommende Jahr gab sich der Konzern vorsichtig optimistisch. Dann bekommt das Unternehmen mit Finanzchef Heinz Jörg Fuhrmann einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Er löst im Juli 2011 Wolfgang Leese ab, der in den Ruhestand geht. Die Aktie gab nach der Bilanzvorlage ihre Tagesgewinne ab und notierte bis zum Nachmittag leicht im Minus. Börsianer hatten auf eine optimistischere Prognose gehofft.
Grosse Sorgen macht dem Unternehmen die Entwicklung der Rohstoffpreise. Die Bergbaukonzerne wollen nach dem Krisenjahr wieder hohe Preissteigerungen durchsetzen. Sie haben wegen der starken Nachfrage aus China eine komfortable Verhandlungsposition. Bei Kokskohle würden Preissteigerungen von bis zu 100 Prozent befürchtet, bei Eisenerz könnten es 50 bis 60 Prozent sein, erklärte Salzgitter-Chef Leese. Dagegen könne sein Unternehmen wenig machen. "Wir sind die Getriebenen." Leese kündigte an, dies an seine Kunden weitergeben zu wollen. "Wir können das nicht allein kompensieren."
DIVIDENDE SINKT DRASTISCH
2009 hatte Salzgitter erstmals seit 16 Jahren Verluste geschrieben. Leese sprach von einem "katastrophalen Jahr". Unterm Strich musste das Unternehmen einen Verlust von 387 Millionen Euro hinnehmen. Im Vorjahr hatte der Stahl- und Röhrenhersteller noch knapp 677 Millionen Euro Gewinn gemacht. Salzgitter war von der Krise massiv getroffen worden. Die Rückgänge bei den wichtigsten Kunden - wie im Auto- und Maschinenbau - hatten zu einem dramatischen Schwund bei Aufträgen und Auslastung geführt. Die Preise verfielen. Der Umsatz brach um mehr als ein Drittel auf 7,8 Milliarden Euro ein. Vor Steuern schrieb das Unternehmen 497 Millionen Verlust, nach über einer Milliarde Gewinn im Jahr zuvor.
Das bekommen auch die Aktionäre zu spüren: Die Dividende sinkt auf 25 Cent je Anteilschein. Insgesamt werden damit 15,1 Millionen Euro ausgezahlt. Im vergangenen Jahr schütteten die Niedersachsen noch 1,40 Euro pro Aktie aus, im Jahr davor waren es 3 Euro.
VERHALTENER JAHRESBEGINN
Den Beginn des laufenden Jahres bezeichnete der Vorstand als "verhalten". Finanzchef Fuhrmann stellte für das erste Quartal eine "schwarze Null" in Aussicht. Das sei aber auch von der Entwicklung des Dollarkurses abhängig. Im Laufe des Jahres sollen sich die Ergebnisse dann verbessern. Für die meisten Konzernbereiche sei eine Belebung erkennbar. So zögen etwa gerade Bestellungen aus der Automobilindustrie unerwartet kräftig an.
Derzeit seien die Kapazitäten im gesamten Unternehmen wieder zu 90 bis 95 Prozent ausgelastet. Auf dem Höhepunkt der Krise waren es teilweise weniger als 50 Prozent. Seinen wegen der Krise stillgelegten dritten Hochofen fährt Salzgitter inzwischen wieder hoch. Die mittel- und langfristigen Aussichten seien für alle Konzerngesellschaften intakt, betonte Leese. Der Konzern verfüge über eine solide finanzielle Basis, die es erlaube, die kommenden Monate einer anhaltend unsicheren Wirtschaftslage zu bestehen.
KEINE GEEIGNETEN ZUKÄUFE GEFUNDEN
Kurzarbeit soll es dennoch auch in diesem Jahr geben. Ihr Ausmass sei aber mit derzeit rund 2.200 betroffenen Beschäftigten sehr viel geringer als 2009. Im April und Mai vorigen Jahres hatten rund 8.500 der insgesamt rund 25.000 Beschäftigten kurz gearbeitet. Der Konzern kam in der Krise anders als Konkurrent ThyssenKrupp ohne grösseren Stellenabbau aus. Trotzdem gelang es Salzgitter, die Kosten um rund 270 Millionen Euro zu drücken. Für 2010 ist ein Gesamtvolumen von insgesamt 260 Millionen Euro vorgesehen.
Zu möglichen Zukäufen wollte sich der Vorstand nicht äussern. In der Krise habe Salzgitter den Markt nach möglichen Zielen sondiert, aber zunächst keine gefunden, sagte Leese. Ob der Konzern seine Beteiligung am Kupferhersteller Aurubis erhöhen will, liess er ebenfalls offen. Salzgitter hat dort eine Beteiligung von gut 25 Prozent. Leese betonte, dass dies eine reine Finanzbeteiligung sei./nl/edh/tw