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RÜCKVERSICHERUNG/Erdbeben verteuern Tarife - Munich Re fürchtet Risiko-Ketten

Dieser Inhalt wurde am 12. September 2011 - 06:32 publiziert

MONTE CARLO (awp international) - Japan-Beben, Tornado-Serie, Australien-Hochwasser: Angesichts der teuren Naturereignisse seit Jahresbeginn hofft die Rückversicherungsbranche wieder auf höhere Prämien im Katastrophengeschäft. Zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 warnte der weltgrösste Rückversicherer Munich Re unterdessen vor der Verkettung unterschiedlichster Risiken weltweit. "Wir haben mit neuen Risiken zu tun, die die Folge einer globalisierten Welt sind", sagte Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek am Sonntag beim Branchentreffen "Rendez-Vous de Septembre" in Monte Carlo. So fehlten nach dem Erdbeben in Japan plötzlich wichtige Teile für die Industrieproduktion in Europa.
In Monte Carlo an der Cote d'Azur verhandeln Unternehmen wie Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück noch bis Donnerstag mit den Erstversicherern wie der Allianz um den Löwenanteil der Verträge in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung, die zum kommenden Jahreswechsel zur Verlängerung anstehen. Munich Re geht davon aus, die Preise im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt leicht anheben zu können.
"Wir erwarten vor allem Steigerungen in den von Naturkatastrophen betroffenen Gebieten", sagte Jeworrek. In denjenigen Bereichen, in denen es keine grossen Schäden gegeben habe, dürfte das Prämienniveau im Vergleich zum Vorjahr stabil bleiben. Mit versicherten Katastrophenschäden von 60 bis 70 Milliarden US-Dollar alleine in den ersten sechs Monaten zählen die grossen Rückversicherer das Jahr 2011 schon jetzt zu den schadenträchtigsten der Geschichte.
Die Ratingagenturen sind sich noch nicht einig, ob die hohen Schäden das Prämienniveau im Rückversicherungsgeschäft insgesamt nach oben treiben. "Wir haben positive Anzeichen für steigende Preise gesehen", sagte John Andre von der auf Versicherer spezialisierten Agentur A.M. Best. Auch die Experten von Moody's sind positiv gestimmt. "Die Erstversicherer haben in den vergangenen Jahren viele Risiken selbst getragen und dafür teuer bezahlt", sagte Moody's-Analyst Dominic Simpson. Daher dürften sie jetzt wieder mehr Rückversicherungsschutz einkaufen und für höhere Prämien sorgen.
Skeptischer sind die Kollegen von Standard & Poor's. "Markante Preiserhöhungen haben wir nur in den Regionen und Sachgebieten gesehen, die von den Katastrophen getroffen wurden." Die Ratingagentur Fitch macht einen Preisanstieg von dem Verlauf der Wirbelsturmsaison in den USA abhängig. Hurrikan "Irene", der nach Einschätzung der Munich Re versicherte Schäden von sieben Milliarden US-Dollar verursacht hat, dürfte die Preisentwicklung nicht entscheidend beeinflussen. Die Munich Re rechnet damit, für "Irene" mit einem niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag geradestehen zu müssen. Das Ziel, trotz der Katastrophen 2011 einen Nettogewinn zu erzielen, stehe jedoch, sagte Jeworrek dem "Tagesspiegel". Auch die Dividende will der Konzern mit 6,25 Euro stabil halten.
Besser wappnen will sich das Unternehmen unterdessen gegen die Verkettung von Risiken, wie sie vor zehn Jahren nach den Anschlägen auf das New Yorker World Trade Center und jetzt nach dem Beben in Japan deutlich wurden. Nachdem der Aufprall zweier Verkehrsflugzeuge 2001 das World Trade Center in New York zum Einsturz gebracht und tausende Menschen in den Tod gerissen hatte, liefen bei den Versicherern unerwartete Folgeschäden auf. So wurden die Flughäfen gesperrt, die dortigen Geschäfte mussten ihren Betrieb einstellen und nahmen dafür ihre Versicherungen in Anspruch. Die Versicherer hatten zugleich die Turbulenzen an den Aktienmärkten verkraften, die infolge der Anschläge ausbrachen. Im März 2011 zeigte nun das Erdbeben in Japan, wie sehr die Industrie in Europa von Zulieferungen aus Fernost abhängig ist.
Zusammenhänge zwischen Risiken vorab zu erkennen, könne für einen Versicherer "eine Frage des Überlebens" sein, sagte Jeworrek. "Risiken sind nur versicherbar, wenn die möglichen Verluste messbar sind und Schäden zufällig eintreten." Das Erdbeben in Japan kostet den Rückversicherer voraussichtlich 1,5 Milliarden Euro. Dabei spielen Betriebsausfälle und die Unterbrechung von Lieferketten eine wichtige Rolle. Die Unternehmen sind heute oft spezialisiert, haben viele Zulieferer im Ausland und halten selbst keine grossen Lagerbestände mehr.
Künftig will die Munich Re Betriebsausfall-Risiken zu anderen Bedingungen versichern, da die Zusammenhänge zu intransparent seien. Zudem denkt Jeworrek darüber nach, bei der Übernahme bestimmter Katastrophenrisiken künftig eine Obergrenze einzuziehen und damit die mögliche Belastung zu begrenzen./stw/edh

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