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Rettungsprojekt für ägyptische Kultstätte

Rettung in letzter Not: Dem Osireion droht nach viereinhalb Tausend Jahren der Zerfall. Ursula Wüthrich und Pascal Thönen

Das Osireion, eine altägyptische Kultstätte, ist baufällig. Berner Geologen und Bauingenieure arbeiten an der Rettung des Ortes.

Dieser Inhalt wurde am 13. Februar 2005 publiziert Minuten

Ziel ist es, Form und Funktion möglichst zu erhalten oder wieder herzustellen.

Das Osireion in Abydos ist eine der bedeutendsten altägyptischen Kultstätten. Während Tausenden von Jahren pilgerten die alten Ägypter dorthin, um Osiris zu verehren, der dort begraben sein soll. Oder zumindest sein Haupt.

Der Ort hatte für sie etwa die gleiche Bedeutung wie Mekka für die Moslems. Osiris gilt als der eigentliche Vater der pharaonischen Kultur.

Erschreckender Zustand

Das Osireion liegt im Niltal rund 560 Kilometer südlich von Kairo und 120 Kilometer nördlich von Luxor. Es ist eine der bedeutendsten und ältesten Kultstätten. Sie wurde vor ungefähr viereinhalb Tausend Jahren erbaut.

Die einstige Bedeutung sieht man ihr aber nicht mehr an. "Erschreckend", nennt Theo Abt den heutigen Zustand des Osireion in Abydos. Er ist Präsident der Gesellschaft der Freunde ägyptischer Königsgräber und Dozent für Agrarwirtschaft an der ETH Zürich. Von ihm stammt ursprünglich die Idee zum Projekt in Ägypten.

Symbol des Lebens

Das Osireion ist so breit wie ein Fussballfeld, knapp doppelt so lang und in mehrere Kammern unterteilt. Wichtiger Bestandteil ist ein Graben, der mit dem Nil verbunden ist. Dieser Graben umschliesst eine Art Insel, die nur bei Nilhochwasser überschwemmt wurde. Die Insel sollte das Leben symbolisieren, das nach den Fluten immer wieder entsteht.

Steigender Wasserspiegel

Wasser spielte für diese Kultstätte immer eine bedeutende Rolle, doch nun ist es zum grössten Problem geworden. Die Insel wird heute nicht mehr periodisch überschwemmt, sie ist mittlerweile ständig unter Wasser.

"Ein Haufen Steine in einem Wasserloch", beschreibt Christian Schlüchter drastisch, was ursprünglich das Leben symbolisieren sollte. Nicht nur im Osireion, im ganzen Niltal ist der Wasserspiegel gestiegen, für die meisten klar eine Folge des Staudammbaus.

Schäden unausweichlich

Für den Berner Geologieprofessor ist das noch nicht erwiesen. Möglich wäre auch ein Absinken der ganzen Region, die sich in einer geologischen Dehnungszone befinde. Wie auch immer, jedenfalls steht in dem bedeutenden Bauwerk nun das Wasser überall ständig zu hoch.

Weil die Sonne in Ägypten oft und heiss scheint, steigt viel Wasser durch die Steine nach oben und verdunstet. Zurück bleiben Salze, die auskristallisieren und so die Steine langsam zerstören.

Weit hergeholt

Die Berner Geologen haben zunächst mal alle Bausteine untersucht. Welche Schäden haben sie genau und weshalb? Welche Steine muss man ersetzen? Woher stammten sie ursprünglich? Denn ein allfälliger Ersatz sollte möglichst echt sein.

Die feinkörnigen, sehr anfälligen Kalke und die roten und gelben Sandsteine kommen aus Steinbrüchen in der weiteren Umgebung. Doch im Osireion findet sich auch ein kostbarer roter Granit. Diesen Rosengranit schafften die Baumeister tonnenweise aus Aswan heran, das immerhin 350 Kilometer flussaufwärts liegt.

Verschiedene Varianten

Studierende der Hochschule für Architektur, Bau und Holz in Burgdorf (HSB) haben anschliessend vier Vorschläge erarbeitet, wie die Kultstätte bautechnisch zu sanieren wäre, um zumindest den weiteren Verfall zu stoppen.

Die Variante, die sie bevorzugen, ist die aufwendigste, würde das Bauwerk aber langfristig erhalten. Sie sieht unter anderem einen kompletten Ausbau aller Steine vor. Der Boden wird abgedichtet und Steine, wenn nötig, ersetzt. Schlussendlich wird alles wieder eingebaut wie vorher.

Ziel ist es, alles möglichst originalgetreu zu erhalten und wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch die periodischen Überschwemmungen sollen wieder stattfinden können wie früher. Welche der vorgeschlagenen Varianten verwirklicht werden wird, entscheiden die zuständigen ägyptischen Behörden.

Pionierprojekt



Die Zusammenarbeit von Universität und Fachhochschule, so Heinz Müller, der Direktor der Burgdorfer Fachhochschule, habe einen gewissen Pioniercharakter und solle möglichst weitergeführt und in Zukunft häufiger werden. Nimmt man noch Theo Abt von der ETH Zürich dazu, so sind bei diesem Projekt alle drei Schweizer Hochschultypen vertreten.

swissinfo, Antoinette Schwab

Fakten

Das Osireion liegt in Abydos im Niltal, rund 560 Kilometer südlich von Kairo und 120 Kilometer nördlich von Luxor.
Es wurde vor rund viereinhalb Tausend Jahren erbaut.
Die Alten Ägypter verehrten dort die Gottheit Osiris, Vater der pharaonischen Kultur.
Daneben steht der Tempel von Ramses II und Sethos I.

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In Kürze

Das Osireion ist eine der ältesten ägyptischen Kultstätte.

Sie ist vom Untergang bedroht.

Grund ist in erster Linie das gestiegene Grundwasser.

Berner Geologen und Burgdorfer Bauingenieure haben das Bauwerk untersucht.

Sie haben ein Projekt zu seiner Rettung erarbeitet.

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