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Radikaler Umbau der Universitäten geplant

Bringt ein Radikalumbau der Universitäten Verbesserungen oder Verschlechterungen? Keystone

Der Druck auf die Universitäten und Hochschulen, nicht wettbewerbsfähige Fachbereiche zu schliessen, gibt Anlass zu hitzigen Debatten.

Dieser Inhalt wurde am 11. September 2003 publiziert Minuten

Mit den Reformen sollen die Ressourcen im universitären Bildungswesen besser kanalisiert werden.

Die Rektoren von Universitäten und Hochschulen sollen noch diese Woche mit Regierungsbeamten zusammentreffen. Diskutiert werden die Massnahmen, die der Schweizerische Wissenschafts- und Technologierat (SWTR) kürzlich vorgeschlagen hat. Der SWTR berät den Bundesrat in Bildungsfragen.

"Anstatt wie Gemüsehändler an der Strassenecke möglichst alles gleichzeitig anbieten zu wollen, sollten sich die Universitäten dieses Landes auf ihre jeweiligen Stärken besinnen", sagt Professor Gottfried Schatz gegenüber swissinfo.

Das bedeute, so der SWTR-Präsident weiter, dass sie "vor allem jene Bereiche abdecken, in denen sie sich auf einem international vergleichbaren Niveau befinden".

Der Bund, der sich die Finanzierung der Hochschulen mit den Kantonen teilt, würde dann nur noch solche Fakultäten unterstützen, deren Lehr- und Forschungsbetrieb "den höchsten internationalen Standards genügt".

Den zehn Universitäten und zwei technischen Hochschulen der Schweiz soll somit eine stromlinienförmigere Struktur verpasst werden.

Vertreter des "Verbands Schweizer Studierendenschaften" (VSS) sind geschockt ob den Vorschlägen, die das universitäre Bildungswesen im Land radikal reformieren würden.

Das Aus für kleinere Disziplinen



Falls diese Evaluation professionell und korrekt vorgenommen würde, dürften manche kleinere Disziplinen von den Universitäten verschwinden, die heute noch von ihnen durchgefüttert werden, fügt Schatz bei. Diese Disziplinen erhielten keine Unterstützung mehr.

Charles Kleiber, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, bekräftigt gegenüber swissinfo, dass seine Gruppe die Vorschläge des SWTR unterstütze: In der Schweiz gebe es "zu viele Fakultäten, deren kritische Masse nicht gross genug ist".

"Wir werden die Universitäten ersuchen, ihre Aktivitäten auf gewisse Bereiche auszurichten, so dass sie ein oder zwei Kompetenzzentren aufweisen können. Es kann nicht jeder alles machen", fügt er hinzu

Die Gruppe für Wissenschaft und Forschung, der Kleiber vorsteht, hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese bereitet einen Gesetzesentwurf vor, der dem Parlament vorgelegt werden soll.

Stösst der Entwurf auf keinen nennenswerten Widerstand, sollte dieses "Gesetz zur Förderung der Universitäten" im Jahr 2005 im Parlament behandelt werden.

Grösser und besser?...

Kleiber ist überzeugt, dass ein "breiter Konsens" darüber besteht, wie das Hochschulsystem in Zukunft aussehen soll. Er betont, die Veränderungen würden die Vielfalt erhalten helfen und gleichzeitig hohe Standards herbeiführen.

Ob es denn wirklich an drei Universitäten Sanskrit oder Ägyptologie brauche, fragt Kleiber. "Könnten die nicht zusammengefasst werden zu einer Fakultät, die dann grösser und besser wäre?"

Die Schweizer Universitäten haben lange über die Notwendigkeit einer Gesamtrevision diskutiert, begleitet von Befürchtungen rund um Finanzierung, fallende akademische Standards und zu grosse oder zu kleine Studentenzahlen in gewissen Fächern.

Allerdings: Die Rektoren der Schweizer Universitäten haben gemäss Recherchen von swissinfo die SWTR-Vorschläge erst gerade zur Begutachtung erhalten.

Und die Vertreterinnen und Vertreter des Studierenden-Dachverbandes VSS sagen gegenüber swissinfo, sie seien erstaunt über die Vorschläge, gewisse Fachbereiche ganz zu schliessen.

...oder Verschlechterung der Situation?

VSS-Präsidentin Lea Brunner erklärte, ihre Vertretenden hätten sich mit Bundesbehörden getroffen, um über die "Kompetenzzentren" zu sprechen. Aber niemand habe realisiert, dass die Vorschläge zum Gesetz bereits in Arbeit seien.

Die Rektorenkonferenz der Schweizerischen Universitäten will zurzeit keine Stellungnahme zu den Vorschlägen abgeben. Es wird auf die baldige Aussprache mit Kleiber verwiesen.

Auch der VSS wird Ende September mit den Bundesvertretern zusammenkommen. Ihr Misstrauen verhehlt Lea Brunner nicht: "Wir sind nicht überzeugt, dass sich die Wahlmöglichkeiten der Studierenden verbessern, wenn sie gezwungen werden, in einen anderen Kanton umzuziehen, weil sie ihr Fach nur dort belegen können."

swissinfo, Tania Peitzker
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Fakten

In der Schweiz gibt es ca. 120'000 Studierende.
Die Universitäten sind im internationalen Vergleich eher klein.
An der Uni Zürich studieren (inkl. angeschlossene Institute) rund 20'000 Personen, in Genf sind es 11'000.

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In Kürze

Gemäss dem Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierat soll die Arbeitsteilung unter den Universitäten und technischen Hochschulen vorangetrieben werden.

Jede Universität soll sich auf ihre besten akademischen Kompetenzen besinnen, Fachbereiche sollen zusammengelegt werden.

Die Debatte um diesen Radikalumbau der 8 kantonalen Universitäten (Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Zürich) und 2 technischen Hochschulen des Bundes (Lausanne, Zürich) hat erst begonnen.

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