Presseschau vom 19.12.2002
Der Entwurf zum neuen Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) wird von den Zeitungen zwar nicht als Glanzleistung angesehen, dennoch ist man mit dem Resultat im Allgemeinen zufrieden.
Der Verzicht von CS-Konzernchef Lukas Mühlemann auf eine Abgangsentschädigung ist weiteres Thema.
Das neue RTVG sei ein recht guter Entwurf, schreibt die BASLER ZEITUNG,
aber
"es hätte nur noch etwas konsequenter sein dürfen".
Doch weil es eine starke SRG garantiere, habe das Gesetz gute Chancen:
"Die Zeiten, in denen die Privatisierung der SRG gefordert wurde, sind nämlich definitiv vorbei. Gefragt ist wieder Service public - auch in Form einer starken 'SRG idée suisse'."
Nicht einverstanden ist der TAGES-ANZEIGER mit dem Gebührensplitting. Dieses sei der politische Preis, den der Bundesrat zahlen möchte, um im Gegenzug eine starke SRG zu legitimieren, schreibt der TAGI:
"Ein Gebührensplitting ist medien- und ordnungspolitisch fragwürdig. Sinnvoller ist eine klare Trennung: Gebühren dem Staatssender und grösstmögliche Werbefreiheiten den Privaten."
Statt eines Gebührensplits wäre eine günstigere Struktur der SRG vonnöten, meint der TAGI weiter:
"Zu viel Geld geht dort beispielsweise in die aufgeblähte Generaldirektion. (...) Das gesparte Geld könnte ins Programm investiert werden. Oder besser noch in Form einer Gebührenreduktion den Konsumenten zugute kommen."
Ähnlich kommentiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Unter dem Titel "kontraproduktives Gebührensplitting" schreibt sie:
"Insgesamt handelt es sich um eine sanfte Renovation, welche aber mit dem Ausbau des Gebührensplittings medienpolitische Grundlinien, also die klare Trennung zwischen öffentlichem und privatem Rundfunk, weiter verwischt."
Als "Ärgernis" bezeichnet die NZZ die "massive Privilegierung der SRG". Aber:
"Leider lässt sich dies nicht vermeiden, da der hiesige Medienmarkt klein und im Fernsehbereich einer kapitalkräftigen internationalen Konkurrenz ausgesetzt ist. Die Erhaltung einer starken SRG liegt im staatspolitischen Interesse der Schweiz."
Die BERNER ZEITUNG ist der Meinung:
"Wer zum Honigtopf der Gebührengelder zugelassen wird, soll auch ein Mindestmass an Qualität bieten. Dies gilt nun ebenfalls für die lokalen und regionalen TV-Stationen, die vor allem ausserhalb der Grossagglomerationen ein ziemlich handgestricktes und bisweilen peinliches Fernsehen machen."
Der BUND schlägt vor:
"Allerdings müssten die zusätzlichen Gelder an private Radio- und TV-Stationen an einen überprüfbaren Leistungsauftrag geknüpft werden."
Verzicht auf "goldenen Fallschirm"
"Lukas Mühlemann erspart sich und der Credit Suisse weiteren Ärger und verzichtet auf eine Abgangsentschädigung",
berichtet der TAGES-ANZEIGER.
Die BERNER ZEITUNG spricht von "Vernunft" und "neuer Moral" und ist der Meinung, mit dem Verzicht
"soll ein Zeichen gesetzt und weiterer Imageschaden abgewendet werden".
Für die Genfer Zeitung LE TEMPS ist der Entschädigungsverzicht des zurückgetretenen Konzernchefs der Credit Suisse eine Karikatur auf der Titelseite wert: Lukas Mühlemann verlässt das Bankgebäude und sagt seinem Chauffeur:
"Ich verzichte auf eine Abgangsentschädigung zugunsten des Schadens, den ich angerichtet habe."
Und der BLICK frohlockt:
"Einer hats begriffen."
Lukas Mühlemann tue der Wirtschaft einen guten Dienst und verzichte auf den "goldenen Fallschirm":
"Sein Verzicht auf eine millionenschwere Abgangsentschädigung wird Druck machen auf künftige Abkassierer. (...) Nun scheint es, es halte wieder Anstand Einzug in die Teppichetage."
swissinfo, Alina Kunz Popper

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