Navigation

Presseschau vom 12.09.2003

Die Ermordung der schwedischen Aussenministerin Anna Lindh schockiert die Schweizer Zeitungen.

Dieser Inhalt wurde am 12. September 2003 publiziert Minuten

Demokratie dürfe sich der Gewalt nicht beugen, fordern die Kommentatoren.

"Mit Lindh verliert Schweden einen Teil seiner Zukunft",

ist die AARGAUER ZEITUNG überzeugt.

"Die erst 46-jährige Politikerin galt als grösste Hoffnung der Sozialdemokraten, zählte zu den beliebtesten Politikerinnen ihres Landes und wurde als mögliche Nachfolgerin von Ministerpräsident Göran Persson gehandelt."

Für die AARGAUER ZEITUNG hat der politische Mord eine lange Tradition. Allerdings gebe es "gewichtige Unterschiede":

"In menschenverachtenden Diktaturen gibt es wahrscheinlich gar gute Gründe für den Tyrannenmord. Anders sieht es aus bei demokratischen Systemen, bei denen es ausdrücklich vorgesehen ist, dass man eine Regierung abwählen kann."

Die Demokratie biete Gewähr, dass politische Differenzen ohne Gewalt ausgetragen werden könne, betont der Kommentator und kommt zum Schluss:

"Also sollte man doch davon ausgehen können, dass sich politische Morde nicht lohnen."

Doch, so hebt der TAGES ANZEIGER hervor, das begreifliche Verlangen, solche Attentate dürften sich nicht wiederholen,

"muss enttäuscht werden. Es wird auch künftig Attentate, Flugzeugabstürze und Naturkatastrophen geben".

Für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hat der "feige Attentäter nicht nur eine der beliebtesten Figuren niedergestochen, sondern seinen Dolch mitten ins Herz des schwedischen Selbstverständnisses gestossen".

Die Vorahnung, dass möglicherweise auch dieser Mord ungesühnt bleibe wie im Falle des Ministerpräsidenten Olof Palme vor 17 Jahren, nage schon jetzt an den Nerven.

"Die Tragödie um den Tod Lindhs könnte also bald zum Trauma werden",

befürchtet die NZZ. Und:

"Es wird den Schweden schwer fallen, sich erneut mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Zeiten nicht vorbei seien, in denen sich Spitzenrepräsentanten von Politik und Wirtschaft in unbehinderter Volksnähe bewegen können."

Für absoluten Schutz müsste allerdings ein enorm aufwändiges Sicherheits-Instrumentarium installiert werden, doppelt der TAGES ANZEIGER nach.

"Das Leben, das man darin führen müsste, wäre kein lebenswertes Leben mehr."

Mehrere Zeitungen weisen darauf hin, dass dies auch für unsere Politiker gelte. Eine offene Gesellschaft könne Gefahren für ihre Politiker nur mindern, aber nicht völlig ausschliessen. Der TAGI plädiert für eine "offene Gesellschaft":

"Vor allem dürfen Volksvertreter das Volk, das sie vertreten, nicht meiden, nur weil sich in ihm ein möglicher Attentäter verstecken könnte: Sonst verlieren sie den Kontakt zur Wirklichkeit."

Auch DER BUND ist überzeugt:

"Die Debatten wird man auch in der Schweiz und in anderen 'Oasen des Friedens' verfolgen."

Dabei hebt der Kommentator hervor:

"Könnte die just wegen ihrer unkomplizierten, volksnahen Art beliebte Anna Lindh mitdiskutieren, würde sie wohl dafür plädieren, kühlen Kopf zu bewahren und den offenen Charakter der schwedischen Gesellschaft zu bewahren."

Einen ersten, zweifellos richtigen Schritt habe die Regierung bereits getan: Die Euro-Abstimmung finde wie geplant am Sonntag statt, stellen die meisten Zeitungen mit Genugtuung fest.

swissinfo, Alina Kunz Popper

Artikel in dieser Story

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Diskutieren Sie mit!

Diesen Artikel teilen

Passwort ändern

Soll das Profil wirklich gelöscht werden?