Presseschau vom 08.11.2002
Die Rentenantalt und der überraschende Abgang des VR-Präsidenten Andres Leuenberger ist grosses Thema in der Schweiz.
Aber auch eine verbotene Prominenten-Konfitüre schafft es in die Schlagzeilen.
Die Karikatur auf der Titelseite des TAGES-ANZEIGERS trifft den Volkstenor treffend. "Entenanstalt" heisst da der grösste Schweizer Lebensversicherer plötzlich. Fast ebenso plötzlich ist gestern Abend nach vorgängiger gegenteiliger Aussagen auch der VR-Präsident Andres Leuenberger zurückgetreten.
Die BASLER ZEITUNG schreibt :
"Nach CEO Roland Chlapowski hat nun auch Verwaltungsrats-Präsident Andres Leuenberger einsehen müssen, dass er bei der Rentenanstalt keine Zukunft mehr hat. Warum er diesen Entscheid eine Nacht hat überschlafen müssen, bleibt sein Geheimnis. Hat er auf ein Wunder gehofft, dass der Druck innert 24 Stunden abnehmen würde?"
Die BASLER ZEITUNG macht sich auch Gedanken über die Verfassung der Schweizer Topmanager:
"Reich aber kläglich gescheitert sind die Herren Barnevik, Lindahl, Hüppi, Mühlemann und Chlapowski abgetreten. Es wäre jedoch falsch, alle Wirtschaftsführer in einen Topf zu werfen."
Aber, so schreibt die BAZ, die Schweizer Wirtschaft sei besser als ihr Ruf.
"Tausende von kleinen und mittelgrossen Unternehmen sind global erfolgreich in Nischen tätig. Uhren-, Pharma-, Chemie- oder Lebensmittelkonzerne sowie zum Teil auch die Banken spielen in der obersten Weltliga mit. Sie bieten Anschauungsunterricht gegen den Grössenwahn".
Das Vertrauen in den Versicherer mag ob des Abgangs von VR-Präsident Andres Leuenberger zunehmen, fein raus sind die Verantwortlichen noch nicht.
"Scandale" schreibt die West-Schweizer Zeitung LE TEMPS:
"Alors que l'assureur fait l'objet de trois enquêtes approfondies suite à l'affaire lts, son président annonce sa démission. Während der Versicherer in drei Angelegenheiten in Zusammenhang mit der LTS-Affäre in die Mangel genommen wird, macht der VR-Präsident seinen Abgang".
Theoretisch würden die Führenden der Rentenanstalt mit Gefängnis oder Busse bestraft werden können, schreibt LE TEMPS, auch wegen Vertuschen oder Verharmlosen der Situation des Unternehmens gegenüber der Revisions-Gesellschaft.
Der BLICK seinerseits wagt Bedauern über das Schikal Andres Leuenbergers:
"Bitter für einen Mann, der als Präsident des Wirtschafts-Dachverbandes 'Economiesuisse' (1994-2001) zu den Mächtigsten in der Schweizer Wirtschaft gehörte."
Keine Confi mehr bei Tiffany
Viel wichtiger als die Rentenanstalt erscheint dem Boulevard-Blatt aber die Geschichte um eine verbotene Konfitüre. Auf Seite drei wird mit Bildern und dicken Lettern das Schweizer Schicksal von Audrey Hepburn thematisiert.
Die Söhne der Schauspielerin mit Weltruhm, die im West-Schweizer Dorf Tolonchenaz begraben ist, empören sich über das Museum im Dorf und liessen es über Nacht schliessen.
"Unsere Mutter wird mit Konfi und Kräutern vermarktet" zititiert sie der BLICK und macht daraus eine fette Schlagzeile.
Das Museum zu Ehren des Weltstars sei zu einem kitschigen Schrein - ähnlich von Elvis' Graceland verkommen. Der BLICK zitiert Hepburn-Sohn Sean Ferrer: "Tolonchenaz war ein Ort, wo meine Mutter leben konnte wie jeder andere und so behandelt wurde, wie jeder andere."
Wie die Tote in Tolonchenaz nach der Museums-Schliessung weiterlebt, bleibt aber auch dem BLICK weiter verborgen.
swissinfo, Anita Hugi

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