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Presseschau vom 08.09.2003

Das Seilziehen in der palästinensischen Führung sorgt auch in der Schweizer Presse für Spekulationen. Vor allem über die Zukunft von Palästinenser-Präsident Yassir Arafat.

Dieser Inhalt wurde am 08. September 2003 publiziert Minuten

Die Kommentatoren sind überzeugt, dass die viel besungene Road Map zum Frieden nach dem Rücktritt von Regierungschef Mahmud Abbas unrettbar verloren ist.

Schlimme Zeiten stünden an, und der Nahost-Friedensplan sei nach den jüngsten Entwicklungen nicht mehr als ein Stück Papier, schreibt die BASLER ZEITUNG unter der Überschrift:

"Zwei Völker sind die grossen Verlierer."

Der Rücktritt von Abbas lege auch das verfehlte Konzept bloss, mit dem die USA im Nahen Osten Politik machten.

So sieht das auch der Zürcher TAGES-ANZEIGER:

"US-Präsident Bush wollte den Nahen Osten im Hauruck-Verfahren demokratisieren und von seinen Despoten befreien. Ohne Konzepte und Durchhaltewillen."

Folgerichtig sei der Friedensfahrplan jetzt auch auf der "Müllhalde der Geschichte" gelandet. Und der lachende Dritte, so der TAGI, sei wie stets Palästinenser-Präsident Yassir Arafat. Das sei aber keine Lösung, denn dieser herrsche über sein Volk und speise es mit Hass, nicht mit Zukunft:

"Israel möchte Arafat jetzt am liebsten zwangs-exilieren, doch würde dies seine Position nurmehr stärken."

Bush misst mit zweierlei Ellen



Die AARGAUER ZEITUNG sieht den mangelnden Druck der USA auf Israel als Hauptursache für das Scheitern der Friedensbemühungen:

"Solange Bush Scharon mit Samthandschuhen anfasst, bleibt der alte Terrorist Arafat fest im Sattel – und die Road Map zum Frieden ein Stück Papier."

Ähnliche Kritik auch von der NEUEN LUZERNER ZEITUNG:

"Die USA waren nicht bereit, Israel zu seinem Glück zu zwingen. Gescheitert ist nicht so sehr Abbas persönlich als vielmehr das Modell eines palästinensischen Premiers von Bushs und Scharons Gnaden."

Arafat habe zwar schon einen Nachfolger für Abbas, schreibt der BLICK, aber es spiele gar keine grosse Rolle, wer das sei, denn:

"Neuer Ärger mit Israel ist vorprogrammiert."

Für die Genfer Zeitung LE TEMPS ist die Road Map nicht erst jetzt gestorben, sondern sie ist überhaupt nicht umsetzbar, weil von beiden Seiten zu viele Hintergedanken damit verknüpft sind.

"La feuille de route est irréalisable dans sons essence même, car trop d'arrière-pensées la sous-tendent de part et d'autre."

Arafat vorläufiger Sieger

Der Machtkampf innerhalb der palästinensischen Führung sei entschieden, Arafat habe einen klaren Sieg errungen, kommentiert die BERNER ZEITUNG, BZ. Nach eindringlichen US-Warnungen zögere Israel zwar wieder einmal mit der so oft geplanten Ausweisung des Palästinenser-Präsidenten; aber dieser müsse nun vorsichtig agieren. So oder so, folgert die BZ:

"Der alte Mann in Ramallah wird bis zum letzten Atemzug um seine Macht kämpfen."

Auch für die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG gehört der "alte Taktierer und Überlebenskünstler" Arafat zu den – allerdings nur vorläufigen – Gewinnern im palästinensischen Machtkampf.

Es stelle sich nun die Frage, schreibt der Berner BUND, was die USA, die als Einzige die Konfliktparteien zur Räson bringen können, tun werden. Es könne ja nicht im US-Interesse liegen, nach den Pyrrhussiegen in Afghanistan und Irak und den zunehmend chaotischen Zuständen in diesen Ländern nun auch noch den palästinensisch-israelischen Konflikt aus dem Ruder laufen zu lassen. Fazit:

"So hat sich Bush die neue Dynamik im Nahen Osten nach dem Irak-Krieg nicht vorgestellt."

swissinfo, Monika Lüthi

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