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Presseschau vom 05.11.2002

Für den landesweiten Streiktag der Bauarbeiter gibt es in den Zeitungs-Kommentaren viel Verständnis. Gleichzeitig werden die Sozialpartner zu einem Kompromiss gemahnt.

Dieser Inhalt wurde am 05. November 2002 publiziert

Klar ist: Für Schweizer Verhältnisse war es eine aussergewöhnliche Streikaktion.

Die Baumeister hätten den Streik mit ihrem Vertragsbruch "mutwillig provoziert", schreibt der Zürcher TAGES ANZEIGER. Die Empörung der Bauarbeiter sei verständlich.

Wie immer die Verhandlungen am kommenden Donnerstag ausgehen mögen, für den TAGI ist klar: "Der Baumeisterverband hat sich ein grosses Glaubwürdigkeitsproblem eingehandelt."

Keine Gewinner

Ähnlich tönt es in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Für die NZZ hat der Schweizerische Baumeisterverband an Glaubwürigkeit eingebüsst, weil eine Verhandlungs-Delegation im März eine Vereinbarung mit den Bauarbeitern unterzeichnete, "die sich im Nachhinein als formal und inhaltlich löcherig erwiesen hat".

Doch die NZZ zieht aus den "Aufgeregtheiten im Schweizer Bau" ein anderes Fazit als der TAGI: "Alle beide halten sich für Gewinner, doch sind beide Verlierer."

Einmalig für die Schweiz...

"Das hat die Schweiz noch nicht gesehen", titelt die AARGAUER ZEITUNG. Damit meint das Blatt nicht nur die massive landesweite Streikbeteiligung, sondern auch die Tatsache, dass gegen 2000 Gewerkschafter und Bauarbeiter "das Nadelöhr der Nation" in Beschlag genommen haben: den Baregg-Autobahntunnel, wo während mehr als einer Stunde "gar nichts mehr ging".

Viele Automobilisten mögen dabei rot gesehen haben. "Schweiz sah rot", lautet denn auch die Schlagzeile im BLICK, der damit jedoch die Tausenden von roten Gewerkschafts-Fahnen meint.

...aber beunruhigend

Für den CORRIERE DEL TICINO ist die Tatsache, dass sich so viele an den Streiks und Kundgebungen beteiligt haben, "un segnale preoccupante", ein beunruhigendes Zeichen dafür, dass Fusionen, Umstrukturierungen und das kurzfristige Profitstreben den sozialen Frieden im Lande bedrohen.

Unter dem Titel "Un appel au respect" fordert die Westschweizer Zeitung LE TEMPS die Sozialpartner auf, im gegenseitigen Respekt rasch eine Lösung im Streit um die Frührente zu suchen. Sonst müsse Wirtschaftsminister Pascal Couchepin eingreifen, "auch wenn er dabei ein schiefes Gesicht ziehen würde".

Beunruhigt durch die "Zwängerei" der Sozialpartner ist der Berner BUND: "Ein Bruch der Sozialpartnerschaft ist das Letzte, was die Branche brauchen könnte." Zu hoffen sei wenigstens, dass der Streiktag die Ventile geöffnet habe - "und die rauchenden Köpfe auf beiden Seiten wieder zur Vernunft kommen".

Was nun?

Dass der Grossaufmarsch der Bauarbeiter aussergewöhnlich war, daran gibt es für die NEUE LUZERNER ZEITUNG nichts zu rütteln. "Doch hat sich der Streik gelohnt?", fragt sich das Blatt und richtet seinen Blick in die Zukunft.

"Sind die roten Fahnen eingerollt und hat sich der verbale Pulverdampf verzogen, bietet sich beiden Seiten die Chance, die Sozialpartnerschaft im Baugewerbe wirklich zu retten", schreibt die NLZ. Ein vertragsloser Zustand in der Baubranche würde für die Bauarbeiter heissen, dass sich der Streik "dann wirklich nicht gelohnt hat".

Für die BERNER ZEITUNG ist eines jetzt ganz klar: "Nach dem Muskelspiel der Parteien ist es an der Zeit, dass der Einigungsprozess wieder in Gang kommt."

Bitte wieder mehr Glaubwürdigkeit

Und für die BASLER ZEITUNG steht fest: Wenn die Baumeister in den nächsten Tagen mit den Gewerkschaften den Gesamtarbeitsvertrag für eine flexible Frühpensionierung doch noch ins Trockene bringen, könnten sie ihren Beitrag zu mehr Glaubwürdigkeit der Schweizer Wirtschaft leisten.

Eine Schweizer Wirtschaft notabene, die - so die BAZ - gesamthaft "in Verruf geraten ist", weil einige helvetische Wirtschaftsführer in den letzten Jahren "miserabel gewirtschaftet haben".

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

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