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Norwegen-Attentat überschattet UNO-Jugendtagung

Tausende nahmen nach der Greueltat am 25. Juli am "Rosenmarsch" in Oslo teil. Keystone

Die UNO-Generalversammlung hat an einer Konferenz in New York das Weltaktionsprogramm für die Jugend bekräftigt. Überschattet wurde die Konferenz vom Anschlag in Norwegen, wo gezielt politisch aktive Jugendliche ins Visier genommen wurden.

Dieser Inhalt wurde am 27. Juli 2011 publiziert Minuten
Rita Emch, New York, swissinfo.ch

Die Konferenz stand unter dem Motto "Dialog und gegenseitiges Verständnis". Sie markierte den Höhepunkt des UNO-Jahrs der Jugend, das am 11. August zu Ende geht.

Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz, darunter hunderte Jugendliche aus aller Welt, am Montag der mehr als 70 Opfer der Anschläge in Norwegen.

Der Präsident der Generalversammlung, der Schweizer Joseph Deiss, und UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilten die abscheuliche Tat nochmals in aller Schärfe und sprachen den Menschen in Norwegen ihr Beileid und ihre Solidarität aus. Diesen Worten schlossen sich im Verlauf der Konferenz auch die Delegationen der Mitgliedstaaten an.

"Diese Tragödie erinnert uns auch daran, dass Jugendliche in der ganzen Welt viel zu oft Opfer aller möglichen Formen von Gewalt werden", erklärte Deiss. "Zu oft sind Jugendliche Opfer von Gewalt, sind gefangen in Konflikten, ihr Leben ist bedroht durch extreme Lebensbedingungen wie die Trockenheit und Hungersnot, die derzeit in Somalia herrschen."

Solidaritätsbezeugungen halfen

Der norwegische Jugendvertreter Jon Andre Hvoslef-Eide erklärte gegenüber swissinfo.ch, dass er die Worte von Joseph Deiss und Ban Ki Moon sehr geschätzt habe.

Ebenso, dass Norwegens UNO-Vertreter sich an das Plenum wenden konnte. Sehr berührt habe ihn die Schweigeminute.

"Das alles bedeutete uns sehr viel", unterstrich Hvoslef-Eide. Er habe gleich auf Twitter eine Meldung abgesetzt, die weiter verbreitet worden sei: "Die Anteilnahme, auf die wir hier stiessen, bedeutet vielen unter uns wirklich viel."

All die Reaktionen und Solidaritätsbezeugungen, die er erhalten habe, hätten ihm geholfen. Es sei nicht einfach gewesen, sich nur etwa 12 Stunden nach dem Angriff allein nach New York zu begeben und seine Freunde in Norwegen zurückzulassen. "Praktisch alle von uns kannten jemanden, der ums Leben gekommen ist."

"Der Angriff eines Rechtsextremen, der all diese Menschen in einem Jugendlager erschossen hat, war ein Versuch, praktisch eine ganze Generation junger, politisch aktiver Menschen zu zerstören. Genau das Gegenteil des Ziels dieser Konferenz."

Der Angriff zeige, wie wichtig es sei, dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, die Teilnahme der Jugend am politischen Prozess, das Recht auf freie Meinungsäusserung sicherzustellen. Es sei aber in den beiden Tagen nicht einfach gewesen. "Manchmal fehlten mir einfach die Worte", so Hvoslef-Eide.

"Jetzt erst recht"

Wie andere Jugendliche mit unterschiedlichen Hintergründen, mit denen swissinfo.ch sprach, zeigte sich auch der Schweizer UNO-Jugendvertreter Oliver Felix geschockt von dem Attentat: "Durch die Anwesenheit des norwegischen Jugendvertreters und dessen Worte, durch den direkten zwischenmenschlichen Kontakt ist mir das Ganze noch näher gegangen."

Worte wie "unfassbar" und "abscheulich" prägten die Reaktionen. Gleichzeitig bekräftigten die Jugendlichen, dass sie sich davon nicht von ihrem Engagement für die Entwicklung der Gesellschaft, für mehr gegenseitigen Respekt und Verständnis abbringen lassen wollten. Zusammenfassend war ein Gefühl von "jetzt erst recht" zu spüren.

"Ich war so schockiert, als ich von diesem tragischen Anschlag hörte", erklärte die Amerikanerin Melissa Brander. "Der Anschlag zeigt erneut, wie wichtig es ist, dass wir lernen, unsere Probleme gewaltlos zu lösen."

Sie zeigte sich zudem sehr beeindruckt von der Reaktion des norwegischen Regierungschefs Jens Stoltenberg, der erklärt hatte, Norwegen werde mit noch mehr Demokratie, Offenheit, Partizipation und Menschlichkeit auf die Anschläge reagieren.

Sehr geschockt und persönlich betroffen war James R. Aniyamuzaala aus Uganda, der 2009 im Rahmen eines Jugendprojekts in Norwegen war: "Dieser Anschlag zeigt, wie wichtig es ist, dass wir alle schon als kleine Kinder lernen, anderen Menschen, anderen Kulturen, Religionen und Ideen mit Respekt zu begegnen."

Nicht zum Schweigen terrorisieren lassen

In seiner Erklärung vor dem Plenum hatte Gjermund Saether, der Chargé d'affaires der norwegischen UNO-Mission, unter anderem erklärt, die jungen Menschen in Norwegen würden sich von dem gewalttätigen Angriff "nicht zum Schweigen terrorisieren lassen".

Das Massaker sei die schlimmste Attacke gewesen, die Norwegen seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt habe. "Sie hat das Herz unserer Demokratie getroffen. Aber wir werden uns nicht einschüchtern lassen."

Was die jungen Menschen auf der Insel Utøya angetrieben habe, sei "ihr Glaube an Demokratie, Vielfalt und den Einbezug aller" gewesen, sowie "ihr Recht und ihre Pflicht", am politischen Leben Norwegens teilzunehmen.

Zum Schluss zitierte Saether eine junge Norwegerin: "Wenn ein einzelner Mann so viel Hass zeigen kann, wie viel Liebe können wir da nicht alle gemeinsam dagegenstellen!"

Die UNO und die Jugend

1985 hatte die UNO erstmals ein Internationales Jahr der Jugend ausgerufen. Zehn Jahre später nahm die Generalversammlung das Weltaktionsprogramm für die Jugend an.

Heute umfasst das Programm 15 Bereiche, von denen Jugendliche in der ganzen Welt betroffen sind.

Ziel des Jugendjahres ist es, die Ideale von Frieden, Respekt für Menschenrechte und Solidarität über Generationen, Kulturen, Religionen und Zivilisationen hinweg zu fördern und die Partizipation der Jugend an der Entwicklung und Gestaltung der Gesellschaft zu stärken.

Rund 87% der Jugendlichen zwischen 18 und 24 weltweit wohnen in Entwicklungsländern. Sie stehen vor besonders grossen Herausforderungen wie begrenztem Zugang zu Ressourcen, Gesundheitsleistungen, Bildung und Ausbildung, Beschäftigung sowie wirtschaftlichen Chancen.

Rund 500 Jugendliche aus aller Welt waren an die Konferenz nach New York gereist. Am zweiten Konferenztag bekräftigte die Generalversammlung das Weltaktionsprogramm für die Jugend.

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Enttäuschung und Hoffnung

Der 21 Jahre alte Schweizer UNO-Jugendvertreter Oliver Felix zeigte sich zum Abschluss eher enttäuscht über das Treffen: "Trotz allem war es aber eine gute Erfahrung, der intensive Austausch mit vielen anderen Jugendlichen war sehr wertvoll", erklärte er in New York gegenüber swissinfo.ch.

"Die Bedeutung des Schlussdokuments wird sich in dessen Umsetzung zeigen müssen. Als Grundlagentext enthält es einige Punkte, die sich zu Referenzen für künftige Aktionen entwickeln können. Ich hoffe, dass das Dokument nicht einfach toter Buchstabe bleiben wird."

Beklagt wurde von vielen der anwesenden jungen Frauen und Männer, dass zwar viel über die Jugend geredet wurde, diese aber in der Generalversammlung selber zu wenig zu Wort gekommen sei.

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Jugenddelegierte

Um die Partizipation der Jugend auf internationaler Ebene zu fördern, setzt die Schweiz seit 2003 auf die "Youth Reps" (Jugenddelegierte).

Dies sind jedes Jahr drei junge Menschen, die dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) für die Mitarbeit bei jugendrelevanten Themen zur Verfügung stehen.

Sie bringen dort Standpunkte und Anliegen junger Schweizerinnen und Schweizer ein und informieren Jugendliche in der Schweiz über die UNO und UNO-Themen.

"Youth Rep" ist ein Projekt der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV). Sie koordiniert und führt es in Zusammenarbeit mit dem EDA durch.

Bisher waren mehr als 20 Schweizer Jugendliche als "Youth Rep" aktiv.

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