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Personenfreizügigkeit auf der Kippe

So würde heute punkto Personenfreizügigkeit abgestimmt. swissinfo.ch

Das Schweizer Stimmvolk ist gespalten: Befürworter und Gegner der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die zehn neuen EU-Länder liegen Kopf an Kopf.

Dieser Inhalt wurde am 08. Juli 2005 publiziert

Dies zeigt die jüngste Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse zur Abstimmung vom 25. September mit 43% Ja gegen 40% Nein.

Zum heutigen Zeitpunkt halten sich Gegner und Befürworter der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die zehn neuen EU-Länder die Waage: 43% der Befragten sind dafür, 40% dagegen. 17% der Stimmberechtigten sind noch unentschlossen. Die Stimmbeteiligung würde bei 55% liegen.

Die politische Rechte dagegen

Die Umfrage zeigt, dass die Gegner der Vorlage im Lager der rechtsgerichteten SVP (Schweizerische Volkspartei) sind. Hier lehnen 87% der Sympathisanten die Vorlage ab. Lediglich 4% aus dem Kreis der SVP würde am 25. September mit Ja stimmen.

Bei den drei andern Regierungsparteien überwiegt der Ja-Anteil. Am stärksten ist die Zustimmung bei den Sozialdemokraten mit 74%. Es folgen die Sympathisanten der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) mit 63%. Die Anhänger der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) würden heute der Vorlage mit 56% zustimmen.

Allerdings ist die politische Zugehörigkeit nicht das einzige Kriterium. Die französischsprachige Schweiz stimmt der Vorlage mit 47% zu 33% deutlicher zu als die Deutschschweiz, die sich mit 41% zu 41% "unentschieden" präsentiert. In der italienischsprachigen Schweiz würde heute die Personenfreizügigkeit deutlich mit 40% zu 47% abgelehnt.

Ohne zu stark ins Detail zu gehen, zeigt die Umfrage, dass die Zustimmung in den grossen, urbanen Agglomerationen aber auch bei den Leuten mit grossen Haushalteinkommen und hoher Bildung am grössten ist.

Sobald aber das monatliche Haushalteinkommen unter 9000 Franken fällt oder die befragte Person über keinen höheren Bildungsabschluss verfügt, ergeben sich keine absoluten Mehrheiten mehr.

Eine emotionsgeladene Kampagne

Die Schweizer Stimmberechtigten interessiert die Abstimmung über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit. Die Umfrage zeigt, dass 55% an die Urne gehen, 23% gedenken dies zu tun.

Damit ist die Mobilisierung bereits jetzt klar höher, als sie vor der Abstimmung am 5. Juni zu Schengen/Dublin war.

Das Forschungsinstitut gfs.bern erklärt diese bereits heute starke Mobilisierung damit, dass es keine Pause im Abstimmungskampf zwischen den Abstimmungen vom 5. Juni und der kommenden vom 25. September geben habe.

Auch sei die Personenfreizügigkeit bereits im Rahmen des Abstimmungskampfes zu Schengen/Dublin mitdiskutiert worden. Die Stimmberechtigten seien deshalb schon seit Monaten mit der Problematik vertraut.

Dazu komme, dass die Diskussion rund um das Thema neue Nahrung erhielt. So etwa mit dem Nein zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden. Auch die Erklärung der EU-Aussenkommissarin Benito Ferrero-Waldner, dass ohne eine Zustimmung zur Personenfreizügigkeit im September die Abkommen von Schengen/Dublin nicht in Kraft treten könnten, habe die Debatte angeheizt.

Das alles führe dazu, dass schon heute eine starke Emotionalität herrsche, sagt das Meinungsforschungs-Institut. Es zeichne sich ein langer und vielschichtiger Abstimmungskampf ab.

Die Unentschlossenen überzeugen

Die Umfrageergebnisse zeigen eine starke Polarisierung. Im Moment liegen die Lager der Befürworter und Gegner etwa gleich auf. Keines der Lager schafft den entscheidenden Vorsprung.

Um am 25. September zu den Gewinnern zu gehören, muss man Argumente finden, um eine Mehrheit der 17% Unentschlossenen auf seine Seite zu ziehen.

Die Befürworter argumentieren pragmatisch, dass die Ausdehnung der Freizügigkeit auf die neuen EU-Länder ein Vorteil für die Schweizer Wirtschaft sei und dass eine Ablehnung der Vorlage zu Schwierigkeiten mit der EU führen würde.

Das Argument, dass die Personenfreizügigkeit ein Vorteil für die Schweizer Wirtschaft sei, wird von 52% der Befragten bejaht. 46% denken auch, dass eine Verweigerung zu Problemen mit der EU führen werde.

Auch die Argumente der Gegner fallen auf fruchtbaren Boden. So finden 70%, dass die Freizügigkeit einen Lohndruck auf die Schweizer Saläre nach sich ziehen werde. 60% befürchten, dass ein Ja eine "offene Tür" für Migranten aus dem Osten bedeuten würde. 53% befürchten, dass damit auch der freie Arbeitsmarkt für Türken und Rumänen folge.

Kurz gesagt: Jedes Lager verfügt über zugkräftige Argumente. Es ist deshalb schwer vorauszusagen, aus welcher Richtung am 25. September der Wind wehen wird.

swissinfo, Olivier Pauchard
(Übertragung aus dem Französischen: Urs Maurer)

In Kürze

Die Abstimmung über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit den neuen EU-Staaten findet am 25. September statt.
Die 10 neuen EU-Staaten sind: Lettland, Litauen, Estland, Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechische Republik, Slowenien, Zypern und Malta.
Am 5. Juni haben 54,6% der Schweizer Stimmberechtigten die Abkommen von Schengen und Dublin bejaht.

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Fakten

43% der vom Forschungsinstitut gfs.bern befragten Personen sagen im Moment Ja zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit den neuen EU-Staaten.
40% würden heute nein dazu sagen.
17% sind noch unentschlossen.
Befragt wurden zwischen dem 25. Juni und dem 2. Juli 1201 stimmberechtigte Personen aus der ganzen Schweiz. Die statistische Fehlermarge liegt bei 3%.

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