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Personenfreizügigkeit: ein einziger Beschluss

Keystone

Jetzt ist es definitiv: Weiterführung und Ausdehnung des Freizügigkeits-Abkommens auf Rumänien und Bulgarien werden in einen einzigen Bundesbeschluss gepackt. Das Stimmvolk wird sich künftig zu jeder weiteren Ausdehnung des Abkommens äussern können.

Dieser Inhalt wurde am 12. Juni 2008 publiziert

Diese Entscheide kamen am Donnerstag auf Antrag der Einigungskonferenz zustande, die sich im Verhältnis 15 zu 11 dafür ausgesprochen hatte. Im Ständerat erfolgte die Zustimmung mit 32 zu 6, im Nationalrat mit 119 zu 58 Stimmen bei 12 Enthaltungen.

Dieser Lösung war ein langes Seilziehen zwischen den beiden Kammern vorausgegangen. Der Ständerat hatte von Anfang an die Paketlösung favorisiert, während Bundesrat und Nationalrat aus Gründen der Transparenz auf zwei getrennten Erlassen beharrten.

Die Parteien vertraten innerhalb der eigenen Reihen zum Teil unterschiedliche Standpunkte. Offiziell sprach sich neben der Schweizerischen Volkspartei (SVP) indes auch die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) für zwei getrennte Erlasse aus, während Sozialdemokraten (SP), Christlichdemokratische Partei (CVP) und Grüne Partei für eine einzige Vorlage waren.

Bericht bei jeder weiteren Ausdehnung

Die Befürworter der Paketlösung argumentierten unter anderem mit dem Hinweis, dass die Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens nur mit der Gesamtheit der EU möglich sei. Die Schweiz könne nicht einzelne Mitglieder ausschliessen.

Die Gegner bezeichneten dieses Vorgehen als undemokratisch und nicht transparent. Eine Verknüpfung der beiden Fragen Weiterführung und Ausdehnung komme einer Erpressung gleich. Das Bundesamt für Justiz hatte in einem Gutachten beide Varianten als verfassungskonform bezeichnet.

Im Sinne eines Kompromisses wird der Bundesrat ferner nicht in sieben Jahren nach Inkrafttreten der Weiterführung, sondern bei jeder weiteren Ausdehnung des Abkommens einen Bericht über die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit vorlegen.

Das Stimmvolk werde sich, falls erwünscht, zu jeder Ausdehnung äussern können, sagte Dick Marty (FDP) als Vorsitzender der Einigungskonferenz. Das dürfte das nächste Mal etwa 2010 mit Kroatien der Fall sein.

SVP-Referendum steht fest

Nichteintretens- und Rückweisungsanträge der SVP waren zu Beginn der Debatte klar gescheitert. Die SVP wollte das Thema mit der Steuerfrage und den Kohäsionszahlungen verknüpfen und den Bundesrat beauftragen, mit der EU in bezug auf Rumänien und Bulgarien vorab eine unbefristete Schutzklausel auszuhandeln.

Das Referendum gegen die Paketlösung ist auf jeden Fall beschlossene Sache, wie SVP-Sprecher Alain Hauert sagte. Bei getrennten Vorlagen hätte die SVP nur gegen die Ausdehnung des Abkommens das Referendum ergriffen.

Das Protokoll zur Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien war am 27. Mai in Brüssel von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterzeichnet worden. Dabei machte das EU-Ratspräsidium klar, dass es für die EU keine Weiterführung des Abkommens ohne Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien gibt.

Gravierende Auswirkungen bei Nein

Widmer-Schlumpf hatte für den Fall einer Ablehnung wiederholt vor "gravierenden" Auswirkungen auf verschiedene Bereiche gewarnt. Bei einem Nein zur Weiterführung würden die Bilateralen Abkommen I automatisch ausser Kraft treten, so wie das die sogenannte Guillotine-Klausel vorsehe.

Davon betroffen wären etwa der Land- und Luftverkehr, die Landwirtschaft, das Submissionswesen, technische Handelshemmnisse und die Forschung. Aber auch gewisse Abkommen der Bilateralen II wären laut Widmer-Schlumpf gefährdet, etwa das Schengen-/Dublin-Abkommen.

swissinfo und Agenturen

Freizügigkeit

Das Abkommen über den freien Personenverkehr mit den 15 "alten" EU-Staaten ist seit dem 1. Juni 2002 in Kraft. Im September 2005 hat das Schweizer Stimmvolk einer Ausdehnung auf die zehn Länder zugestimmt, die im Mai 2004 zur EU stiessen.

Der freie Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU ist bis 2009 befristet. Seitens der EU wird das Abkommen stillschweigend verlängert, in der Schweiz ist die Fortführung dem fakultativen Referendum unterstellt.

Gleichzeitig mit der Weiterführung soll die Personenfreizügigkeit auf die neusten beiden EU-Mitglieder, Rumänien und Bulgarien, ausgedehnt werden.

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Einigungskonferenz

Eine Einigungskonferenz wird eingesetzt, wenn die Differenzen nach drei Detailberatungen in jedem Rat bestehen bleiben. Ihr obliegt es, eine Lösung zu finden.

Die vorberatenden Kommissionen entsenden je 13 Mitglieder in die Konferenz. Die Zusammensetzung der Delegationen richtet sich nach der Fraktionsstärke.

Die Einigungskonferenz beschliesst mit der Mehrheit der stimmenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt der Präsident den Stichentscheid. Der Einigungsantrag muss alle verbleibenden Differenzen gesamthaft bereinigen.

Der Einigungsantrag geht zuerst an den Erstrat und, sofern dieser gesamthaft zustimmt, an den anderen Rat. Wird er in einem Rat verworfen, ist die Vorlage endgültig gescheitert. Den Räten müsste gegebenenfalls eine neue Vorlage unterbreitet werden.

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