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Niederlage für Bundesrat Leuenberger im Fluglärm-Streit

Verkehrsminister Leuenberger musste auf fast alle Forderungen seines deutschen Kollegen Bodewig eingehen. swissinfo.ch

Im Streit um die Lärmbelästigung Süddeutschlands durch den Flughafen Zürich haben sich der deutsche Verkehrsminister Kurt Bodewig und sein Schweizer Amtskollege Moritz Leuenberger am Montag (23.04.) in Berlin auf einen Kompromiss geeinigt. Die Schweiz musste dabei grosse Konzessionen machen.

Dieser Inhalt wurde am 23. April 2001 - 17:50 publiziert

Bodewig und Leuenberger verständigten sich auf Eckpunkte, die in einem Staatsvertrag festgeschrieben werden sollen. Bodewig sagte, man habe sich darauf geeinigt, die Zahl der An- und Abflüge über deutsches Gebiet um etwa 35 Prozent auf unter 100'000 im Jahr zu begrenzen. Dafür soll eine Übergangszeit von 41 Monaten gelten.

Mit der Paraphierung des Vertrages voraussichtlich im Herbst dieses Jahres soll auf deutschem Gebiet ausserdem ein Nachflugverbot zwischen 22.00 und 06.00 Uhr in Kraft treten. Ein Flugverbot an Wochenenden und Feiertagen zwischen 20.00 und 09.00 Uhr soll spätestens mit dem Flugplanwechsel im Jahr 2002 umgesetzt werden.

Furcht vor einseitiger Beschränkung durch Berlin

Die Schweiz hatte sich im Vorfeld zu Änderungen bei den Anflügen bereit erklärt, lehnte aber insbesondere ein Wochenend-Flugverbot ab. Der Chef des Schweizer Bundesamtes für Zivilluftfahrt, André Auer, hatte in der vergangene Woche noch einmal klar gestellt, die Rolle des Flughafens Zürich als Luftverkehrs-Drehscheibe im Interkontinental-Verkehr dürfe nicht gefährdet werden.

Deutschland hatte die bisherige Verwaltungs-Vereinbarung zu den Überflügen vor einem Jahr zum 31. Mai 2001 gekündigt. Für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen war eine einseitige Verfügung der Beschränkungen durch Berlin erwartet worden.

Flughafen Zürich enttäuscht

Der Flughafen Zürich-Kloten ist über den Ausgang der Luftverkehrs-Verhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland enttäuscht. Insbesondere die Beschränkung der Flugbewegungen über deutschem Gebiet am Wochenende sei inakzeptabel, teilte die Flughafen-Betreiberin Unique am Montagabend mit. Denn damit werde die Schweizer Bevölkerung klar gegenüber den Deutschen diskriminiert.

Die Flughafen-Betreiberin bedauerte zudem, dass eine Begrenzung von 100'000 Flugbewegungen ausgehandelt wurde, ohne auch einen Teil des künftigen Verkehrswachstums aufzunehmen. Dies sei ungenügend. Positiv sei hingegen, dass die Verhandlungen deblockiert seien, und dass für die Umsetzung des Ergebnisses eine realistische Übergangszeit von dreieinhalb Jahren eingesetzt worden sei.

SAirGroup spricht von "massiven Einschränkungen"

Nach dem Ergebnis der Verhandlungen zwischen der Schweiz und Deutschland spricht die SAirGroup von `"massiven Einschränkungen" für den Flugverkehr. Dies einerseits wegen der Limite von 100.000 Landungen, die ungeachtet eines Wachstums in alle Zukunft gelte, sagte SAirGroup-Sprecher Peter Gutknecht auf Anfrage.

Auch mit der Wochenendregelung ist die Luftverkehrsholding nicht zufrieden. Die wichtigste Piste für den Anflug aus Norden könne somit nicht mehr gebraucht werden, sagte Gutknecht. Mit dieser Lösung komme es zu massiven Verspätungen. Erwartet werden aber auch weitere politische Konsequenzen, da vermutlich im südlichen Anfluggebiet des Flughafens neue Gebiete mit Lärm belästigt würden. Bevor die SAirGroup weitere Schritte einleitet, will sie jetzt aber laut Gutknecht erst die weitere Ausgestaltung der Vereinbarungen abwarten.

Schutzverband: "Kein weiteres Flughafen-Wachstum mehr"

Die gesamte Fluglärmbelastung des Flughafens Zürich- Kloten dürfe nicht mehr steigen, meinte Peter Staub, Präsident des Schutzverbandes der Bevölkerung um den Flughafen (SBFZ), in einer Reaktion auf die Verkehrsminister-Verhandlungen.

Der Zürcher Flughafen könne nicht weiter wachsen und zusätzlich diejenigen Flüge, die nicht mehr über süddeutsches Gebiet abgewickelt werden können, auf andere Regionen in der Schweiz umlagern, meinte Staub. Das Verhandlungsergebnis müsse seine Auswirkungen auf die Wachstums-Politik von Zürich-Kloten haben.

Baden-Württemberg begrüsst Plafonierung

Im Verhältnis zum Status quo sei das Verhandlungsergebnis der Verkehrsminister von Deutschland und der Schweiz eine Verbesserung, sagte der Umwelt- Und Verkehrsminister Ulrich Müller von Baden-Württemberg, Gegenüber früheren Verlautbarungen des Bundes blieben jedoch die weiteren Eckpfeiler hinter den Vorstellungen des Landes Baden- Württemberg und der betroffenen Region zurück, kritisiert der CDU- Politiker gemäss einer Pressemitteilung des Ministeriums für Umwelt und Verkehr in Stuttgart.

Nicht befriedigt sei das deutsche Bundesland mit der langen Übergangsfrist von dreieinhalb Jahren und dem Verzicht auf ein völliges Wochenend-Flugverbot. Auch zu den Warteräumen und Verfahren sei keine Lösung erkennbar.

swissinfo und Agenturen

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