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Neue Bundesräte, Wölfe, Schafe und AHV

Nicht weniger als 14 Male wird der Nationalrat über gute und böse Tiere abstimmen. Keystone

Die Ersatzwahlen in den Bundesrat stehen im Zentrum der Herbstsession der Eidgenössischen Räte, die am Montag begonnen hat. Für Spannung sorgen aber auch Wölfe, Schafe, Kampfhunde, die Revision der AHV und damit das Frauen-Rentenalter.

Dieser Inhalt wurde am 13. September 2010 publiziert Minuten
Andreas Keiser, swissinfo.ch

Nach den Rücktrittsankündigungen des Freisinnigen Hans-Rudolf Merz und des Sozialdemokraten Moritz Leuenberger schossen die potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten wie Pilze aus dem Boden und die Spekulationen ins Kraut.

Spekuliert wurde in den Medien und in der Politöffentlichkeit vor allem darüber, ob der Freisinn, der in den vergangenen Jahren kontinuierlich Wähleranteile verloren hat, seinen zweiten Sitz in der Regierung behalten könne oder diesen an die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) abgeben müsse.

Auch der zweite Sitz der Sozialdemokraten schien nicht in Blei gegossen, weil die Grünen ebenfalls ihren Anspruch auf einen Sitz geltend machten.

Vom Kampfkandidaten, den die Christdemokraten noch vor wenigen Wochen angekündigt hatten, ist inzwischen nichts mehr zu hören. Die SVP-Spitze sprach von fünf möglichen Spitzenkandidaten, präsentiert aber nun nur noch einen einzigen.

In der Zwischenzeit hat sich die Sicht auf den Wahltag und dessen Ausgang aufgeklärt: Die Freisinnigen und die Sozialdemokraten haben sich auf je ein Zweierticket geeinigt und dieses mit Kandidatinnen und Kandidaten bestückt, die allesamt ihre Konsensfähigkeit bewiesen haben und über die Parteigrenzen hinweg Anerkennung geniessen.

Geringe Wahlchancen für die SVP

Die SVP-Spitze musste hinnehmen, dass die aussichtsreichsten potentiellen Kandidaten allesamt keine Lust hatten, sich mit einer wenig aussichtsreichen Kandidatur zu verheizen. "Die wahrscheinlichste Variante ist, dass wir es nicht schaffen" räumte Parteipräsident Toni Brunner vor einer Woche ein. Dennoch nominierte die SVP-Fraktion mit dem Freiburger Nationalrat und Sägereibesitzer Jean-François Rime einen Kampfkandidaten.

Rime ist Romand. Seine Wahlchancen sind schon deshalb klein, weil die vereinigte Bundesversammlung neben Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und Innenminister Didier Burkhalter kaum einen dritten Vertreter der frankophonen Schweiz wählen wird.

Wahlen 2011 werfen ihre Schatten

Wer ausserhalb der SVP in diesen Tagen für eine Wahl Rimes eintritt, tut dies aus strategischen Gründen und mit Blick auf die Gesamt-Erneuerungswahlen nach den Parlamentswahlen im Herbst 2011: Ein Teil der Grünen und der Sozialdemokraten möchte mit einer Wahl Rimes verhindern, dass die SVP ihren Misserfolg in eine Märtyrerrolle umwandeln und so weiter an Wählerstärke zulegen kann. Eine Minderheit der CVP möchte Rime wählen, damit dem Freisinn den zweiten Sitz wegnehmen und der CVP für 2011 die Chancen auf einen zweiten Sitz intakt halten.

Die offizielle Doktrin der CVP jedoch ist klar: Er persönlich werde Rime nicht wählen, sagte CVP-Fraktionschef Urs Schwaller. Die SVP sei zwar in den CVP-Stammlanden eine ernst zu nehmende Gegnerin der CVP, aber er sei der Meinung, dass es in den meisten Kantonen "ganz schwierig" wäre zu erklären "weshalb wir mit der SVP zusammenspannen". Besonders in den Kantonen der Romandie würde dies kaum verstanden.

Offizielle Kandidaten: Chancen intakt

Dass die Nachfolger von Merz und Leuenberger ein Freisinniger oder eine Freisinnige und eine Sozialdemokratin sein werden, ist sehr wahrscheinlich. Offen bleibt die Frage, ob der Berner Unternehmer Johann Schneider-Amman oder die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter die Nachfolge von Hans-Rudolf Merz antreten wird.

Auch für die beiden sozialdemokratischen Kandidatinnen, die Berner Ständerätin Simonetta Sommaruga und die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Fehr ist das Rennen weitgehend offen.

Referendum gegen Frauenalter 65 steht im Raum

Offen ist auch der Ausgang der Debatte um die letzten Differenzen bei der 11. AHV-Revision. Klar ist, dass das Rentenalter für Frauen von 64 auf 65 Jahre erhöht wird.

Umstritten ist die Frage, was mit dem damit eingesparten Geld geschehen soll. Die Linke will damit Frühpensionierungen für Arbeitnehmer mit einem bescheidenen Einkommen abfedern. Die Bürgerlichen wehren sich dagegen. Wenn sie sich durchsetzen will die Linke das Referendum gegen die AHV-Revision ergreifen.

Eine lange Geschichte hinter sich hat auch das Hundegesetz. Noch nicht entschieden ist, ob die Kantone schärfere Gesetze über das Halten von Kampf-Hunden erlassen dürfen als der Bund, wie es der Nationalrat will. Wenn es nach dem Ständerat geht, wird das Halten von gefährlichen Hunden in der Schweiz einheitlich geregelt.

Gute und böse Tiere

Um gute und böse Tiere geht es in nicht weniger als 14 Vorstössen aus den Räten. Zur Debatte steht konkret die Frage, ob der Wolf weiterhin ein geschütztes Tier sein oder ob zum Abschuss freigegeben werden soll.

Der Ständerat hat sich in der Junisession bereits für eine weitgehende Aufhebung des Wolf-Schutzes ausgesprochen. Im Nationalrat sind hitzige Debatten programmiert. Grüne, linke und liberale Städter sowie Naturschützer plädieren seit Jahren für eine Wiederansiedlung.

Für bürgerliche Volksvertreter aus den Voralpen- und Alpenregionen stellen Wölfe und Luchse eine Gefährdung von Schafen und andern Herdentieren dar.

JÜNGSTE GESCHICHTE

1959 - 2003:
Die lange Periode der "Zauberformel": 2 Sitze für die SP, 2 für die FDP, 2 für die CVP und 1 für die SVP.

2004- 2007:
Die SVP schnappt mit Christoph Blocher der CVP einen Sitz weg.

Dezember 2007:
Blocher scheidet aus dem Bundesrat aus. Für ihn kommt Eveline Widmer-Schlumpf. Dieser Tropfen bringt das Fass zum Überlaufen: Innerhalb der SVP kommt es zu einer Trennung.

2008:
Die beiden SVP-Mitglieder im Bundesrat, Samuel Schmid und Eveline Widmer-Schlumpf, schliessen sichi der bürgerlich-demokratischen BDP an. Die SVP bleibt ohne Regierungssitz.

2009:
Die SVP kehrt im Januar mit Ueli Maurer in den Bundesrat zurück, nach dem Ausscheiden von Samuel Schmid. Im September wird der Freisinnige Didier Burkhalter gewählt. Er ersetzt Pascal Couchepin.

2010:
Der Sozialdemokrat Moritz Leuenberger und der Freisinnige Hans-Rudolf Merz verlassen die Regierung im Oktober. Am 22, September wird das Parlament ihre Nachfolger wählen.

Zur Zeit sind 3 Frauen und 4 Männer in der Regierung.

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