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Moritz Suter macht Platz für neue Airline

Moritz Suter macht Platz für neue Airline. swissinfo.ch

Der alte Verwaltungsrat der Crossair tritt gesamthaft zurück – damit auch Crossair-Vater Moritz Suter. Neuer starker Mann wird Pieter Bouw. Das Aktienkapital wurde auf 2,79 Milliarden erhöht.

Dieser Inhalt wurde am 07. Dezember 2001 publiziert

Mit den Rücktritten wurde der Weg frei zur Wahl des vom Steuerungs-Ausschuss um Nestlé-Präsident Rainer E. Gut vorgeschlagenen neuen Verwaltungsrates (VR).

Der alte VR habe den Rücktritt aus eigenen Stücken im Interesse der Unternehmung beschlossen, um die Zukunft nicht zu gefährden und dem Frieden zu Liebe. Die Crossair brauche dringend Ruhe und Stabilität, damit sie konzentriert arbeiten könne.

Verzicht auf Ehrenpräsidium

Der Gründer und VR-Präsident der bisherigen Regional-Fluggesellschaft, Moritz Suter, erinnerte unter anderem an die turbulenten Ereignisse seit dem 21. September und äusserte teils scharfe Kritik daran, wie der bisherige VR ausgebootet worden sei. Die Art und Weise sei "unnötig verletzend und masslos ungerecht", sagte er unter anderem. Auf die Ernennung zum Ehrenpräsidenten habe er dankend verzichtet, ebenso auf ein Beratermandat, sagte Suter.

Bittere Bilanz

Zuvor hatte Suter die Geschichte seiner Unternehmung ausführlich Revue passieren lassen und dabei auch seine eigenen Verdienste herausgestrichen. Im Rückblick auf die turbulente Zeit seit dem vergangenen 21. September kritisierte er unter anderen die neuen Investoren und den Bundesrat. "Es bleibt die bittere Bilanz, dass die Neubesetzung des Verwaltungsrates (...) auch harmonisch hätte ablaufen können", sagte er. Seinem Nachfolger, dem Holländer Pieter Bouw, wünschte er Glück.

Es falle ihm schwer Abschied zu nehmen, sagte Suter. Beim Betreten des Versammlungs-Saales waren Suter und der alte VR von den Aktionären mit einer stehenden Ovation und minutenlangem Applaus begrüsst worden. Er wolle dafür sorgen, dass die Versammlung "in Würde, Harmonie und Anstand" verlaufe, hatte Suter betont.

Zu Beginn der Versammlung wurde in Erinnerung an die Opfer des Jumbolino-Absturzes vom vergangenen 24. November bei Bassersdorf (ZH) eine Schweigeminute beachtet. Suters Rede wurde erneut mit einer Standing Ovation verdankt.

Modell 26/26 bekräftigt

Mit der Annahme eines Aktiensplitts, einer Erhöhung des Aktienkapitals von 328,5 Mio. auf 2,790 Mrd. Franken und der Schaffung von bedingtem Kapital haben die Aktionäre der Crossair am Donnerstag den Weg für die die "Neue Crossair" frei gemacht.

Vorher hatte Crossair-Konzernchef Andre Dosé hat vor den Aktionären das Festhalten am Modell 26/26 für die neue nationale Fluggesellschaft bekräftigt. Der Einsatz von 26 Euro-Airbussen und 26 Langstrecken-Flugzeugen sei aber eine Zielgrösse, betonte er. Der neue Crossair-VR-Präsident Pieter Bouw hält das Modell 26/26 für die neue Fluggesellschaft für realistisch. Ein Modell in dieser Grössenordnung würde ermöglichen, einen Hub in Zürich-Kloten aufzubauen und die Flughäfen in Basel, Genf, Bern und Lugano einbinden zu können, sagte er.

Für 2002 stellte Crossair-Konzernchef Dosé bei etwa 3 Mrd. Franken Umsatz einen Verlust von 1,1 Mrd. Franken. Hauptgrund dafür seien die Folgen der Nachlass-Stundung des zusammengebrochenen Swissair-Konzerns. Eine Umsatzerholung wird ab 2003 erwartet, wenn auch bereits eine ausgeglichene Rechnung möglich sein soll. Ab 2004 seien "positive Ergebnisse bei geringem Wachstum" möglich.

Nächstes Jahr sollen mit insgesamt 125 Flugzeugen etwa 9,8 Millionen Passagiere transportiert werden; für 2003 wird mit 126 Flugzeugen und 14,1 Millionen Passagieren gerechnet, für 2004 mit 127 Maschinen und 14,5 Millionen Reisenden.

Streckennetz und Frequenzen würden reduziert. "Wir fliegen nicht mehr täglich überall hin", sagte Dosé. Die angebotenen Sitzkilometer seien in Basel um 21% reduziert worden, in Zürich-Kloten um 27%. In Genf soll dieser Wert unverändert bleiben. Er kündigte auch eine Reduktion der Produktionskosten an, namentlich beim Personal und im Leasing. Reduziert werden auch die so genannten Overhead-Kosten.

Allianzen gesucht

Die Crossair stehe vor dem Schritt vom Regional-Carrier zum internationalen Network-Carrier, sagte Dosé. Hauptrisiko der neuen Airline sei die Entwicklung der ganzen Branche. Die Terroranschläge vom vergangenen 11. September hätten einen deutlichen Einbruch gebracht. Davon habe sich die Branche bisher noch nicht voll erholt.

Der Einbruch dürfte noch zwölf bis 18 Monate anhalten. Dadurch werde der Stellenwert der Allianzen deutlich erhöht. Die drei grössten - Star Alliance, One World und Skyteam - kämen zusammen auf rund die Hälfte der transportierten Passagiere, aber auf fast zwei Drittel der Gewinne.

Der Anschluss an eine Allianz sei notwendig, und Verhandlungen seien im Gang; einen Namen nannte Dosé aber nicht. Die bisherigen Partnerschaften, beispielsweise mit American Airlines, South African Airlines und Cathay, würden fortgesetzt und ausgebaut, das Vielflieger-Programm Qualiflyer weitergeführt.

UVEK-Konzession an Crossair

Das Ministerium für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat der Crossair die Konzession für 31 Kurz- und Mittelstrecken erteilt. Crossair erfülle die rechtlichen und operationellen Voraussetzungen für den Betrieb der Linien, weitere Gesuche seien während der öffentlichen Ausschreibungsfrist nicht eingegangen, hiess es in Bern.

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hatte der Crossair nach der temporären Stilllegung der gesamten Swissair-Flotte Anfang Oktober eine provisorische Bewilligung für den Weiterbetrieb von rund zwei Dutzend Kurz- und Mittelstrecken-Fluglinien bis Ende Sommerflugplan erteilt. Die nun erteilte Konzession kann auf Gesuch hin verlängert werden.

Die Konzession gilt ab Zürich für folgende Destinationen: Amsterdam, Belgrad, Berlin Tegel, Brüssel, Budapest, Düsseldorf, Frankfurt, Graz, Hannover, Hamburg, Köln/Bonn, Kopenhagen, Krakau, Ljublijana, Luxemburg, Mailand, Manchester, München, Salzburg, Sarajewo, Skopje, Sofia, Stuttgart, Tirana, Toulouse, Tunis, Venedig und Zagreb. Dazu kommen die Strecken Genf - Nizza, Genf - Paris Charles de Gaulle sowie Basel - Sitten (Wintersaisonlinie).

Reaktionen

Bundesrat Kaspar Villiger hat die Beschlüsse der GV begrüsst. Am Rande der Präsidialfeier in seinem Heimatkanton Luzern sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) am Donnerstagabend, er sei froh, dass jetzt die Beschlüsse gefallen seien, die die nötige Klarheit schüfen, um alle Kräfte auf den Aufbau der neuen Fluggesellschaft zu konzentrieren.

CVP, SP, FDP und SVP sehen im Rücktritt des alten Crossair- und Verwaltungsrats eine Chance für einen unbelasteten Neubeginn. Bei Prognosen über den Erfolg der neuen Crossair zeigten sie sich jedoch zurückhaltend.

Eine skeptische Haltung nimmt der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste ein. Die Tragödie gehe weiter, sagte Rémy Pagany vom VPOD. Die Gewerkschaften müssten nun geschlossen und entschlossen reagieren, um ein Fiasko zu verhindern.

Die Gewerkschaft der Swissair-Piloten (Aeropers) nahm die Entscheide der Crossair-Generalversammlung mit Erleichterung zur Kenntnis. Mit der neuen Führungscrew könne die neue Airline in eine erfolgreiche Zukunft abheben, gab sich die Aeropers überzeugt.

Ähnlich reagierte die Gewerkschaft Kabinenpersonal (Kapers). Der Rücktritt des alten Crossair-Verwaltungsrats werde einen unbelasteten Neustart ermöglichen. Störend sei allerdings, dass im neuen VR kein Personalvertreter Einsitz nehmen wird, fügte die Kapers hinzu.

swissinfo und Agenturen

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