Merck KGaA überrascht mit roten Zahlen und gesenkter Prognose (AF)
DARMSTADT (awp international) - Der vor einer umfassenden Neuordnung seiner Pharmasparte stehende Dax-Konzern Merck KGaA hat im zweiten Quartal überraschend rote Zahlen geschrieben. Die neue Geschäftsleitung um Unternehmenschef Karl-Ludwig Kley senkte wegen Belastungen in Millionenhöhe die Jahresprognose für das operative Ergebnis. Zudem wurde die Umsatzerwartung konkretisiert. Für das zweite Quartal wies der Familienkonzern nach Steuern einen Verlust von 84 Millionen Euro nach einem Gewinn von 187 Millionen Euro im Vorjahr aus, wie das Darmstädter Unternehmen am Mittwoch mitteilte.
An der Börse geriet die Merck-Aktie, die seit Dezember als Reaktion auf das neue Management rund ein Drittel an Wert gewonnen hat, unter Druck. Im frühen Handel büsste sie 5,88 Prozent auf 72,93 Euro an Wert ein. Commerzbank-Analyst Daniel Wendorff hob hervor, dass auch die grundsätzliche Entwicklung ohne Berücksichtigung der Sondereffekte schwächer ausgefallen sei. Sowohl Merck Serono als auch Merck Millipore hätten seine Erwartungen verfehlt.
BELASTUNGEN IN MILLIONENHÖHE
"Eine Reihe von Einmaleffekten beeinträchtigt zwar unser Ergebnis im zweiten Quartal, sie gibt uns aber eine gesunde Basis, auf der die neu zusammengesetzte Geschäftsleitung aufbauen kann", sagte Kley. Integrationskosten für den zugekauften Laborausrüster Millipore, Wertminderungen und die Kosten für die erfolglose Entwicklung des Multiple Sklerose-Mittels Cladribin sorgten operativ im zweiten Quartal für einen Einbruch.
Wegen dieser Einmaleffekte erwarte Merck für das Gesamtjahr nun ein operatives Ergebnis von etwa 1 Milliarde Euro. Zuvor hatte das Unternehmen einen Zuwachs von 35 bis 45 Prozent auf rund 1,48 bis 1,6 Milliarden Euro (VJ: 1,1 Mrd Euro) in Aussicht gestellt. Beim Konzernumsatz wird nun mit einer Steigerung auf 10 bis 10,4 Milliarden Euro gerechnet (VJ: 9,29 Mrd Euro). Zuvor hatte Kley 10,2 bis rund 10,7 Milliarden Euro angepeilt.
QUARTALSZAHLEN
Im zweiten Quartal wies Merck beim operativen Ergebnis einen Verlust von 11,4 Millionen Euro nach plus 326,2 Millionen Euro im Vorjahr aus. Von dpa-AFX befragte Analysten hatten sowohl operativ wie unter dem Strich mit einem kräftigen Anstieg gerechnet. Beim Umsatz verbuchte Merck einen Anstieg um 16 Prozent auf 2,56 Milliarden Euro.
Merck will die Prozesse verschlanken und die Kostenstruktur überprüfen. Nach mehreren Rückschlägen soll die Pharmaforschung fokussiert, Bürokratie abgebaut und Kosten gesenkt werden. Details teilte der Bayer-Konkurrent nicht mit. Beobachter rechnen aber damit, dass die neue Führungsriege mit Pharma-Chef Stefan Oschmann und Finanzvorstand Matthias Zachert der Pharmasparte ein Restrukturierungsprogramm und eine Straffung der Entscheidungsstrukturen verschreiben wird - auch Stellenstreichungen werden nicht ausgeschlossen.
Wie dringend Merck seine Pharmasparte auf Vordermann bringen muss, zeigt ein Blick auf die Umsatzentwicklung der Sparte Merck Serono. Im zweiten Quartal verbuchte die grösste Sparte mit den Kernmedikamenten Rebif zur Behandlung Multipler Sklerose und dem Krebsmittel Erbitux ein Umsatzplus von zwei Prozent auf 1,48 Milliarden Euro.
PERSONELLER NEUANFANG BEI CONSUMER-GESCHÄFT
Einen personellen Neuanfang hat Merck am Mittwoch auch bei der Sparte Consumer Health Care eingeläutet: Nach den Neuzugängen im Finanzressort und in der Pharmasparte soll der Inder Udit Batra zum 1. September die Leitung des Geschäfts mit der Selbstmedikation von Peter Shotter übernehmen. Merck bietet hier Produkte wie Nasivin an./ep/nmu/tw