Mehr Sicherheits-Personal an Sommer-Festivals
Beleidigt, bespuckt, bedroht: Für Sicherheits-Leute sind Rockfestivals kein Spass. Vorbeugen ist für die Organisatoren besser als heilen: Der Bestand an Sicherheits-Personal wurde heuer um durchschnittlich 10% erhöht wurde.
«Angst vor der Polizei - das gibt es heute gar nicht mehr», sagt Pierre Juillet, Sicherheitsbeauftragter am Paléo Festival von Nyon (VD). Vor sechs Jahren hätten sich Besucher, die angesprochen wurden, in der Regel ruhig verhalten. Heute reagierten sie mehr und mehr aggressiv.
Verrohung als gesamtgesellschaftliches Problem
Die Häufigkeit von Prügeleien, Vandalismus, Drogen- und Medikamenten-Missbrauch steige seit einigen Jahren massiv, bestätigen verschiedene angefragte Verantwortliche. Das sei die dunkle Seite der Festivals.
Abnehmende Zivilisiertheit und steigende Gewalt-Bereitschaft widerspiegeln aber eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung und haben direkt nichts mit den Veranstaltungen selber zu tun, betonen die Angefragten. Verstösse seien selten gravierend und nur eine Minderheit sei betroffen.
Freiwilligkeit hat Grenzen
Um eine friedliche Festival-Atmosphäre zu garantieren, haben die Organisatoren diesen Sommer ihr Sicherheits-Personal durchschnittlich um etwa 10% aufgestockt. Dabei handelt es sich immer häufiger um Profis. Denn «freiwillige Helfer stossen da oft an ihre Grenzen», wie es der Sprecher der Firma Securitas ausdrückt.
Eine Schweizer Premiere im Sicherheits-Bereich präsentiert das Jazzfestival von Montreux, das sich einen eigenen Polizeiposten leistet. Am «PolPoint» betreiben zwei uniformierte Beamte bis nachts um 3 bis 4 Uhr Sucht- und Gewaltprävention und greifen bei Notfällen ein. Letzteres wurde am Sonntag notwendig, als mehrere Festival-Besucher durch einen Pfefferspray leicht verletzt wurden.
Von 10-200 Sicherheitsleuten
Die Jazz Parade in Freiburg, die am Freitag beginnt, kommt mit 10 Sicherheits-Leuten aus. Sie sollen hauptsächlich nächtliche Ruhestörung verhindern. In Montreux sind dagegen 200 Personen im Einsatz für die Sicherheit.
Das Gurten-Festival vom kommenden Wochenende bietet 110 Sicherheits-Leute auf, 10 mehr als letztes Jahr. Für Philippe Cornu, den Verantwortlichen für den Gurten, verhindert die sichtbare Präsenz von Sicherheits-Kräften und schnelles Einschreiten grössere Konflikte. Wichtig ist seiner Meinung nach aber auch das Programm, das aggressive oder primitive Gruppen meiden sollte.
Psychologische Nachbetreuung
Am Paléo Festival von Nyon treten die Sicherheits-Kräfte heuer strenger auf als früher, sagt Pierre Juillet. «Aber man bringt ihnen bei, nicht Held zu spielen». Die 800 Freiwilligen erhalten eine gezielte Schulung von einigen Stunden. Für die Sicherheits-Verantwortlichen dauert die Instruktion etwa 100 Stunden und umfasst auch rechtliche Fragen.
In Nyon erhalten die Mitarbeiter bei Bedarf auch psychologische Unterstützung, beispielsweise wenn sie durch Gewaltakte empfindlich getroffen wurden. Letztes Jahr etwa profitierte ein Mitarbeiter, der geohrfeigt worden war, von dem Angebot, ebenso wie ein anderer, den Festival-Teilnehmer in den Fluss Asse geworfen hatten.
swissinfo und Philippe Triverio (sda)

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