Marini an Italien ausgeliefert
Die Schweiz hat den mutmasslichen Geldwäscher und Kronzeugen in der Schmiergeld-Affäre um Telekom Serbia, Igor Marini, an Italien ausgeliefert.
Die Affäre hatte wegen des eigenmächtigen Vorgehens italienischer Parlamentarier viel Staub aufgewirbelt. Sie ist nun für die Schweiz weitgehend abgeschlossen.
Igor Marini, der seit dem 8. Mai in der Schweiz in Untersuchungshaft sass, wurde am Dienstag in Gondo (Wallis) im Auftrag des Bundesamtes für Justiz den italienischen Behörden übergeben.
Laut Meldungen der italienischen Nachrichtenagenturen wurde Marini in die Obhut der Staatsanwaltschaft Turin genommen. Er hatte seiner Auslieferung zugestimmt.
Schweizer Piste – untergeordnete Rolle
Italien übernimmt auch das in der Schweiz gegen Marini laufende Verfahren wegen Geldwäscherei. Italien wird zudem die von der Bundesanwaltschaft (BA) im Strafverfahren beschlagnahmten Unterlagen erhalten.
"Das ist schwerpunktmässig eine italienische Geschichte", begründete BA-Sprecher Hansjürg Mark Wiedmer den Entscheid, das Verfahren an Italien abzutreten.
Die Schweiz spiele im internationalen Kontext der Korruptionsaffäre Telekom Serbia eine untergeordnete Rolle. Welche Summen Marini in der Schweiz gewaschen haben soll, wollte Wiedmer aufgrund der laufenden Verfahren in Italien nicht bekannt geben.
Interpol Rom hatte am 23. Juli beim Bundesamt für Justiz ein provisorisches Haftersuchen gegen Igor Marini eingereicht. Dieser erklärte sich fünf Tage später mit der Auslieferung an Italien einverstanden.
Verdacht auf Geldwäscherei
Der italienische Staatsangehörige war im Mai in Begleitung italienischer Parlamentarier nach Lugano gereist. Dort wollte er der italienischen Delegation angebliche Beweismittel in der Korruptionsaffäre Telekom Serbia vorlegen.
Allerdings war die Gruppe ohne Abstützung auf ein Rechtshilfegesuch in die Schweiz gereist. Deshalb wurde sie von der Tessiner Kantonspolizei angehalten.
Igor Marini, gegen den in der Schweiz wie erwähnt Ermittlungen im Gange waren, wurde festgenommen und sass seither in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen Verdachts auf Geldwäscherei, Betrug und Urkundenfälschung.
Diplomatischer Zwischenfall
Gegen die gesamte italienische Delegation wurde eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf verbotene Handlungen für einen fremden Staat eröffnet. Der Schweizer Botschafter in Rom protestierte wegen des Zwischenfalls auch beim italienischen Justizministerium.
Anfang Juli entschied sich der Bundesrat aus politischen Gründen gegen eine Weiterführung des Verfahrens. Darauf schloss die Bundesanwaltschaft die Akten.
Anstoss für die Reise nach Lugano hatten Marinis Aussagen vor der parlamentarischen Untersuchungskommission in Rom gegeben. Dort hatte er zuvor erklärt, in der Affäre Telekom Serbia über 55 Mio. Dollar Schmiergelder für den Deal zwischen Telekom Serbia und Telecom Italia gewaschen zu haben.
Regierung Prodi verdächtigt
Das Geld floss laut den Aussagen Marinis unter anderem auch an Beamte der damaligen Regierung von Romano Prodi. Akten, welche diese Vorwürfe belegen sollen, wurden gemäss Marini im Nachlass des verstorbenen Anwaltes Gianluca Boscaro beim Konkursamt Lugano deponiert.
swissinfo und Agenturen

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