Letztes Wort soll beim Volk liegen
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hat am Freitag ihre Volksinitiative "für demokratische Einbürgerungen" auf der Bundeskanzlei eingereicht.
Mit dem Begehren will die rechtsnationale Partei Einbürgerungen wieder an die Urnen bringen. Aktuell entscheiden darüber die Kantons- oder Gemeindebehörden.
Am Freitag hat die SVP der Bundeskanzlei in Bern 103'000 beglaubigte Unterschriften eingereicht. Mit ihrer Initiative will es die Partei den Gemeinden überlassen, welches Organ das Bürgerrecht erteilt. Der Entscheid dieses Organs soll endgültig sein. Einbürgerungen an der Urne ohne Beschwerde-Möglichkeit würden so in der Verfassung festgeschrieben.
Eine Einbürgerung sei kein Recht, sondern ein politischer Entscheid des Souveräns, begründete die SVP ihr Begehren. Immer mehr werde versucht, Entscheide am Volk vorbei zu schmuggeln, sagte SVP-Präsident Ueli Maurer vor den Medien in Bern. Die SVP sorge als "Hüterin der Demokratie" dafür, dass diese noch funktionieren könne.
Auslöser der Initiative waren zwei Bundesgerichts-Entscheide vom 9. Juli 2003. Die Lausanner Richter waren damals zum Schluss gekommen, Einbürgerungen an der Urne seien verfassungswidrig, weil sie unter anderem das Recht auf eine Begründung des Entscheides verletzten.
Den Souverän entmachtet
SVP-Präsident Ueli Maurer berief sich dagegen auf "demokratische Rechte". Seine Partei werde es nicht zulassen, dass die direkte Demokratie untergraben und das Volk zugunsten der Classe politique umgangen werde, sagte er weiter.
Faktisch habe das Bundesgerichts-Urteil den Souverän als oberstes Organ der direkten Demokratie entmachtet, sagte SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer (ZH). Die Initiative verlange keineswegs generell die Urnenabstimmung, schliesse diese aber auch nicht aus. Wer für Einbürgerungs-Entscheide zuständig sei, entscheide laut der Vorlage in jeder Gemeinde der Souverän.
Vorschlag des Ständerats "untauglich"
Den Kompromiss-Vorschlag der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, der in der Wintersession behandelt wird, stuft die SVP ebenfalls als untauglich ein. Dieser will Urnen-Einbürgerungen zulassen, schreibt jedoch eine Begründungspflicht bei Ablehnungen und ein Beschwerderecht fest.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisierte die SVP-Initiative in einem Communiqué vom Freitag vehement. Die angestrebte Verfassungsänderung bedeute eine fundamentale Abkehr von einem Einbürgerungs-Verfahren, das - wie vom Bundesgericht gefordert - menschenrechtlichen Grundanforderungen genüge.
swissinfo und Agenturen
In Kürze
Das Bundesgericht entschied 2003, dass negative Einbürgerungs-Entscheide begründet werden müssen.
Folge dieser Bedingung war, dass Einbürgerungen an der Urne illegal sind.
Im Schweizer Parlament sind zwei Vorstösse für die Neuregelung der Einbürgerung hängig.
Mit ihrer Initiative will die SVP Einbürgerungen wieder an die Urnen bringen.
Gegen die Entscheide der Stimmbürger soll es keine Rekursmöglichkeit geben.

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