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Jean-Pierre Roth wird neuer Präsident der Schweizerischen Nationalbank

Jean-Pierre Roth (l.) tritt Anfang nächsten Jahres die Nachfolge von Hans Meyer (r.) an. Keystone

Die Überraschung ist perfekt: Nachdem sich Bankausschuss und Bankrat der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für Bruno Gehrig als neuen SNB-Präsidenten ausgesprochen hatten, entschied sich der Bundesrat am Montag (18.09.) für Jean-Pierre Roth.

Dieser Inhalt wurde am 18. September 2000 - 18:17 publiziert

Der 54-jährige Roth tritt ab nächstem Jahr die Nachfolge von Hans Meyer an, der in den Ruhestand tritt, wie das Eidg. Finanzdepartement in einem Communiqué bekannt gab. Die Wahl gilt für den Rest der laufenden Amtsperiode, also bis am 30. Juni 2003.

Der Walliser Roth ist erst der zweite Romand an der Spitze des SNB-Direktoriums nach dem Waadtländer Pierre Languetin (1985-1988), seit die Nationalbank 1907 ihre Tätigkeit aufnahm.

Roth arbeitet seit 1979 in leitenden Positionen bei der SNB. Er gilt branchenintern als Verfechter der monetaristischen Geldpolitik. Damit steht der künftige Nationalbank-Präsident der Finanzwelt nahe. Roth gehört der Freisinnig Demokratischen Partei an und waltet seit 1996 als Vizepräsident der Nationalbank.

Auf den frei werdenden Stuhl im dreiköpfigen Direktorium rückt ab Anfang 2001 der 57-jährige Niklaus Blattner nach. Der Basler Universitätsprofessor und Vorsitzende der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung ist laut Communiqué ebenfalls bis Ende Juni 2003 vom Bundesrat gewählt worden.

"Pole-Position" und Romandie

Am vergangenen Montag hatte der zehnköpfige Bankausschuss der Nationalbank dem Bundesrat die Wahl Gehrigs zum neuen SNB- Präsidenten und Blattners zum neuem Direktoriumsmitglied vorgeschlagen. Dieser Empfehlung schlossen sich am Freitag die 40 Mitglieder des Bankrats an. In der Vergangenheit war der Bundesrat den Vorschlägen üblicherweise gefolgt.

Die Wahl sei nicht einfach gewesen, sagte Bundesratssprecher Achille Casanova auf Anfrage. Beide Vorschläge seien exzellent gewesen. Zwei Gründe hätten den Ausschlag für Roth gegeben: die Vertretung der Romandie und die Tatsache, dass sich Roth mit dem Vizepräsidium bereits in der "Pole-Position" befunden habe.

CVP-Präsident kritisiert Wahl

Der Präsident der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), Adalbert Durrer, zeigte sich vom Bundesrat "sehr enttäuscht". Bei der Wahl von Jean-Pierre Roth zum neuen Präsidenten der Schweizer Nationalbank hätten nicht fachliche, sondern politische und sprachregionale Gründe entschieden", sagte Durrer auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP.

Für ihn sei klar, dass sich bei dieser Wahl im Bundesrat die FDP und vor allem Pascal Couchepin durchgesetzt habe. "Es ist ja bekannt, dass Bundesrat Couchepin sich schon im Vorfeld für eine Wahl Roths stark gemacht hat", sagte Durrer.

Der vom Bankrat für das Präsidium vorgeschlagene Bruno Gehrig ist Mitglied der CVP. Es sei schade, dass gute Leute mit solch fragwürdigen Entscheiden verheizt würden, sagte Durrer und wies gleichzeitig darauf hin, dass ja auch von objektiver Seite Vorbehalte an der fachlichen Kompetenz Roths geäussert worden seien. Gehrigs Fähigkeiten seien dagegen von allen Seiten unbestritten gewesen.

Gewerkschaftsbund bedauert Entscheid

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bedauert die Wahl Roths zum SNB-Präsidenten. Es bleibe zu hoffen, dass Gehrig im dreiköpfigen Direktorium der SNB verbleibe, sagte ein SGB-Sprecher am Montag auf Anfrage. Der Bankrat habe die Kandidatenfrage letzte Woche gewissenhaft analysiert und sich im Anschluss daran für Gehrig ausgesprochen.

Zufriedener Wirtschaftsverband

Anders tönt es beim Wirtschafts-Dachverband economiesuisse. Die Wahl von Jean-Pierre Roth komme nicht unbedingt überraschend, sagte deren Sekretär Rudolf Walser. Es sei damit zu rechnen gewesen, dass der Bundesrat als Wahlbehörde sich nicht einfach an den Vorschlag des Bankrats halten werde.

Dies sei das "gute Recht" des Bundesrates. Das Wahlverfahren sei sehr stark in der Öffentlichkeit ausgetragen worden. Der Bundesrat habe diesen Vorschlag nicht einfach so absegnen können, weil er auf diese Art und Weise seine Glaubwürdigkeit verloren hätte.

Economiesuisse hätte sehr gut mit einer Präsidentschaft Gehrigs leben können, so Walser weiter. Das sei aber auch bei Roth der Fall. Roth sei in qualitativer Hinsicht in jedem Fall eine gute Lösung.

Gehrig soll Vize werden

Gehrig ist nun der Favorit für das Amt des Vizepräsidenten, der noch nicht bestimmt wurde. Für den Bundesrat stehe Gehrig im Vordergrund, sagte Casanova. Allerdings lege das Nationalbankreglement den Sitz des Vizepräsidenten in Bern fest.

Jetzt müssten mit Gehrig noch Gespräche geführt werden, ob er bereit wäre, nach Bern zu wechseln. Allenfalls müsste auch geprüft werden, ob das Reglement geändert wird und Gehrig somit in Zürich bleiben könne, sagte Casanova. Den Entscheid über das SNB-Vizepräsidium dürfte der Bundesrat in den nächsten Wochen fällen.

swissinfo und Agenturen

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