Hariri-Attentat: Gesuch an die Schweiz
Libanon wünscht sich für die Untersuchung des Attentats auf seinen früheren Regierungschef Hariri neutrale Schweizer Kriminalistik-Experten.
Rafik Hariris Auto wurde am Montag bei einem Anschlag in die Luft gesprengt. Mindestens 14 weitere Personen kamen dabei ums Leben.
Der libanesische Präsident Emile Lahoud hat die Schweiz offiziell um Experten zur Untersuchung des Attentats auf den früheren Regierungschefs Rafik Hariri angefragt. Er übergab dem Schweizer Botschafter in Beirut ein entsprechendes Gesuch an Bundespräsident Samuel Schmid.
Am Freitag mittag präzisierte ein Sprecher des Schweizer Aussenministeriums, man warte noch auf Präzisierungen seitens Libanons, bevor man entscheide. Mündlich sei dem Botschafte der Wunsch zwar mitgeteilt worden, aber schriftlich sei bisher noch nichts eingetroffen.
Gesuch in Bern eingetroffen
Lahoud habe den Schweizer Botschafter Thomas Litscher am Donnerstag in den Präsidentenpalast Baabda in Beirut bestellt und ihn mündlich um die Entsendung von Schweizer Experten gebeten, sagte die Sprecherin des Präsidenten, Raic Chlala.
Wie die libanesische Regierung in einem Communiqué mitteilte, versicherte Litscher dem Präsidenten, dass die Schweiz entschlossen sei, den Libanon bei der Überwindung der Krise zu unterstützen. Litscher traf danach auch mit der libanesischen Staatsanwältin Rabiha Kaddoura zusammen.
Das Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte den Erhalt des Gesuchs. Die libanesische Anfrage werde geprüft, hiess es weiter.
Hariris Familie verlangt ausländische Experten
Der libanesische Innenminister Suleiman Frangié hatte noch am Dienstag eine internationale Ermittlung abgelehnt. Die Familie von Hariri verlangte noch am Donnerstag mit Nachdruck, dass ausländische Experten in die Untersuchung einbezogen werden.
Nach dem französischen Präsidenten Jacques Chirac sprach sich auch der EU-Aussenbeauftragte Javier Solana für eine internationale Untersuchung des Anschlags aus.
Auch die libanesische Opposition, die sich gegen die syrische Präsenz im Land wehrt, hatte den Ruf um eine internationale Untersuchung unterstützt.
Hoffen auf Antwort bis Freitag
Der Entscheid, internationale Experten beizuziehen, sei aber erst gefallen, nachdem der Staatsanwalt beim Militärgericht, Jean Fahd, am Mittwoch den Unglücksort ein zweites Mal besucht habe, hiess es aus juristischen Quellen. Beirut hofft jetzt auf eine Antwort aus der Schweiz bis Freitag.
"Wir sind optimistisch", sagte Chlala. Sollte die Schweiz die Anfrage positiv beantworten, würde sich das Bundesamt für Polizei (fedpol.ch) um die Einschätzung der Lage und die Auswahl der Spezialisten kümmern. Das fedpol.ch verfüge über Experten, die mit Sprengstoff und Erbgutanalysen vertraut seien, sagte fedpol.ch-Sprecher Guido Balmer.
Ursache nicht klar
"Bisher haben die libanesischen Experten die genaue Ursache des Anschlags noch nicht herausgefunden. Deshalb sind wir auf ausländische, neutrale Experten angewiesen", erklärte Chlala die libanesische Anfrage. Eine DNA-Analyse soll nun helfen, die Identität der verstümmelten Opfer, aber auch des mutmasslichen Selbstmord-Attentäters zu bestimmen.
Neben Hariri waren bei dem Bomben-Anschlag am Montag 14 weitere Personen getötet worden. Der frühere libanesische Wirtschaftsminister Bassel Fleihan, der bei dem Anschlag schwer verletzt worden war, befand sich am Donnerstag in kritischem Zustand in einem Pariser Spital.
swissinfo und Agenturen
In Kürze
Rafik Hariri, 1944 – 2005, stand in den letzten 12 Jahren im Zentrum der libanesischen Politik. 1992 wurde er zum Regierungschef berufen, nach 15 Jahren Bürgerkrieg.
Seine Anhänger sehen ihn als Begründer der wirtschaftlichen Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des Kriegs. Seine Gegner warfen ihm Schuldenpolitik vor. Das Land steht heute mit 35 Mrd. Dollar in der Kreide.
Hariri, ein Sunnit aus einfachen Verhältnissen, machte sein Vermögen in Saudi Arabien. Er investierte vor allem in Medien, und unterhielt ein Imperium.
Am 20. Oktober 2004 demissionierte er, als das Parlament eine Verfassungsänderung gut hiess, die dem prosyrischen Präsident Emile Lahoud weitere drei Jahre Präsidentschaft ermöglicht hätte.
Fakten
Am Montag wurde der ehemalige Regierungschef Rafik Hariri in Beirut mit mindestens 14 weiteren Personen Opfer eines Attentats.
Am Dienstag äusserte sich Innenminister Suleiman Frangié zur kriminalistischen Hilfe aus dem Ausland.
Am Mittwoch protestierten hunderttausend Libanesen während des Abschieds von Hariri gegen Syrien.
Syrien versteht sich als Schutzmacht Libanons und sieht ihn in seiner Einflusszone.
Viele Libanesen verdächtigen deshalb Syrien, mit dem Attentat in Beziehung zu stehen.

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