Gotthard: Öffnung für Personen- und Lastwagen
Der Gotthard-Tunnel wird wieder eröffnet. Ab 21. Dezember dürfen alle Fahrzeuge die Route tagsüber befahren - mit Einschränkungen.
Alle oder nur der Leichtverkehr? Das war die Frage. Uri und Tessin, die beiden Gotthard-Kantone, wollten den Gotthard-Tunnel vorerst nur für Autos öffnen. Der Schwerverkehr sollte später folgen. Das Haupt-Argument: Die Sicherheit könne am 21. Dezember noch nicht optimal gewährleistet werden.
Dagegen wehrte sich der Kanton Graubünden vehement. Der Kanton schluckt zur Zeit einen grossen Teil des Mehrverkehrs an Last- und Personenwagen, der seit der Schliessung des Gotthard-Tunnels durchs Bündnerland umgeleitet werden muss.
Einbahn, 150 m Abstand, Nachtfahrsperre
Ab dem Weihnachts-Wochenende dürfen Personenwagen fast unbeschränkt, Lastwagen beschränkt durch den Gotthard-Tunnel fahren - allerdings bloss tagsüber, nachts wird noch die Ventilation verbessert, der Tunnel ist gesperrt.
Für den Schwerverkehr gilt vorerst: Alternierender Einbahnverkehr und 150 Meter Abstand. Das Dosierungssystem wird mit dem Segen der Europäischen Union eingeführt. Deren Verkehrsminister hatten Ende November entsprechende Sicherheits-Massnahmen verabschiedet. Weitere Massnahmen, wie eine Geschwindigkeits-Beschränkung, würden noch überprüft, erklärte Verkehrsminister Moritz Leuenberger am Montag dem Parlament in Bern.
Sicherheit ist gewährleistet
Grund für die Eröffnung des Tunnels für alle Fahrzeug-Kategorien sei eine gesamtschweizerische Sicherheits-Analyse. Leuenberger erklärte, es gehe nicht an, dass am Gotthard maximale Sicherheit gewährt werde, während andernorts weniger Sicherheit herrsche.
Zentral sei gewesen, dass dieselbe Sicherheit wie vor dem 24. Oktober gewährleistet werden könne. Und dies sei der Fall. Die Dosierungs-Massnahmen sollen nun helfen, Auffahrunfälle und Frontalkollisionen zu vermeiden. Durch die Dosierung reduziere sich die Kapazität des Tunnels von 5500 Lastwagen vor dem Unfall auf maximal rund 3700, wobei die Zahl noch nicht ganz sicher sei, so Leuenberger.
Nächster Schritt sei es, Warteräume zwischen den Kantonen Uri und Tessin auszuarbeiten. Dabei erwartet der Verkehrsminister die solidarische Mitarbeit der beiden Kantone, auch wenn sie gegen diese Lösung seien.
Der Kanton Graubünden hätte sich bereits sehr solidarisch gezeigt, erinnerte er. "Es würde niemand verstehen, wenn nun, um eine Luxuslösung im Gotthard zu erarbeiten, der Kanton Graubünden mit einem weit niedrigeren Sicherheitsstandart alleine gelassen würde."
Uri und Tessin nicht begeistert
Wie erwartet, fallen die Reaktionen auf die Öffnung unterschiedlich aus. Die Strassenverkehrs-Verbände haben den Entscheid begrüsst. Die Bündner sind erleichtert, dass der San Bernardino nun wieder etwas entlastet werden soll.
Trotz vorheriger Opposition trägt auch die Urner Regierung den Entscheid mit. Die Einbahnregelung für den Schwerverkehr erhöhe die Sicherheit im Tunnel. Oberstes Ziel aller Massnahmen sei aber nach wie vor die Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene.
Der Tessiner Regierungsrat hat mit Besorgnis auf die Wiedereröffnung des Gotthard-Tunnels reagiert. Vor dem Tessiner Parlament in Bellinzona bezeichnete Regierungsrat Marco Borradori die Öffnung als verfrüht. Sie sei nicht im Einklang mit dem Sicherheitsprofil und unsensibel bezüglich der Folgen auf Verkehr.
Zwar anerkenne der Regierungsrat die Kompetenz des Bundesrates, doch stehe der Entscheid im Widerspruch mit den technischen Empfehlungen der Betriebskommission. Der Bund müsse deshalb die volle Verantwortung für die Sicherheit im Tunnel und die Anwendung der Dosierung des Schwerverkehrs übernehmen.
Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) oder Greenpeace bedauern den Entscheid. Die Chance, das Transitproblem bei der Wurzel zu packen, sei nicht genutzt worden, schreibt Greenpeace. Für den VCS wäre statt der "übereilten Wiederöffnung" eine weitere Intensivierung der Umlagerungs-Massnahmen sinnvoller gewesen.
Rebecca Vermot und Agenturen

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