Gewerkschaften fordern Besserstellung der Landarbeiter
Mit der Aufhebung des Saisonnierstatuts könnten sich die Arbeitsbedingungen ausländischer Landarbeiter in der Schweiz weiter verschlechtern. Die Gewerkschaft GBI plant Gegenmassnahmen, von denen der Schweizerische Bauernverband (SBV) jedoch wenig hält.
Zur Zeit wird auf Schweizer Feldern die Ernte eingebracht. Ausländische Landarbeiter schuften bis zu zwölf Stunden pro Tag, oft zu Mindestlöhnen. Diese fallen kantonal unterschiedlich aus und richten sich oft nach Minimalschutzbestimmungen gemäss Obligationenrecht.
Mit Inkrafttreten der bilateralen Verträge und der Aufhebung des Saisonnierstatuts fallen auch fremdenpolizeiliche Auflagen weg - wohl zu Ungunsten der Landarbeiter. "Wir befürchten Lohndumping und noch schlechtere Arbeitsbedingungen», sagte Mehmet Akyol von der Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Deshalb fordert die GBI einen nationalen Normalarbeitsvertrag. Ein entsprechendes Projekt wurde im Juni angekündigt und ist nun weit gediehen. Es soll noch im September oder Oktober dem Bundesrat vorgelegt werden. Die GBI will dabei mit dem SBV zusammen arbeiten und den Vorschlag idealerweise gemeinsam präsentieren.
Prekäre Einkommenssituation
Diesem Ansinnen stehen jedoch noch manche Hindernisse im Weg. "Momentan liegen die Vorstellungen punkto Arbeitsbedingungen und Löhne zu weit auseinander", sagte SBV-Direktor Melchior Ehrler auf Anfrage. Laut ihm können die Bauern nur das bezahlen, was sie auch wirtschaftlich verkraften.
"Wenn dem Bauern noch 3000 Franken im Monat bleiben, wie soll er da hohe Löhne bezahlen?", fragt Ehrler. Der SBV-Direktor ruft die Gewerkschaften auf, sich auch für die wirtschaftliche Situation der Bauern einzusetzen, deren Einkommen weiter unter Druck geraten zu drohen.
Akyol hat Verständnis für diese prekäre Situation vieler Bauernbetriebe. Anderseits stellt er fest, dass immer weniger Arbeitskräfte aus dem EU-Raum gewillt seien, in der Schweizer Landwirtschaft täglich zehn Stunden und mehr zu arbeiten und dafür nach Abzügen für Kost und Logis 1300 bis 1500 Franken monatlich zu verdienen.
Das Dilemma müsse durch faire Arbeitsbedingungen und allenfalls begleitende Massnahmen wie indirekte Zahlungen für Kleinbetriebe gelöst werden. Keine Lösung seien Sonderkontingente für Landarbeiter aus Osteuropa, wie sie vereinzelt aus Bauernkreisen gefordert würden.
Bund sieht keinen Handlungsbedarf
Keinen Handlungsbedarf sieht momentan Daniel Veuve vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco). Er verweist auf die Zuständigkeit der Kantone und bringt gegenüber einem nationalen Normalarbeitsvertrag rechtliche Vorbehalte an.
Auf Grund der flankierenden Massnahmen zu den bilateralen Verträgen könnten laut Veuve zudem verbindliche Mindestlöhne erlassen werden, falls Missstände festgestellt würden.
swissinfo und Agenturen

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