Geldwäscherei-Gesetz: weiterhin problematisch
Die Bewältigung der Vollzugskrise beim Geldwäschereigesetz braucht weiterhin viel Zeit: Der interimistische Kontroll-stellenchef Armand Meyer zieht Bilanz.
Armand Meyer, der von Finanzminister Kaspar Villiger im Juni nach dem Abgang von Niklaus Huber an die Spitze der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei geholt worden war, beurteilt die Vollzugsprobleme nach wie vor als relativ schwerwiegend. Meyer sagte diese Woche in Zürich, es seien zwar eine Reihe von Massnahmen getroffen worden und weitere in Vorbereitung. Dies brauche aber Zeit, und gefragt sei Geduld.
Unglücklicher Gesetzestitel
Die Mängel fangen gemäss Meyer bereits beim Titel des Gesetzes an. Die Bezeichnung "Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor" erwecke den falschen Eindruck eines Kampf- und Polizeigesetzes. Richtiger wäre die Bezeichnung "Bundesgesetz über die Sorgfaltspflichten im Finanzsektor".
Meyer stellte sich aber mit Nachdruck hinter das Prinzip der Selbstregulierung und machte darauf aufmerksam, dass das System der Selbstregulierungs-Organisationen (SRO) zu den wenigen Bereichen gehöre, die mehr oder weniger plangemäss funktionierten.
Zudem habe die Bewährungsprobe erst begonnen, und ein abschliessendes Urteil sei erst in etwa drei Jahren möglich.
Mangelnde Unabhängigkeit der Kontrollstelle
Rückblickend listete Meyer unter anderem folgende Ursachen der Krise auf: Das 1998 in Kraft getretene Gesetz sei ungenau und lasse sehr viel Interpretations-Spielraum offen. Wahrscheinlich ein Missgriff sei die Eingliederung der Kontrollstelle in die Bundesverwaltung; es fehle ihr an Flexibilität und Unabhängigkeit, wie sie zum Beispiel die Eidgenössische Bankenkommission habe.
Die Aufgaben der Kontrollstelle, die nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, sondern auf Grund erheblichen Drucks aus dem Ausland formuliert worden seien, seien unterschätzt worden und würden vielleicht auch heute noch unterschätzt. Weiter machte Meyer Führungsprobleme aus und verwies auf den dramatischen Personalmangel.
Zu viel Arbeit für zu wenig Leute
Auch der nun bewilligte Personalausbau auf 25 Stellen, von denen zurzeit die Hälfte besetzt sind, werde wahrscheinlich nicht ausreichen. Bei seinem Amtsantritt habe er zudem Struktur- und Organisations-Schwächen vorgefunden. Ohne die gute Arbeit der Datenbank-Administratorin wäre die ganze Kontrollstelle im Sommer wohl abgestürzt, sagte Meyer.
Als bedauerlich bezeichnete er den Umstand, dass nach wie vor keine Entscheide über die Direktunterstellung von Finanzintermediären erfolgt sind. Immerhin habe sich die Zahl der hängigen Gesuche von 576 bei seinem Amtsantritt auf etwa 350 reduziert, dies weil Doppelgesuche eliminiert und verschiedene Anträge zurückgezogen worden waren.
Noch nicht funktionsfähig ist im weiteren eine kohärente Marktaufsicht. Ziemlich viele Finanzintermediäre, darunter wahrscheinlich auch solche, die Geldwäscherei betrieben, dürften sich weiterhin in der Illegalität befinden, sagte Meyer. Es fehle an Personal und Zeit, um Bussenverfügungen zu schreiben.
Grosse Bedeutung misst der interimistische Kontrollstellen-Chef der Ausarbeitung einer Bagatellfall-Regelung bei. Dies gehöre zu den Prioritäten der neuen Kontrollstellen-Leiterin Dina Balleyguier und werde eine Konzentration der Kräfte erlauben.
Schub nach dem 11. September
Auch das Revisionswesen dürfte Anfang 2002 anlaufen, und für Februar bis Frühling wird der Vollzug weiterer Teile des vor Jahresfrist beschlossenen Massnahmen-Pakets erwartet. Dazu gehören eine Strategie der Kontrollstelle, ein Leitbild für die SRO sowie ein Kommunikations- und Informationskonzept.
Die im Gesetz verankerte Koordination mit anderen Behörden hat gemäss Meyer durch den 11. September und die Fahndung nach Terroristengeldern einen Schub erhalten, wobei allerdings auch hier am Anfang ein ziemliches Chaos geherrscht habe.
swissinfo und Balz Bruppacher (ap)

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