GC ist kein Glanz-Club mehr
Einer der Vorzeige-Vereine im Schweizer Fussball ist in eine sportliche und strukturelle Krise geraten: die Grasshoppers aus Zürich.
Der totale Neuanfang wurde angekündigt. Konkret ist noch nichts. Der Erfolg soll mit weniger Geld gesucht werden. Doch genau das passt schlecht zu GC.
Es ist selten, dass eine Nachrichtenagentur ihre Meldung mit 7 Ausrufezeichen versieht. Doch am 12. September 2004 sah sie sich veranlasst, die sieben Zeichen hinter folgende Fussball-Vormeldung zu setzen: "Super League, 8. Runde: Basel – Grasshoppers 8:1 (5:0) !!!!!!!"
Der Grasshoppers-Club aus Zürich, kurz GC genannt, ist der erfolgreichste Fussballverein der Schweiz: Die Fussball-Sektion des polysportiven Vereins kann auf ein Palmares von 27 Schweizermeister-Titeln, 18 Cupsiegen und 8 Doubles zurückblicken.
Noch immer gelten die Grasshoppers in der Schweiz als reicher Verein oder anders ausgedrückt als Verein des wohlhabenden Zürichs. Zur Frage, woher denn das Geld komme, da ranken sich Gerüchte um einen potenten "Donnerstag-Club".
Nur sportliche Schlagzeilen
Jahrelang sorgte auch der legendäre Präsident Werner H. Spross - der "Gärtner der Nation" - für das finanzielle Wohl des Vereins. Rund 18 Mio. Franken eigene Mittel soll er als Hauptaktionär in den Verein gepumpt haben.
So gab es über GC jahrelang, ausser über das Geschehen auf dem Rasen, nichts anderes zu schreiben - wie diese kleine Meldung in einem Zürcher Blatt aus dem Jahr 1983 beweist. Da stand unter dem Titel "Ruhige GV":
"An der Generalversammlung des Grasshoppers-Club Zürich wurden am Donnerstagabend [sic!] sämtliche Traktanden rasch und diskussionslos erledigt und der Vorstand mit Präsident Karl Oberholzer an der Spitze in globo wiedergewählt."
Grosse Namen
Stolz präsentiert man die Reihe der Startrainer: Karl Rappan, Hennes Weissweiler, Helmuth Johansson, Jürgen Sundermann, Ottmar Hitzfeld, Leo Beenhakker, Christian Gross oder Roy Hodgson.
Aber auch die Spieler lassen sich sehen: Netzer, de Vicente oder Rufer waren bekannte Söldner. Die Zahl der Schweizer Nationalspieler ist (fast) endlos: Von Bickel und Ballamann über Koller, bis Sutter oder Türkyilmaz.
Und zwanzig Jahre später eine 8:1 Niederlage gegen Erzrivale Basel. Was war geschehen?
Lange Zeit noch nichts. Zwar war schon in den 60er-Jahren die absolute Vormachtstellung in der Schweiz an Basel oder den Stadtrivalen FC Zürich verloren gegangen. Doch blieb GC insgesamt gelassen und das Mass der Dinge, auch der finanziellen.
GC legte im Europa-Cup (später Champions League) Ehre für den Schweizer Fussball ein. Der Verein stand 1979 im Viertelfinal des Europa-Cup der Landesmeister und Schweizer Meister wurde das Team letztmals 2001 und 2003.
Die "Geldvernichter"
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts meldeten sich kritische Stimmen und sprachen von GC als dem "grössten Geldvernichter" im Schweizer Fussball.
Die damaligen Besitzer, allen voran der Banker Rainer E. Gut und der damalige Finanzchef von Nestlé, Fritz Gerber, steigerten das Jahresbudget des Fussballvereins auf für Schweizer Verhältnisse ungeheuerliche 33 Mio. Franken.
Sie finanzierten auch den teuersten Transfer der GC-Geschichte: Richard Nuñez. Der Spieler aus Uruguay wurde für geschätzte 5 Mio. Franken nach Zürich geholt. Doch auch Trainer-Flop Roy Hodgson dürfte viel Geld gekostet haben.
Es war denn auch Nuñez, der den Stein Richtung Absturz von GC ins Rollen brachte.
Spielen gegen den Abstieg
Erst weigerte sich der Star, unter dem damaligen Trainer Marcel Koller zu spielen. Dann trennte sich GC im Oktober 2003 tatsächlich von Koller.
Der Walliser Jean Paul Brigger wurde zum Sportchef ernannt. Im Oktober 2004 wurde auch der neue Trainer Alain Geiger gefeuert. Als Grund wurde immer "Misserfolg" genannt. Das Trainerkarussell drehte sich immer schneller.
Den grössten Einschnitt allerdings stellte die Demission der Gönner Gut und Gerber dar. Die potenten Aktionäre zogen sich zurück und seither muss GC finanziell kleinere Brötchen backen. Die auch geldmässig unbestrittene Nummer eins in der Schweiz ist heute der FC Basel.
Plötzlich geriet GC massiv in die Kritik der Öffentlichkeit. Parallel dazu sank die sportliche Leistung des Teams. Urplötzlich spielte GC im "Abstiegsbereich".
Was jahrelang gut war ist nun schlecht: die Führung, die Transferpolitik, die Geschäftspraktiken. Die Grasshoppers spüren plötzlich das einzige Gesetz im Fussball: Nur der Erfolg zählt!
"Vorwärts, wir müssen zurück", schreibt die "Neue Zürcher Zeitung" und meint "zurück" zum alten Erfolg, aber mit weniger Geld.
GC wie FDP
Damit ähnelt die Situation des "Clubs der Reichen" derjenigen der politischen Partei der Wohlhabenden in der Schweiz. Auch sie, die Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz (FDP) ist in der Krise. Die einst staatstragende Regierungs-Partei verliert Wähleranteile.
"Man kann zu allem und jedem eine Parallele ziehen", sagt Christian Weber, Pressesprecher der FDP Schweiz, gegenüber swissinfo zu diesem Vergleich.
"GC ist nicht die Sportabteilung der FDP, aber es ist schon möglich, dass Spieler oder Verantwortliche des Clubs bei uns Mitglieder sind", sagt Weber.
Eine Parallele gibt es jedoch: Sowohl die FDP wie auch GC suchen einen neuen Trainer. Die FDP Schweiz einen Parteipräsidenteen, GC einen neuen Coach für die erste Mannschaft.
Bei beiden "Teams" werden keine Namen genannt. Der Grasshoppers-Club meldet zudem, dass bei der Neuausrichtung kein Stein auf dem andern bleiben soll.
Dazu soll ein Trainer verpflichtet werden, der die Mannschaft wieder "in die Spur bringen" soll. Am besten würde man Superman engagieren, scherzte Sportchef Paul Brigger. Scherzte er wirklich?
Ob das Geld allerdings für einen Ottmar Hitzfeld reicht? Wenn es unbedingt notwendig war, hat der "Donnerstags-Club" noch immer einen Weg gefunden.
swissinfo, Urs Maurer
In Kürze
GC wurde 1886 gegründet und ist der zweitälteste Fussballverein der Schweiz.
1893 trug GC als erste Schweizer Equipe in Deutschland ein Spiel aus und gewann gegen Strassburg (damals deutsch) 1:0.
GC war 27 mal Schweizer Meister und 18 mal Cupsieger.

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