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Fragiles Einbahn-Regime am Gotthard

Schon am ersten Werktag nach den Feiertagen mussten im Tessin Lastwagen über die San Bernardino Route umgeleitet werden. Keystone

Am Gotthard ist der befürchtete Schwerverkehrs-Kollaps am Montag vorerst ausgeblieben. Es gab aber lange Wartezeiten und Zwangsumleitungen.

Dieser Inhalt wurde am 07. Januar 2002 publiziert

Am ersten richtigen Werktag nach der Feiertags-Periode trat am Gotthard auf Tessiner Seite zum ersten Mal der von der Polizei erwartete Ernstfall ein. Der fünf Kilometer lange Stauraum bei Quinto - ein abgetrennter Streifen der Autobahn A2- war restlos belegt.

Zuviele Laster

"Die Camions stauen sich bis zwei Kilometer über die Dosierstelle hinaus", sagte der Chef der Tessiner Verkehrspolizei, Marco Guscio. Der nachrückende Schwerverkehr bei der Verzweigung Bellinzona musste auf die San-Bernardino-Route umgeleitet werden, da das Tessin keine vorgelagerten Warteräume zur Verfügung stellt.

Das Verkehrs-Aufkommen am San Bernardino blieb trotz der Umleitungen mit gut 370 Fahrzeugen Richtung Nord und 140 Lastern Richtung Süd verhalten. Während der Sperre des Gotthard-Tunnels waren insgesamt bis zu 4500 Brummis pro Tag auf der A13 unterwegs gewesen.

Keine Warteräume im Tessin - Unmut im Graubünden

"Wenn der Druck der Camioneure gegen die San-Bernardino-Strecke wächst, müssen wir mit dem Tessin nochmals nach Lösungen für Warteräume suchen", kommentierte Michael Gehrken, Sprecher des Bundesamtes für Strassen.

Im Kanton Graubünden wurde wegen der Zwangsumleitungen erneut Unmut laut. Der Bündner Baudirektor Stefan Engler kritisierte die Umleitungen scharf und wies unter anderem auf die fehlenden Warteräume im Tessin hin.

Die Regierung werde die neue Lage eingehend beurteilen und nochmals versuchen, mit der Tessiner Regierung ins Gespräch zu kommen. Die beiden Regierungen waren sich schon im Dezember wegen der Wieder-Eröffnung des Gotthard-Tunnels in die Haare geraten.

Ruhiger verlief der Verkehr in Richtung Nord-Süd. "Es gab keinerlei Probleme", erklärte Herber Pflanzer von der Urner Kantonspolizei. Der Stauraum bei Amsteg konnte jeweils entleert werden. Maximal erfolgte in einer Schicht ein Durchlass von 174 Lastwagen.

Das fragile Dosiersystem

Das neue Dosiersystem war zur Wiedereröffnung des Gotthard-Strassentunnels für den Schwerverkehr am 22.Dezember in Kraft getreten. Um Gegenverkehr von Camions im Tunnel zu vermeiden, werden die Lastwagen jeweils im Zwei-Stunden-Takt in eine Richtung auf die Reise geschickt. Zudem gilt ein Mindestabstand von 150 Metern, um die Sicherheit zu erhöhen.

In der Feiertagsperiode hatte das Einbahn-Regime praktisch problemlos funktioniert. Da es wenig Verkehr gab, durften die Lastwagen sogar in kürzeren Intervallen die Röhre passieren.

Doch zeigte sich selbst in diesen Tagen die Fragilität des Systems:
So musste die Einfahrt zum Südportal letzte Woche gesperrt werden, als neugierige Autofahrer im Tunnel an der Unfallstelle langsam fuhren und das Risiko von Kolonnen-Bildung bestand. Die Folge: Camions vor dem Portal.

Auch der unerwartet starke private Reiseverkehr musste teils schon in der Leventina gestoppt werden, um die Durchfahrt für die Camions Richtung Norden sicherzustellen. Dabei gab es noch keine Wetterprobleme: Seit der Wiedereröffnung des Tunnels hat es nicht geschneit.

Zu positive Prognosen

Laut Berechnungen des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) sollten mit dem neuen System 3000 bis 3500 Camions pro Tag den Gotthard-Tunnel passieren können.

Für Marco Guscio sind diese Prognosen nach wie vor zu positiv. "Selbst wenn wir noch Verbesserungen erreichen, werden wir kaum mehr als 2000 Fahrzeuge pro Tag schaffen," ist er überzeugt.

Das Chaos ist seiner Meinung nach programmiert, wenn Schnee fällt oder sich Unfälle ereignen und der Verkehr wieder auf Normalniveau anwächst. Vor dem Brandunfall im Oktober waren bis zu 5500 Camions pro Tag durch den Tunnel gefahren.

ASTAG-Kritik

Mit einer zunehmend kritischen Situation am Gotthard rechnet auch der Schweizerische Nutzfahrzeug-Verband ASTAG. Gefordert wird, den internationalen Transitverkehr stärker auf die Bahn zu verlagen, um die Binnen-Transporteure nicht zu benachteiligen.

Ähnlich töntt es beim Schweizerischen Berufsfahrer-Verband. "Wir sind froh, dass wir wieder durch den Gotthard fahren können, aber die Wartezeiten sind relativ hoch", sagt David Piras, Generalsekretär von Routiers Suisse. Viele Chauffeure beklagen, dass sie ohne Verpflegung und Toiletten stundenlang auf der Autobahn stehen müssen.

Gerhard Lob

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