Feinstaub: Die Schweiz appelliert an die EU
Der Schweizer Umweltminister Moritz Leuenberger sucht Verbündete im Kampf gegen den Feinstaub. Er hat an seine europäischen Amtskollegen appelliert, die sich in Finnland getroffen haben.
Während die Schweiz rasch strengere Abgasnormen einführen möchte, haben es die Staaten der Europäischen Union (EU) weniger eilig.
Mit Moritz Leuenberger nahm erstmals ein Schweizer Umweltminister an einem der regelmässig stattfindenden informellen Treffen der EU-Umweltminister teil. Die Konferenz vom Samstag unter der Leitung der neuen finnischen EU-Ratspräsidentschaft stand unter dem Motto "Ökoeffizienz".
An dem Treffen habe sich gezeigt, dass die EU-Minister die anstehenden Umweltprobleme ähnlich beurteilten wie die Schweizer Behörden, sagte Bruno Oberle, der Direktor des Bundesamts für Umwelt (BAFU). Oberle begleitete Leuenberger an der Konferenz.
Laut Oberle legte jedes Land dar, welche Umweltprobleme es momentan am stärksten beschäftigten. Heiss diskutiert werde überall der Klimawandel. Zudem zeige sich, dass auch die EU gewillt sei, eine Politik der natürlichen Ressourcen zu betreiben. Ausserdem werde die Umweltpolitik immer öfter in anderen Sektoren wie Verkehrs- und Handelspolitik verankert.
Konsens über Umweltpolitik
In Turku zeigte sich, dass es innerhalb der EU einen Konsens gibt, mit verstärkten fiskalischen Mitteln eine nachhaltige Umweltpolitik zu verfolgen.
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sagte, "fast alle" Minister seien für mehr Umweltsteuern und für die Streichung von Subventionen, welche umweltschädliche Auswirkungen haben.
Unter den diskutierten Massnahmen waren neben Erhöhungen bei den klassischen umweltspezifischen Steuern wie etwa auf Benzin und Diesel auch die so genannte Flugticketsteuer, wie sie etwa Schweden einführen will, sowie Steuern auf Rohstoffen und auf Energieverbrauch.
Schweiz besonders betroffen
Bundespräsident Leuenberger habe vor der EU-Runde auf die spezielle Feinstaubsituation der Schweiz aufmerksam gemacht, sagte Oberle.
Die winterliche Hochnebeldecke über dem Mittelland begünstigt die Ansammlung des Schadstoffes. Leuenberger habe die EU-Minister darum gebeten, ihren Beitrag zur Lösung des Problems zu leisten.
Zum einen erhofft sich die Schweiz, dass die EU selbst etwas gegen den Feinstaub unternehme. Die Schadstoffe blieben ja nicht an der Grenze hängen, sagte Oberle. Zum andern habe Leuenberger auch seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass Europa der Schweiz bei den geplanten Massnahmen nicht im Wege stehe.
Schweiz möchte Grenzwert früher einführen
Die Schweiz möchte nämlich den so genannten EURO-5-Russgrenzwert für Dieselfahrzeuge, den die EU in den Jahren 2008 bis 2011 einführen will, bereits nächstes Jahr in Kraft setzen. Dies würde faktisch zu einer Partikelfilterpflicht für alle importierten Dieselautos führen.
Weil die Schweiz sich mit den bilateralen Verträgen verpflichtet hat, Abgasnormen gleichzeitig mit der EU einzuführen, braucht sie für eine frühere Inkraftsetzung eine Sonderbewilligung.
Im Zusammenhang mit der LSVA-Erhöhung hatte Leuenberger zudem Ende Juni angekündigt, mit der EU darüber verhandeln zu wollen, dass Lastwagen stärker zur Kasse gebeten würden, die besonders viele Schadstoffe ausstossen.
swissinfo und Agenturen
In Kürze
Feinstaub setzt sich aus primären Partikeln (die aus Verbrennungsprozessen, mechanischem Abrieb von Reifen, Bremsen, Strassenbelag und Aufwirbelungen oder aus natürlichen Quellen stammen) und sekundären Partikeln (welche sich erst in der Luft aus gasförmigen Vorläuferschadstoffen bilden) zusammen.
Die schädlichsten Partikel sind diejenigen, die aus Abgasen von Dieselmotoren stammen, ausserdem solche aus der Landwirtschaft und auf Baustellen.
Wegen ihrer Kleinheit können diese Partikel in die feinsten Verästelungen der Lunge eindringen und schwerwiegende Gesundheitsschäden verursachen.
Fakten
In der Schweiz beträgt der Grenzwert für die Konzentration von Feinstaub in der Luft 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Die EU wendet die gleichen Grenzwerte an.
In den USA beträgt der Grenzwert 150 Mikrogramm pro Kubikmeter.

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