EZB/Trichet kündigt neue Bewertung der Inflationsgefahren in der Eurozone an
BRÜSSEL (awp international) - Der Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean Claude Trichet, hat eine Neubewertung der Inflationsgefahren in der Eurozone angekündigt. Die Risiken für die künftige Preisentwicklung seien derzeit unter Beobachtung ("under study"), sagte Trichet am Montag in einer Rede vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel. Die neue Bewertung vollziehe sich im Rahmen der EZB-Projektionen, deren Ergebnisse Anfang September veröffentlicht werden.
Im Verlauf des Jahres hatte die EZB den Leitzins in der Eurozone vor dem Hintergrund der steigenden Inflationsgefahren in zwei Schritten von einem Rekordtief 1,0 Prozent auf nunmehr 1,5 Prozent angehoben. Experten rechnen nach zuletzt schwachen Konjunkturdaten und einem Rückgang der Inflationsgefahren mit einer Zinspause der EZB.
In der Sondersitzung des EU-Parlaments zur Schuldenkrise in der Eurozone sagte Trichet ausserdem, dass die jüngsten Käufe von Staatsanleihen aus den Mitgliedsstaaten der Eurozone im Rahmen der geltenden Verträge stattgefunden haben. Der Erwerb habe nicht gegen Regeln der EU-Verträge verstossen, versicherte der Notenbankchef. Zuvor hatte Bundespräsident Christian Wulff in einer Aufsehen erregenden Rede gesagt, dass die Anleihenkäufe der EZB rechtlich bedenklich seien und dass die Notenbank "weit über ihr Mandat" hinausgegangen sei.
Nach jüngsten Angaben der EZB hatte die Notenbank in der vergangenen Woche Anleihen in einem Volumen von 6,651 Milliarden Euro gekauft, nach 14,291 Milliarden Euro in der Woche zuvor. Laut Händlern hat die EZB zuletzt vor allem Anleihen aus Italien und Spanien aufgekauft. Insgesamt hält die EZB nach offiziellen Angaben nunmehr Anleihen in einem Volumen von 115,5 Milliarden Euro./jkr/jsl