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Ex-Geheimagent: Schweiz im Irak-Krieg schlecht informiert

Der ehemalige Schweizer Geheimagent und Buchautor Jacques Baud. L'Illustré/Philippe Dutoit

Jacques Baud, Ex-Mitglied des Schweizer Geheimdienstes, glaubt, dass die Schweiz nicht genau weiss, was im Irak geschieht.

Dieser Inhalt wurde am 08. April 2003 - 16:33 publiziert

swissinfo sprach mit dem Autoren des kurz vor dem Irak-Krieg veröffentlichten Buches "La guerre asymétrique ou la défaite du vainqueur".

Jacques Baud hat bereits ein Informations- und Geheimdienstlexikon geschrieben. Als ehemaliges Mitglied des Schweizer Geheimdienstes wirft er einen kritischen Blick auf die Strategie der USA und Grossbritanniens im Irak-Konflikt. Zuerst zur Zusammenarbeit Washingtons und Londons mit den anderen westlichen Ländern wie der Schweiz im Bereich Information.

swissinfo: Wie kann sich die Schweizer Regierung richtig auf dem Laufenden halten über die Geschehnisse im Irak?

Jacques Baud: Nur die Streitkräfte der Koalition wissen wirklich, was auf dem Schlachtfeld geschieht. Seit ihrem Debakel in Somalia halten die Amerikaner ihre Informationen unter dem Deckel, und die anderen müssen mit den Folgen leben.

Sogar ein Land wie Frankreich hat nur ein ungenaues Bild über den Konflikt. Das gilt umso mehr für kleine Länder wie die Schweiz, die Niederlande oder die Tschechische Republik.

Manipulieren demnach Kommunikation und Information die Kriegsführung?

Beim letzten Golfkrieg informierten die Amerikaner genauer und eingehender über die Kämpfe. Seither haben sie ihre Strategie geändert, weil sie glauben, dass eine zu offene Informationspolitik negative Folgen hat für sie. Jetzt ist die Information vollständig in die amerikanischen Militäroperationen integriert.

Sie erinnern daran, dass ein Krieg nicht nur im Feld, sondern auch durch die öffentliche Meinung gewonnen wird. Sollte sich Ihr Buch an Georges W. Bush richten?

Über die öffentliche Meinung können die gegnerischen Aktivitäten in der Tat sehr wirksam in eine andere Richtung gelenkt werden. Vergessen wir nicht, wie schnell nach dem Tod von 18 Rangers-Soldaten der amerikanische Rückzug aus Somalia vor sich ging. Der Westen hat nicht die gleiche Auffassung von Tod und Kriegserfolg wie die islamische Welt.

Die USA versprachen einen Morgenspaziergang im Irak und sagten voraus, dass das Regime von Saddam Hussein in wenigen Tagen zusammenbrechen würde. Weshalb haben sie sich so getäuscht?

Die amerikanischen Dienste bauen im Wesentlichen auf Tatsachen auf. Sie sind ausgezeichnet, wenn es darum geht, die Anzahl feindlicher Panzer praktisch auf das Fahrzeug genau anzugeben. Dagegen sind sie eindeutig weniger gut als die europäischen, wenn es um die Einschätzung der wirklichen Absichten der Leute geht.

Aber die britischen Geheimdienste kennen den Irak doch gut?

Das stimmt. Aber diesmal besteht ein tiefer Graben zwischen den Nachrichtendiensten und der Politik. Der britische Geheimdienst MI-6 ist nicht im Einklang mit Premierminister Tony Blair. Und auch in den USA hat das Weisse Haus lieber auf die militärischen Nachrichtendienste gehört als auf die Berichte der CIA, welche die Situation viel genauer einschätzte.

Überrascht Sie der irakische Widerstand nicht?

Er ist viel heftiger als vor zehn Jahren. Die irakischen Soldaten warten nicht mehr in der Wüste auf den Feind. Sie verteidigen also nicht mehr Sand und Steine, sondern Häuser und Menschen. In den Städten ist die irakische Armee fast gleich stark wie die US-Streitkräfte. Und das regt den Widerstandsgeist an.

swissinfo-Interview : Ian Hamel

In Kürze

Jacques Baud, ehemaliges Mitglied des Schweizer Geheimdienstes, hat kurz vor der militärischen Intervention im Irak das Buch "La guerre asymétrique ou la défaite du vainqueur" verfasst (Editions du Rocher). Er ist auch Autor des früher erschienenen Buches "Ein Lexikon zur Ausbildung von Geheimagenten".

Baud ist der Ansicht, dass die USA aus dem letzten Golf-Krieg die Lehren gezogen haben. Weil sie glaubten, dass eine zu offene Informationspolitik negative Folgen für sie hat, sei nun die Information total in die US-Militäroperationen integriert worden. Deshalb seien nicht nur grosse Länder wie Frankreich schlecht über die Ereignisse im Irak-Krieg informiert, sondern auch kleine wie die Schweiz.

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