EU-Spitzen entscheiden über Euro-Rettung
BRÜSSEL (awp international) - Die EU-Staats- und Regierungschefs verhandeln heute (Sonntag) bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel über ein umfassendes Paket zur Euro-Rettung. Die "Chefs" können allerdings keine endgültigen Entscheidungen treffen, da Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein komplettes Mandat des Haushaltsausschusses fehlt. Deshalb ist ein weiterer Gipfel des Eurogebiets für diesen Mittwoch (26.) geplant.
Die Europäer feilen seit Freitag unter Hochdruck an Notmassnahmen zur Abwehr der gefährlichen Schuldenkrise. Merkel gab sich am Samstagabend in der belgischen Hauptstadt zuversichtlich, einen Kompromiss zu finden: "Ich glaube, dass die Finanzminister Fortschritte gemacht haben, und dass wir unseren ehrgeizigen Ziele bis Mittwoch dann auch wirklich erreichen können."
"ES GIBT FORTSCHRITTE"
Auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy meinte, dass die Euro-Staaten auf gutem Weg zu einer Lösung waren. "Es gibt Fortschritte", sagte Sarkozy am späten Samstagabend in Brüssel am Rande einer Begegnung mit Kanzlerin Merkel und Spitzenvertretern der EU. "Bis Mittwoch muss eine Lösung gefunden werden", sagte Sarkozy. "Die Finanzkrise muss gelöst werden."
Vor dem Gipfel berieten Merkel, Sarkozy sowie weitere EU-Spitzen über die Absicherung des Euro. In der Nacht zum Sonntag sassen auch Barroso, EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy, Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet sowie die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde am Tisch.
NACHTSITZUNG - "BEDEUTENDE ENTSCHEIDUNGEN"
Zunächst wird am Sonntag eine Gipfelrunde aller 27 EU-Staaten zusammenkommen. Es geht dabei unter anderem um die Vorbereitung des G20-Treffens in Frankreich Anfang November. Am Nachmittag wollen dann die "Chefs" der 17 Eurostaaten verhandeln. Es wird mit einer Nachtsitzung gerechnet.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso kündigte "bedeutende Entscheidungen" für die eintägige Spitzenbegegnung an. Der Portugiese setzt sich energisch für eine umfassende Antwort der 17 Eurostaaten im Kampf gegen die von Griechenland ausgehende Schuldenkrise aus.
Die EU-Finanzminister folgten am Samstag seinem Vorschlag, die Banken Europas mit zusätzlichem Eigenkapital zu stärken, um sie gegen Auswirkungen der Schuldenkrise zu wappnen. Dabei einigten sich die Finanzminister der 27 EU-Staaten offenbar darauf, dass die Banken ihr Kapital um rund 100 Milliarden Euro erhöhen müssen.
TIEFE MEINUNGSUNTERSCHIEDE
Die Kanzlerin sprach von schwierigen Gipfel-Beratungen. Es geht dabei unter anderem um die Stärkung des Krisenfonds für klamme Eurostaaten EFSF. In dieser Frage gab es bisher tiefe Meinungsunterschiede zwischen Deutschland und Frankreich. Paris will den EFSF zu einer Bank ausbauen - und damit zu einer Finanzierungsmaschine für die Eurostaaten. Berlin und die Europäische Zentralbank lehnen dies strikt ab.
Die Finanzminister machten deutlich, dass Banken und Versicherungen beim zweiten Griechenland-Paket stärker in die Pflicht genommen werden als bisher geplant. Das Not-Paket von 109 Milliarden Euro muss aufgestockt werden, da sich die Bedingungen für Athen verschlechterten. Ob die Euro-"Chefs" dazu bereits am Sonntag Entscheidungen treffen werden, war laut Diplomaten offen./cb/DP/stk